Ansgar Beckervordersandfort
Rz. 44
In der Praxis behält sich der Übergeber häufig neben einem (teilweisen) Nutzungsrecht ein Rückforderungsrecht vor. Insoweit besteht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einvernehmen, dass im Wege einer Gesamtschau der vorbehaltenen Rechte darüber zu entscheiden ist, ob ein spürbares Vermögensopfer seitens des Übergebers und damit eine wirtschaftliche Ausgliederung i.S.v. § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB zu bejahen ist. Zur Rechtslage bei Vereinbarung eines "isolierten" Rückforderungsrechts (ohne Vorbehalt eines Nutzungsrechts) fehlt aber nach wie vor höchstrichterliche Rechtsprechung.
Rz. 45
Eine Ansicht in der Literatur vertritt, dass Rückforderungsrechte – unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen – generell nicht dem Fristlauf entgegenstünden, denn mache der Schenker von seinem Rückforderungsrecht Gebrauch und würde der Gegenstand an den späteren Erblasser zurückübertragen, bestünde für eine Pflichtteilsergänzung kein Anlass, da der Gegenstand dann dem ordentlichen Pflichtteil unterfalle. Werde das Rückforderungsrecht hingegen nicht ausgeübt, bleibe die außerhalb der 10-Jahres-Frist vollzogene Schenkung ergänzungsfest.
Rz. 46
Ein freies Rückerwerbsrecht wird überwiegend für fristschädlich gehalten, da es an der erforderlichen Ausgliederung aus dem Vermögen des Schenkers fehle. Gleiches gelte für Rückforderungsgründe, deren Eintritt allein im Einflussbereich des Übergebers liege. Demgegenüber bejaht die wohl ganz überwiegende Literaturauffassung einen Anlauf der 10-Jahres-Frist, wenn die Rückforderungsgründe außerhalb des Einflussbereichs des Übergebers im Verhalten oder den Verhältnissen des Erwerbers begründet liegen. Kennzeichnend sei insoweit, dass der Schenkende den Rückerwerbsfall nicht willkürlich herbeiführen kann. Mangels Einfluss des Übergebers auf den Eintritt des Rückforderungsfalls könne er weder selbstbestimmt auf den Substanzwert des Zuwendungsgegenstandes zugreifen, noch dessen Nutzung in seinem Sinne beeinflussen. Hierunter fallen u.a. das Rückforderungsrecht bei Vorversterben oder Insolvenz des Erwerbers, im Falle von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den übergebenen Zuwendungsgegenstand, bei Veräußerung oder Belastung des Zuwendungsgegenstands ohne Zustimmung des Übergebers sowie bei Heirat des Erwerbers ohne Abschluss eines Ehevertrages oder Scheidung der Ehe.
Rz. 47
Demgegenüber hat das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 11.4.2008 vertreten, dass die 10-Jahres-Frist trotz Eigentumsumschreibung nicht in Gang gesetzt wird, wenn sich der Übergeber ein Rückforderungsrecht für den Fall der Weiterveräußerung oder Belastung ohne Zustimmung des Übergebers vorbehalten hat. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf hindert ein derartiges Rückforderungsrecht den Anlauf der 10-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB, da die Eigentümerposition des Erwerbers dadurch erheblich beeinträchtigt werde und darin die Absicht der Übergeberin zum Ausdruck komme, den wirtschaftlichen Wert der Grundstücke zu ihrer Verfügbarkeit zu halten.