Rz. 245
Wenn Ehegatten bis zur Trennung gemeinsam als Mieter eine Mietwohnung bewohnten, ändert sich für den Fall, dass ein Ehegatte auszieht, nicht automatisch der Mietvertrag mit dem Vermieter der Ehewohnung. In dem Fall also, dass entweder der Ausziehende als Mieter Vertragspartner des die Ehewohnung betreffenden Mietvertrages war, oder aber beide Ehegatten Gesamtschuldner desselben sind, da beide den Vertrag mit ihren Namen unterzeichnet haben, hat der Ausziehende das Problem, weiterhin Vertragspartei des Vertrages zu sein. Das bedeutet dann wiederum, dass er aus dem Vertrag im Außenverhältnis zahlungspflichtig ist, obwohl er die Wohnung nicht mehr nutzt.
aa) Anspruchsinhalt
Rz. 246
Eine Auflösung des Mietvertrages kann der ausziehende Ehegatte nur durch Kündigung oder Abschluss eines Aufhebungsvertrages verlangen. Da allerdings der in der Wohnung Verbleibende nicht einfach vor vollendete Tatsachen gestellt werden darf – immerhin ist auch er Vertragspartei –, muss er rechtlich an der Beendigung des Mietverhältnisses mit dem anderen Ehegatten mitwirken. Das folgt aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses und daraus, dass beide Ehegatten Mieter der Wohnung sind.
Rz. 247
Wie diese Konfliktsituation zu lösen ist, wird in Literatur und Rechtsprechung mit unterschiedlichen Argumenten und Ergebnissen diskutiert. Auf der einen Seite wird die Überlagerung des schuldrechtlichen Verhältnisses zwischen den Ehegatten bestehend aus Mietverhältnis – Gesamtschuldverhältnis durch die familienrechtlichen Beziehungen vertreten. Das hat die Folge, dass der Ausziehende wegen der abschließenden Regelung durch § 1361b BGB keinen Anspruch darauf hat, dass der Ehegatte einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag zustimmt. Es kann dem Ausziehenden damit durch den Ehegatten jedenfalls bis zur Scheidung unmöglich gemacht werden, sich von dem Mietvertrag zu lösen. Zwar würde im Innenverhältnis unter Umständen ein Anspruch auf Freistellung bestehen, aber im Außenverhältnis, also im Verhältnis zu dem Vermieter, haftet der Ausziehende in vollem Umfang weiter.
Rz. 248
Auf der anderen Seite der Diskussionsbreite wird unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch des ausziehenden Ehegatten gegen den in der Wohnung verbleibenden Ehegatten auf Zustimmung zur Kündigung beziehungsweise zum Aufhebungsvertrag angenommen. Das geschehe aber nur unter der Voraussetzung, dass eine dauernde Trennung vorliege und unterhaltsrechtliche Gründe oder solche unter dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität dem nicht entgegenstünden. Anspruchsgrundlage wird zumeist in den Regelungen über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, §§ 705 ff. BGB, gesehen. Durch das gemeinsame Anmieten der Ehewohnung hätten die Ehegatten konkludent eine Innengesellschaft mit dem Zweck der gemeinsamen Nutzung der Wohnung geschlossen. Durch den endgültigen Auszug aus der gemeinsamen Wohnung durch einen Ehegatten würde die Gesellschaft (wiederum konkludent) gekündigt. Der Ausziehende könne nun verlangen, dass die Gesellschaft aufgelöst wird, indem das Mietverhältnis unter Mitwirkung des anderen Ehegatten beendet bzw. abgeändert würde. Hierfür reiche ein Anspruch im Innenverhältnis, den ausziehenden Ehegatten von den gemeinschaftlichen Schulden durch einen Freistellungsanspruch zu befreien, nicht aus. Denn ein Freistellungsanspruch wirke nur im Innenverhältnis. Im Außenverhältnis hingegen hafte der ausziehende Ehegatte weiterhin als Vertragspartner des Mietvertrages. Das könne insbesondere dann von Relevanz sein, wenn der in der Wohnung verbleibende Ehegatte nicht solvent, also eine Freistellung des Ausziehenden nicht möglich sei.
Rz. 249
Hinweis
Wichtig ist, dass ein Anspruch des ausziehenden Ehegatten gegen den in der Wohnung Verbleibenden auf Mitwirkung zur Beendigung des Mietverhältnisses nur dann besteht, wenn
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keine anderweitigen familienrechtlichen Gründe dagegen sprechen (zum Beispiel Wohnungszuweisung nach § 1361b BGB; Unterhaltsansprüche, die durch Zahlung der Miete erfüllt werden), |
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die Beendigung des Mietverhältnisses nicht zur Unzeit geschieht und |
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die Trennung (dargelegt und beweisbar) auf Dauer vollzogen ist (es sollen nicht vorzeitig vollendete Tatsachen geschaffen werden). |
Rz. 250
Wichtig ist außerdem, dass die Rechtsprechung zum Bestehen des vorgenannten Anspruchs in den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken unterschiedlich ausfällt und der BGH sich zu dieser Problematik noch nicht abschließend geäußert hat. Das bedeutet also, dass der Überlegung, ob ein Anspruch auf Zustimmung oder Mitwirkung gegenüber der Gegenseite gerichtlich geltend gemacht werden soll, zunächst eine Überprüfung der Rechtsprechung des einschlägigen Oberlandesgerichtsbezirks vorangestellt werden sollte. Erst dann kann festgelegt werden, ob ein entsprechender Antrag Aussicht auf Erfolg haben kann.
Rz. 251
Hinweis
Es ist in der Rechtsprechung nicht einheitlich entschieden, ob ein Anspruch auf Mitwirkung zur Entlassung aus dem gemeinsamen Mietverhältnis an der Ehewohnung beste...