Ansgar Beckervordersandfort
Rz. 66
Große Probleme bereiten die meist unbewusst vorgenommenen Vermögenszuwendungen zwischen Ehegatten. Oft wird z.B. der Kaufpreis bei Verkauf einer Immobilie oder eines Unternehmens auf ein gemeinschaftliches Konto der Ehegatten gezahlt, ohne dass beide Ehegatten vorher Eigentümer der Immobilie oder des Unternehmens waren. Dieser Vorgang führt dazu, dass der eine Ehegatte in Höhe der hälftigen Gutschrift beschenkt wird, da nach der Auslegungsregel des § 430 BGB im Zweifel beide Ehegatten zu gleichen Teilen am Kontoguthaben beteiligt sind, der eine Ehegatte aber keinen Anspruch auf die Zahlung hat. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ehegatten nachweisen können, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende bzw. der forderungsberechtigte Ehegatte Berechtigter des Gemeinschaftskontos ist. Gelingt dieser Nachweis nicht, fällt für die Zuwendung, soweit sie den Schenkungsteuerfreibetrag übersteigt, Schenkungsteuer an.
Bei der 1. Abwandlung hätte M daher die Zuwendung i.H.v. 1.500.000 EUR als Schenkung versteuern müssen.
Rz. 67
Soll eine Zuwendung unter Ehegatten der Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen, stellt diese Zuwendung unter Ehegatten nach ständiger Rechtsprechung keine Schenkung im Sinne des § 516 BGB dar. Wird mit der Zuwendung ein ehebezogener Zweck verfolgt, so schließt dies in den meisten Fällen eine für die Schenkung notwendige Einigung der Ehepartner über die Unentgeltlichkeit aus. Diese Zuwendungen werden daher regelmäßig als sog. unbenannte oder ehebezogene Zuwendungen qualifiziert, deren Rechtsgrundlage ein besonderer familienrechtlicher Vertrag ist. Um eine Umgehung der erbrechtlichen Schutzvorschriften zum Nachteil von Pflichtteilsberechtigten, Vertragserben oder Nacherben zu verhindern, werden sie im Erbrecht wie eine Schenkung behandelt, wenn die Leistung weder unterhaltsrechtlich geschuldet war noch der Vergütung von Diensten diente noch ihr sonst eine durch sie ganz oder teilweise vergütete konkrete Gegenleistung des anderen Ehegatten gegenüberstand noch einer angemessenen Alterssicherung dient. Gemäß § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB beginnt die Abschmelzungsfrist nicht vor Auflösung der Ehe.
Der Sohn aus erster Ehe in der 1. Abwandlung könnte somit, wenn keine der vorgenannten Fallgruppen vorliegt, auf den vollen Zuwendungsbetrag i.H.v. 2 Mio. EUR beim Tod von F Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen. Allerdings stellt der Wechsel des Güterstandes verbunden mit dem Ausgleich des bisher entstandenen Zugewinns eine Lösung für das schenkungsteuerliche und das pflichtteilsergänzungsrechtliche Problem dar, denn der Ausgleich des Zugewinns wird als entgeltliche Leistung angesehen.
Rz. 68
Die nachträgliche Anrechnung ehebezogener Zuwendungen auf die Zugewinnausgleichsforderung führt dazu, dass die Zuwendungen nachträglich nicht mehr wie eine Schenkung zu behandeln sind. Sie erfüllen durch die Anrechnung eine tatsächliche zivilrechtliche Forderung (an Erfüllung statt) und werden somit entgeltlich. Alles, was bisher in der Vergangenheit zugewendet wurde, ist ab dem Zeitpunkt des Entstehens der Zugewinnausgleichsforderung nicht mehr nur ehebezogene Zuwendung. Diese Zuwendungen während der Ehe gelten als eine Art Vorleistung auf die Ausgleichsforderung. Kommt es nun zum Zugewinnausgleich, wird das ursprüngliche Rechtsgeschäft der ehebezogenen Zuwendung umgestaltet. Die Änderung des Rechtsgrundes führt nämlich dazu, dass Leistungen, die ein Ehepartner dem anderen während der Ehezeit unentgeltlich erbracht hat, nun eine Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung darstellen. Die Zuwendung hatte nur bis zur Entstehung des Zugewinnausgleichsanspruchs einen unentgeltlichen Charakter.
Die bisher von F an M geleistete Zuwendung i.H.v. 2 Mio. EUR wird auf den Betrag der Ausgleichsforderung angerechnet, denn gemäß § 1380 Abs. 1 S. 2 BGB ist auch ohne ausdrückliche Erklärung der Anrechnung im Zweifel anzunehmen, dass die Zuwendung angerechnet werden soll, wenn ihr Wert den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind.
Rz. 69
Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung bei Schenkungen der Ehegatten:
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Ehefrau |
Ehemann |
Anfangsvermögen |
2.000.000 EUR |
0 EUR |
Endvermögen (Aktiva abzüglich Passiva) |
7.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
Zugewinn |
5.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch § 1378 BGB |
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1.500.000 EUR |
Rechnerischer Zugewinn gem. § 1380 BGB |
7.000.000 EUR |
0 EUR |
Ausgleichsforderung unter Beachtung des § 1380 BGB |
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3.500.000 EUR |
Abzüglich Vorausempfang in Höhe von 2.000.000 EUR |
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./. 2.000.000 EUR |
Endgültige noch offene Ausgleichsforderung |
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1.500.000 EUR |