Rz. 274
Um zu verhindern, dass der Verwender durch die Veränderung der Leistungsfrist die Voraussetzungen der Fälligkeit der Leistung beeinflussen kann, erfasst § 308 Nr. 1 BGB grundsätzlich alle Fristen, die nach den AGB des Verwenders Voraussetzung des Verzugseintritts sind. Dies gilt unabhängig davon, ob für den Leistungsverzug des Verwenders nach § 286 Abs. 2 BGB eine Mahnung erforderlich ist oder nicht. § 308 Nr. 1 BGB bezieht sich deshalb auf alle Arten der Verlängerung einer Leistungsfrist, alle Arten von Leistungen sowie alle Vertragstypen. Der Geltungsbereich erfasst sowohl Hauptleistungen wie auch Nebenleistungen. Dagegen beurteilen sich Leistungsfristen, die sich auf eine Leistung des Vertragspartners beziehen, ausschließlich nach § 307 BGB, wonach es auf die Angemessenheit der Fristsetzung ankommt.
Rz. 275
Da eine Änderung der Leistungsfrist vor allem in den Fällen auftritt, in denen der Verwender Leistungsschuldner ist, ist der bedeutendste Anwendungsfall des § 308 Nr. 1 BGB die Regelung von Leistungsfristen in Lieferbedingungen. Daneben kann die Vorschrift auch in Einkaufsbedingungen relevant werden, etwa bei der Regelung einer Mitwirkungshandlung, die an eine Frist geknüpft wird.
Rz. 276
Ebenfalls in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 1 BGB fällt die sog. "unechte Nachfrist". Diese liegt dann vor, wenn bei dem Verstreichen eines unverbindlichen Liefertermins die Möglichkeit des Vertragspartners, den Verwender in Verzug zu setzen, um eine weitere Frist hinausgeschoben wird. Die "unechte Nachfrist" ist von der "echten Nachfrist", die von § 308 Nr. 2 BGB erfasst wird, dadurch zu unterscheiden, dass die "unechte Nachfrist" die Fälligkeit der Leistung hinauszögert, während die "echten Nachfristen" diese Fälligkeit gerade voraussetzen.
Rz. 277
Leistungsvorbehalte fallen dann unter § 308 Nr. 1 BGB, wenn sie nur auf die Fälligkeit der Leistung Bezug nehmen. Wird dagegen in der Geschäftsbedingung auch der Wegfall der Leistungspflicht geregelt, so fällt diese Regelung in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 3 BGB.
Rz. 278
Zudem findet § 308 Nr. 1 BGB auch auf Verlängerungsklauseln Anwendung, wenn die Verlängerungswirkung nur bedingt eintritt oder der Umfang der Verlängerung von Anfang an nicht genau feststeht. Eine derartige Vertragsbedingung kann dann unwirksam sein, wenn die Verlängerung auch an Ereignisse anknüpft, die der Verwender verursacht oder sogar zu vertreten hat. Dies heißt jedoch nicht, dass in sämtlichen Fällen, in denen die Verlängerung nicht von dem Verwender verursacht worden ist, zwangsläufig eine angemessene und damit wirksame Vertragsbedingung vorliegt. Vielmehr hängt die Angemessenheit in diesen Fällen zusätzlich davon ab, ob dem Vertragspartner durch die Verlängerungsklausel auch das Rücktrittsrecht entzogen wird. Wirksam sind dagegen regelmäßig Verlängerungsklauseln, die die Verlängerung der Frist an ein Ereignis knüpfen, das ausschließlich der Vertragspartner beeinflussen kann und das den Verwender an der Erbringung der Leistung behindert. Dagegen führt die Einbeziehung von Fixgeschäften in die Verlängerung ohne ausreichende Differenzierung der Rechtsfolgen dazu, dass die Bedingung insgesamt unwirksam ist.