Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
Rz. 485
Das vom BGH postulierte Doppelverwertungsverbot (auch: Verbot zweifacher Teilhabe) besagt, dass ein Ehegatte an einem Vermögensgegenstand, der bereits güter- oder unterhaltsrechtlich ausgeglichen wurde, nicht ein weiteres Mal über das jeweils andere Rechtsinstitut teilhaben darf. Denn im Gegensatz zum Verhältnis von Zugewinn- und Versorgungsausgleich, bei welchem bereits § 1587 Abs. 3 BGB eine zweifache Teilhabe an denselben Vermögensgegenständen explizit ausschließt, fehlt es an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung für das Verhältnis des Zugewinnausgleichs zum Unterhalt.
Rz. 486
Grundsätzlich überschneiden sich Zugewinnausgleich und Unterhalt nicht, denn sie betreffen unterschiedliche Gegenstände. Während sich das Güterrecht auf das während der Ehe erworbene Vermögen bezieht, dient der Unterhalt der gegenwärtigen laufenden Bedarfsdeckung und richtet sich maßgeblich nach den Einkünften der Ehegatten. In der Regel sind Einkommen und Vermögen nicht identisch.
Rz. 487
Eine doppelte Teilhabe kann demnach nur dann eintreten, wenn jeweils dieselbe Vermögensposition ausgeglichen wird. Das ist im Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich regelmäßig nicht der Fall, weil der Zugewinnausgleich auf ein stichtagsbezogenes Vermögen gerichtet ist, während der Unterhalt, der den laufenden Lebensbedarf decken soll, auf Einkünften und Vermögenserträgen aufbaut. Zu einer Konkurrenz zwischen Zugewinnausgleich und Unterhalt kann es somit lediglich dann kommen, wenn zum Unterhalt auch der Vermögensstamm herangezogen wird.
Rz. 488
So kann es nur in besonderen Fällen zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, wie beispielsweise bei einer arbeitsrechtlichen Abfindung. Wenn der Anspruch auf eine arbeitsrechtliche Abfindung erst einmal entstanden ist, handelt es sich hierbei um Vermögen, das güterrechtlich berücksichtigt wird. Gleichzeitig behandelt die Rechtsprechung des BGH die Abfindung jedoch auch als unterhaltsrelevantes Einkommen, indem sie von dem abgefundenen Arbeitnehmer fordert, die Abfindung in Raten, die dem bisherigen Einkommen entsprechen, für den Unterhalt einzusetzen, bis die Abfindung verbraucht oder ein neuer Arbeitsplatz gefunden ist. Haben aber die Beteiligten eine arbeitsrechtliche Abfindung des Unterhaltsverpflichteten stillschweigend oder ausdrücklich in die Unterhaltsberechnung einbezogen, steht dies einem zusätzlichen güterrechtlichen Ausgleich zugunsten des Unterhaltsberechtigten entgegen.
Rz. 489
Ein Konkurrenzproblem bestand längere Zeit auch für Verbindlichkeiten. So minderten nach der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung Kreditverbindlichkeiten, etwa für das erworbene Eigenheim, das Endvermögen und gleichzeitig durch die Berücksichtigung der entsprechenden Tilgungsraten das Einkommen des Unterhaltspflichtigen und damit den Unterhalt.
Diesbezüglich hat jedoch der BGH seine Rechtsprechung geändert und seitdem dürfen Tilgungsraten nicht mehr berücksichtigt werden, sofern sie zu einer einseitigen Vermögensbildung führen. Bis zur Rechtshändigkeit des Ehescheidungsantrages kommt die Vermögensbildung aufgrund des Zugewinnausgleichs beiden Ehegatten zugute, so dass bis zu diesem Zeitpunkt eine unterhaltsrechtliche Verwertung der Tilgungsraten durch Abzug vom Einkommen möglich ist, nach dem Stichtag hingegen nicht mehr.