Rz. 1586
(1) Finanzielle Beitragssituation
Rz. 1587
(a) Unfallfremde Gewähr einer Erwerbsminderungsrente
Rz. 1588
Wäre der Geschädigte unfallfremd erwerbsunfähig, würden überhaupt keine RV-Beiträge fließen. Es kämen aber dann die rentenrechtlichen Schutzmechanismen zur Anwendung, die zu einer Rentensteigerung u.a. durch Zurechnungszeiten führen (siehe auch Rn 1685 ff.).
(b) Unfallkausale Gewähr einer Erwerbsminderungsrente
Rz. 1589
Das SGB VI geht von der Situation aus, dass für den Versicherten während der Zeit des Bezuges einer Erwerbsminderungsrente keine Beiträge auf sein RV-Beitragskonto fließen. Das ist was aber im Falle einer fremdverantworteten Herbeiführung der Erwerbsunfähigkeit anders, aber im SGB VI keine generelle Berücksichtigung findet: Hier hat der Schadenersatzpflichtige zum einen dem RVT die Rentenzahlung des Verletzten zu ersetzen (§ 116 SGB X), zum anderen den RV-Beitragsschaden auf dem RV-Beitragskonto auszugleichen (§ 119 SGB X). Es fließen also – anders als bei unfallfremdem Rentenbezug – Geldmittel an den RVT, der diese Zahlungen nicht ohne Gegenleistung an den Versicherten einbehalten darf, sondern dem Geschädigten zugutekommen lassen muss.
Rz. 1590
Die DRV hat bis zur Rente keine Einbußen. Die gezahlte VEM-Rente wurde ihr erstattet. Soweit wegen des Unfalles keine RV-Beiträge vom Geschädigten mehr abgeführt wurden, hat stattdessen der Schadenersatzpflichtige das RV-Beitragskonto gefüllt. Für die DRV ist das Unfallgeschehen mit den damit verbundenen RV-Leistungen wegen §§ 116, 119 SGB X finanziell ein "Null-Summen-Spiel", unter dem Strich ist die DRV finanziell nicht belastet (Beispiel 4.17 siehe Rn 1577).
(2) Beitragsentrichtung und sozialrechtliche Konsequenzen
Rz. 1591
Rz. 1592
Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst.
Rz. 1593
Da der RVT diejenigen RV-Beiträge erhält, die bei hypothetischer Betrachtung auch ohne das Unfallgeschehen geflossen wären, darf dem Verletzten kein unfallkausaler rentenversicherungsrechtlicher Schaden entstehen. Den RVT finanziell belastende beitragsfreie Zeiten, die zu höherer Rente führen, gibt es daher nicht.
Rz. 1594
Beiträge stehen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu der aus ihnen resultierenden Leistung (Äquivalenzprinzip); sie werden gezahlt, um eine Gegenleistung zu erhalten (siehe Rn 1546). Gezahlte Beiträge dürfen nicht unberücksichtigt bleiben ("verpuffen"). § 63 I SGB VI enthält hierzu die (letztlich auch Art. 14 GG folgende) Grundaussage: "Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen."
Rz. 1595
Beiträge werden RVT zweckgebunden zugeführt (siehe Rn 1547), § 119 SGB X bezweckt nicht, für eine finanzielle Entlastung der RVT zu sorgen. Dieses einer Anwendung des § 44 IV SGB X entgegenstehende Konzept des Beitrags-/Rentenschadensersatzes findet sich auch in § 119 III 2 SGB X wieder.
Rz. 1596
Erhält ein Geschädigter trotz Zahlungen (§ 119 SGB X, eigene freiwillige RV-Beitragsleistung) auf sein RV-Beitragskonto (Rentenkonto) keine adäquaten Leistungen (z.B. Reduktion der gesetzlichen Altersrente wegen vorherigem [unfallkausalen] VEM-Rentenbezug), ist der Schaden nicht vom Schädiger als Rentenminderungsschaden (Verdienstausfall) zu ersetzen. Vielmehr ist der Geschädigte als Sozialversicherter an seinen RVT als seinem Treuhänder zu verweisen, der das Rentenkonto unter Einbeziehung der tatsächlich vereinnahmten Beitragszahlungen nach § 119 SGB X glattstellen muss (Beispiel 17 siehe Rn 1577).