Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 668
Dem Gläubigerschutz kommt im Umwandlungsrecht eine zentrale Rolle zu (vgl. hierzu die ausführlichen Darstellungen bei K. Schmidt, ZGR 1993, 366 ff.; Heiss, DZWIR 1993, 12).
a) Allgemeine Regeln zum Gläubigerschutz
Rz. 669
Das UmwG enthält ein eigenständiges Haftungskonzept für grds. alle Gläubigergruppen (§§ 22, 133 UmwG), das der speziellen arbeitsrechtlichen Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB als Sonderrecht vorgeht. Dies ist zwar nicht ausdrücklich so im Gesetz geregelt, ergibt sich aber mittelbar aus den §§ 324 und 133 UmwG, nach denen nur die Abs. 1 und 4 von § 613a BGB bzw. die §§ 25, 26 HGB als weitergeltendes Haftungsrecht ausdrücklich unberührt bleiben. Dann müssen aber die nicht genannten Haftungsvorschriften und damit auch § 613a Abs. 2 BGB durch die haftungsrechtlichen Regeln des Umwandlungsrechtes verdrängt werden (Hanau, ZGR 1990, 551; Langohr-Plato, MDR 1996, 329; Wlotzke, DB 1995, 43; a.A. Schöne, ZAP 1995, F. 15, S. 171).
b) Sonderhaftungsrecht für bestimmte Arbeitnehmeransprüche
Rz. 670
Für den Fall der sog. "Betriebsaufspaltung" hat der Gesetzgeber in § 134 UmwG ein Sonderhaftungsrecht statuiert (vgl. hierzu die Begr. zum RegE, BR-Drucks 75/94, 71 sowie Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057, 1062; Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Rn 1844 f.). Diese Betriebsaufspaltung, bei der sich das bisherige Unternehmen in eine Anlage- und eine Betriebsgesellschaft aufspaltet, führt in aller Regel zu einer erheblichen Reduzierung der Haftungsmasse der die Arbeitsverhältnisse übernehmenden Betriebsgesellschaft, da die Vermögenswerte in diesen Fällen nahezu vollständig auf die Anlagegesellschaft übertragen werden. Dieses "Haftungsproblem" verdeutlicht sich insb. im Zusammenhang mit der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG, bei der für die Betriebsrentner eine positive Entscheidung nur dann ergehen kann, wenn der Arbeitgeber, die Betriebsgesellschaft, über entsprechende Vermögenswerte verfügt (vgl. hierzu die ausführliche Darstellung unter Rdn 362 ff.).
Rz. 671
In diesem Zusammenhang muss dafür Sorge getragen werden, dass die aufnehmende Gesellschaft auch hinsichtlich einer etwaigen Anpassung der betrieblichen Altersversorgung kapitalmäßig hinreichend ausgestattet ist. Die Prüfungs- und Anpassungspflicht gem. § 16 BetrAVG obliegt nach der Umwandlung der abgespaltenen/ausgegliederten/aufgespaltenen Gesellschaft (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 16 Rn 57). Man wird sich insoweit aber nicht auf den – ansonsten für Rentnergesellschaften anerkannten – Grundsatz berufen können, dass bei inaktiven Gesellschaften mangels Erträgen und Wertzuwachs keine Anpassung stattfinden muss (hierzu BAG v. 23.10.1996 – 3 AZR 514/95, DB 1997, 1287; LAG Hamm v. 3.2.1998, DB 1998, 931). Soweit nämlich die Bildung der Rentnergesellschaft zielgerichtet erfolgt, darf die Spaltung des Unternehmens nicht dazu benutzt werden, die Betriebsrentner von der Anpassung gänzlich auszuschließen. Hier wird man eine zukünftige Anpassung prognostizieren und für eine dementsprechende Kapitalausstattung sorgen müssen. Im Ergebnis steht § 16 BetrAVG der Restrukturierung von Unternehmen aber nicht im Wege.
Rz. 672
Um Manipulationen durch bewusste Vermögensverschiebungen vorzubeugen, hat der Gesetzgeber in § 134 UmwG die Mithaftung der Anlagegesellschaft ggü. der Haftungsregelung des § 133 UmwG ausgedehnt.
Rz. 673
Nach § 134 Abs. 1 UmwG erstreckt sich die gesamtschuldnerische Haftung der Anlagegesellschaft auch auf solche Forderungen der Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft, die innerhalb von fünf Jahren nach der Spaltung begründet werden und die auf einem Sozialplan oder Nachteilsausgleich (§§ 111 bis 113 BetrVG) beruhen.
Rz. 674
Nach § 134 Abs. 2 UmwG gilt diese gesamtschuldnerische Mithaftung zudem für solche Versorgungsverpflichtungen i.S.d. BetrAVG, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet, d.h. erteilt worden sind.
Rz. 675
In beiden Fällen wirkt die Mithaftung der Anlagegesellschaft jedoch nicht "endlos", sondern wird gem. § 134 Abs. 3 i.V.m. § 133 Abs. 4 UmwG auf einen Zeitraum von zehn Jahren ab Spaltung begrenzt; erst zu diesem Zeitpunkt tritt die "Enthaftung" der Anlagegesellschaft ein.