Wolfgang Arens, Jürgen Brand
Rz. 36
Der frühere Sicherungsfall der wirtschaftlichen Notlage des Arbeitgebers, soweit deren Feststellung durch rechtskräftiges Urteil eines Gerichts für zulässig erachtet wurde, ist weggefallen. Dies ist weder verfassungsrechtlich noch unionsrechtlich zu beanstanden.
Rz. 37
Aufgrund des von der Rechtsprechung hergestellten untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Berechtigung zum Widerruf der Anwartschaft und der gleichzeitigen Übernahme des widerrufenen Teils der Anwartschaft durch den Pensionssicherungsverein ist damit auch ein einseitiger Widerruf der Anwartschaft durch den Arbeitgeber aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage arbeitsrechtlich nicht mehr zulässig.
Rz. 38
Bei dem Durchführungsweg über eine Unterstützungskasse handelt es sich um einen externen Durchführungsweg. Dabei ist zwischen dem Rechtsverhältnis des Arbeitgebers zu seinem Arbeitnehmer (Versorgungsverhältnis, Valutaverhältnis) einerseits und dem Rechtsverhältnis des Arbeitgebers zum Versorgungsträger (Deckungsverhältnis) andererseits zu unterscheiden. Was der Arbeitgeber im Deckungsverhältnis kann, weicht möglicherweise von dem ab, was er im Versorgungsverhältnis darf. In der Insolvenz des Arbeitgebers hat die Unterscheidung zur Folge, dass der Verwalter die Rechte des Arbeitgebers gegenüber dem Versorgungsträger ausüben kann, ohne dass dadurch Aussonderungsrechte des Arbeitnehmers nach § 47 InsO entstehen. Das schließt nicht aus, dass Rechtspositionen aus dem Versorgungsverhältnis auch für das Deckungsverhältnis Bedeutung erlangen können, sei es kraft vertraglicher Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Versorgungsträger oder kraft Gesetzes.
Rz. 39
Das wirkt sich entsprechend in der Insolvenz aus. Im Deckungsverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Versorgungsträger gibt es keine Rechtsgrundlage, aufgrund derer die Insolvenzschuldnerin und damit der Insolvenzverwalter eine Auskehrung des Rückkaufswerts der Rückdeckungsversicherungen verlangen können. Ein Anspruch der Insolvenzschuldnerin auf Auszahlung des Rückkaufswerts, in den der Insolvenzverwalter eingetreten wäre, ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), sofern es sich bei der durchgeführten Altersversorgung nicht um betriebliche Altersversorgung i.S.d. Betriebsrentengesetzes handeln sollte.
Rz. 40
Es besteht auch kein Aussonderungsrecht des Arbeitnehmers an nicht gezahlten Altersvorsorgebeiträgen aus der Insolvenzmasse. Ein von Art. 8 RL 2008/94/EG gebotener Schutz der Arbeitnehmer in der Insolvenz des Arbeitgebers führt nicht zur Begründung eines Aussonderungsrechts nach § 47 InsO an den vom Arbeitgeber nicht an die Pensionskasse gezahlten Beiträgen. Eine unionsrechtskonforme Auslegung oder richterliche Rechtsfortbildung von § 47 InsO, nach der eine Aussonderung keine Trennung des auszusondernden Vermögens vom Vermögen des Schuldners erfordert, übersteigt die Grenze des rechtsmethodisch Erlaubten.