Andre Naumann, Christian Brinkmann
Rz. 144
Ziff. 5.1.6 AUB 08/99
§ 2 I (6) AUB 94/88
I. Sinn und Zweck
Rz. 145
Mit dem Ausschluss sollen die unkalkulierbaren Risiken eines Reaktorunfalls vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Der Ausschluss wurde nicht zuletzt unter dem Eindruck des Unglücks von Tschernobyl in den AUB 88 neu eingeführt und hat nach Fukushima erneut besondere Aktualität. Spätere Bedingungswerke haben den Ausschluss unverändert übernommen.
Bereits nach § 2 (3) c) AUB 61 waren Gesundheitsschädigungen durch energiereiche Strahlen mit einer Härte von mindestens 100 Elektronen-Volt vom Versicherungsschutz ausgenommen. Jedoch können auch Strahlen geringerer Härte Gesundheitsschädigungen hervorrufen. Zudem erfasst diese Regelung nicht diejenigen Folgen einer Kernexplosion, welche nicht in Strahlenschäden bestehen.
II. Anwendungsbereich
Rz. 146
Nach Ziff. 5.1.6 AUB 08/99, § 2 I (6) AUB 94/88 sind solche Unfälle vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, die unmittelbar oder mittelbar durch Kernenergie verursacht sind. Voraussetzung ist ein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen Kernenergie und Unfall.
Rz. 147
Die unmittelbare Einwirkung führt direkt zur Gesundheitsschädigung.
Beispiel Unmittelbare Einwirkung
Gesundheitsschädigungen durch direkte Strahleneinwirkung, Druckwellen oder Hitze.
Rz. 148
Bei der mittelbaren Einwirkung tritt ein weiteres Ereignis als adäquate Folge des Kernenergieunglücks hinzu und führt in fortgesetzter adäquater Kausalreihe zur Gesundheitsschädigung.
Beispiel Mittelbare Einwirkung
Gesundheitsschädigungen aufgrund von Paniken oder Flächenbränden, die ihrerseits durch das Kernenergieunglück ausgelöst wurden.
Rz. 149
Notwendig ist jedoch, dass sich die besondere Gefahr der Kernenergie bei dem Unfall ausgewirkt hat. Daran fehlt es z.B., wenn der Fahrer von spaltbarem Material einen Verkehrsunfall erleidet, herab fallendes Brennmaterial zu einem Beinbruch führt oder eine Gesundheitsschädigung durch Elektrizität eingetreten ist, welche aus Kernenergie gewonnen wurde.
III. Verstrahlte Gegenstände
Rz. 150
Die Reaktorschäden in Fukushima stellen auch für den Bereich der privaten Unfallversicherung die Frage nach Gesundheitsschäden durch verstrahlte Gegenstände oder Lebensmittel neu. Ein direkter Zusammenhang zwischen Verstrahlungen in Japan und einer Gesundheitsschädigung in Mitteleuropa wird nur begrenzt möglich sein, z.B. bei Lebensmitteln aus der unmittelbaren Nähe des havarierten Atomkraftwerks. Zu beachten ist aber auch der Ausschluss von Strahlenschäden (vgl. Rn 164 ff.) unabhängig von der Herkunft des strahlenden Materials.