I. Allgemeines
Rz. 334
Seit dem Beschluss des Großen Senats des BFH sind Erbfall und Erbauseinandersetzung als selbstständiger Rechtsvorgang zu beurteilen. Die Finanzverwaltung hat aufgrund des Beschlusses mit dem BMF-Schreiben vom 11.1.1993 zur "Ertragsteuerlichen Behandlung der Erbengemeinschaft" Stellung genommen; aktuell ist das BMF-Schreiben vom 14.3.2006. Zu den einzelnen Einkunftsarten ist daher dieses BMF-Schreiben heranzuziehen.
Rz. 335
Bis zu ihrer Auseinandersetzung wird die Erbengemeinschaft steuerlich bei den Überschusseinkünften wie eine Bruchteilsgemeinschaft gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO und bei den Gewinneinkünften als Mitunternehmerschaft behandelt.
Rz. 336
Hat der Erblasser Einkünfte aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung/Verpachtung gehabt, so bestimmt nach dem Erbfall die Erbengemeinschaft über die weitere Verwendung. Der Erbengemeinschaft fließt auch der Ertrag zu, so dass sie gemeinsam den Tatbestand der Einkunftserzielung i.S.v. §§ 20 bzw. 21 EStG erfüllen und jeder Miterbe entsprechend seinem Anteil an der Erbengemeinschaft besteuert wird.
II. Veräußerung eines Erbteils
1. Ertragsteuer
Rz. 337
Wird ein Erbteil verschenkt, entstehen weder Anschaffungskosten noch Veräußerungserlöse. Wir der Erbteil verkauft, so hat der Käufer Anschaffungskosten und der veräußernde Miterbe einen Veräußerungserlös. Der Käufer haftet neben dem ursprünglichen Miterben für entstehende Steuern, § 2382 Abs. 1 S. 1 BGB. Auch die das Vorkaufsrecht gem. § 2034 BGB ausübenden Miterben treten an die Stelle des ursprünglichen Erwerbers, § 464 Abs. 2 BGB und haften entsprechend ihrem – nun höheren – Anteil für entstehende Steuern.
2. Erbschaftsteuer
Rz. 338
Der veräußernde Miterbe bleibt auch nach der Veräußerung Schuldner der Erbschaftsteuer, § 20 Abs. 1 ErbStG. Der Erwerber haftet daneben gem. § 20 Abs. 3 ErbStG bis zur Auseinandersetzung mit dem erworbenen Erbanteil, selbst wenn im Innenverhältnis zwischen Käufer und Miterbe etwas andere geregelt sein mag. Dies gilt auch bei Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Miterben gem. § 2034 BGB.
III. Auseinandersetzung
1. Erbschaftsteuer
Rz. 339
Für die Erbschaftsteuer ist die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ohne Bedeutung, da jeder Erbe nach seinem Anteil an der Erbengemeinschaft besteuert wird, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, vgl. ErbStR R 5. Im Falle der Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Vorschriften kommt nicht zu einer Verschiebung der Werte, sondern lediglich zur Verteilung der ggf. zuvor "versilberten" Nachlassgegenstände.
Rz. 340
Auch und gerade Teilungsanordnungen beeinflussen dieses Ergebnis nicht, da ein etwaiger Mehrerwerb eines Miterben im Verhältnis zu seiner Erbquote an die anderen Erben auszugleichen ist, R 61 Abs. 2 S. 1 ErbStR. Die Teilungsanordnung ist deshalb auch kein Fall des § 13a Abs. 3 ErbStG, vgl. R 61 Abs. 2 S. 3 ErbStR. Allerdings kommen die Steuerbefreiungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b und c ErbStG, § 13d Abs. 1 ErbStG, die Bewertungsprivilegien nach § 13a ErbStG sowie die Tarifbegrenzung bei Betriebsvermögen gem. § 19a Abs. 2 ErbStG ausschließlich demjenigen zugute, der den erbschaftsteuerlich privilegierten Gegenstand auch tatsächlich erhält (keine Begünstigung des Nachlasses, sondern des Miterben).
2. Einkommensteuer
Rz. 341
Die einkommensteuerlichen Probleme, die bzgl. der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auftreten können, sind vielfältig und es können sich teilweise regelrecht dramatische Auswirkungen ergeben, wenn bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft die steuerliche Seite nicht ständig "im Auge behalten" wird. Eine umfassende Übersicht aller möglichen Probleme ist hier nicht möglich. Vielmehr geht es darum, generell für die steuerlichen Fragen das Problembewusstsein zu "schärfen", um rechtzeitig geeigneten Rat von spezialisierten Rechtsanwälten und spezialisierten Steuerberatern einzuholen. In Anlehnung an Landsittel werden daher nachfolgend lediglich zwei "Schlagworte" herausgegriffen.