Rz. 85
Im Kündigungsschutzprozess trägt der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Gründe bedingt ist.
Der Arbeitgeber hat den Kündigungsgrund konkret darzulegen. So hat der Arbeitgeber bei sowohl von ihm geltend gemachten innerbetrieblichen Gründen (z.B. Art, Umfang und zeitlicher Ablauf der der organisatorischen oder technischen Rationalisierungsmaßnahme) unter Aufzeigung der Auswirkungen auf die konkret betroffenen Arbeitsplätze als auch ggf. maßgebliche externe Faktoren (z.B. Rohstoffknappheit) im Einzelnen so konkret darzulegen, dass sie vom Arbeitnehmer mit Gegentatsachen bestritten und vom Gericht überprüft werden können.
Rz. 86
Mit pauschalen Angaben, wie Auftragsmangel, Umsatzrückgang von […] %, genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungspflicht nicht. Der Arbeitgeber muss im Einzelnen darlegen, ob sich untermittelbar durch einen Umsatzrückgang oder eine Rationalisierungsmaßnahme der Arbeitsanfall und der Bedarf an Arbeitskräften verringert haben und wie sich die betriebliche Veränderung auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt.
Für das Gericht muss aufgrund eines entsprechenden Tatsachenvortrags erkennbar sein, ob und weshalb durch innerbetriebliche Maßnahmen oder außerbetriebliche Ursachen das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung einer oder mehrerer Arbeitnehmer entfallen ist.
Rz. 87
Zu den die Kündigung bedingenden Tatsachen gehören auch die Umstände, die die Dringlichkeit der betriebsbedingten Kündigung begründen. Hinsichtlich der milderen Mittel und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nimmt das BAG gemäß 138 Abs. 2 ZPO eine abgestufte Beweislast an. Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber dann eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei.
Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist. Der Arbeitnehmer muss im Allgemeinen keinen konkreten Arbeitsplatz benennen.
Rz. 88
Das BAG schränkt im Hinblick auf die Unternehmerentscheidung unzutreffend die Überprüfbarkeit auf offensichtliche Unsachlichkeit, Unvernunft und Willkür ein.
Davon ausgehend reicht es der Rechtsprechung aus, wenn der Arbeitgeber im Hinblick auf seine Unternehmerentscheidung das Zustandekommen und den Inhalt der Entscheidung darlegt und gegebenenfalls beweist, wozu auch gehört, wann und von wem sie getroffen wurde. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte Unternehmerentscheidung soll im Allgemeinen die Vermutung sprechen, dass sie auf sachlichen Gründen beruht.
Aus diesem Grund soll der Arbeitnehmer in seinem Kündigungsschutzverfahren darlegen und beweisen müssen, dass die Unternehmerentscheidung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.
Rz. 89
Rückt die eine Organisationsentscheidung in die unmittelbare Nähe zum Kündigungsentschluss, wie beispielsweise die ohne Organisationsänderungen einhergehende Entscheidung zum dauerhaften Personalabbau, so kann nicht in jedem Fall von vornherein die Vermutung greifen, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Änderungsbedarf und Überhang an Arbeitsvolumen entsteht. Erschöpft sich eine Organisationsentscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so rückt sie nahe an den Kündigungsentschluss heran. Da die Kündigungsentscheidung selbst nach dem Gesetz nicht frei, sondern an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, muss der Arbeitgeber konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Änderungsbedarf und Überhang an Arbeitsvolumen entsteht.