I. Typischer Sachverhalt
Rz. 161
Die A GmbH hatte die B GmbH im Wege der Abmahnung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Abmahnung war die Kostennote des anwaltlichen Vertreters der A GmbH beigefügt. Diese enthält eine 1,3 Gebühr basierend auf einem Gegenstandswert von 50.000,00 EUR. Die B GmbH, die die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, eine Verpflichtung zur Kostenerstattung jedoch nicht übernommen hat, möchte diesen Betrag nicht bezahlen. Sie ist der Auffassung, der Gegenstandswert sei überzogen. Zudem sei der Ansatz einer 1,3 Gebühr wegen des einfach gelagerten Sachverhaltes nicht angemessen.
Vergleichbare Sachverhalte ergeben sich auch bei der Geltendmachung von Kosten für ein Abschlussschreiben (siehe Rdn 113).
II. Rechtliche Grundlagen
Rz. 162
Nach § 13 Abs. 3 UWG kann bei einer berechtigten Abmahnung der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Eine Abmahnung ist berechtigt, wenn sie dem Schuldner einen Weg weist, wie er den Gläubiger klaglos stellen kann, ohne dass die Kosten eines Gerichtsverfahrens anfallen. Damit entspricht § 13 Abs. 3 UWG den Regelungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag. Erstattungsfähig sind des Weiteren nur die "erforderlichen Aufwendungen". Dazu gibt es folgende Grundregeln:
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Ein Unternehmen kann in aller Regel die mit einer Abmahnung im Zusammenhang stehenden Anwaltskosten erstattet verlangen, sofern kein Fall des § 13 Abs. 4 UWG gegeben ist. Ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung ist nicht gehalten, dieser neben der rechtlichen Überprüfung der eigenen geschäftlichen Aktivitäten auch die Überprüfung der Wettbewerbshandlungen von Mitbewerbern zu übertragen. |
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Ein Wettbewerbsverband muss, um als ein solcher anerkannt zu sein, über ausreichende Personal- und Sachausstattung verfügen, die es ihm ermöglicht, Fälle mittleren Schwierigkeitsgrades ohne einen Rechtsanwalt außergerichtlich geltend zu machen. Die sofortige Einschaltung eines Anwaltes ist daher in der Regel nicht erstattungsfähig. |
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Der "Selbstauftrag" eines Rechtsanwaltes führt bei typischen, unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen in aller Regel nicht zu einem Kostenerstattungsanspruch. |
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Hat der Abmahnende mit seinem Anwalt eine Gebührenabrede getroffen, die zu niedrigeren Anwaltsgebühren führt als nach dem RVG, können nur die niedrigeren Kosten verlangt werden. |
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Die Kosten einer sogenannten "zweiten Abmahnung" nach einer Selbstabmahnung des Mandanten sind nicht erstattungsfähig (siehe Rdn 10) |
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Die Höhe der Abmahnkosten ist umstritten (siehe Rdn 11). Sowohl zur Höhe des Gebührenansatzes als auch zur Höhe des Gegenstandswertes sind daher in der Klage Ausführungen zu machen. |
Die Klage ist gemäß § 14 UWG Wettbewerbsstreitsache, so dass unabhängig von der Höhe des Streitwertes die Landgerichte ausschließlich zuständig sind.
Problematisch ist die isolierte Geltendmachung von Abmahnkosten, ohne dass der Unterlassungsanspruch weiter verfolgt wird. Dies wird als fehlende Ernsthaftigkeit und damit auch als "unberechtigte Abmahnung" gedeutet.
III. Checkliste Zahlungsklagen
Rz. 163
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Berechtigte Abmahnung |
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Höhe des Gebührenansatzes |
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Höhe des Gegenstandswertes |
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Zuständigkeit des Landgerichts |
IV. Muster: Klage auf Erstattung der Abmahnkosten
Rz. 164
Muster 55.22: Klage auf Erstattung der Abmahnkosten
Muster 55.22: Klage auf Erstattung der Abmahnkosten
An das Landgericht _____
Klage
der A GmbH, gesetzlich vertr. d. d. Geschäftsführer
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigte: RAe _____
gegen
die B GmbH, gesetzlich vertr. d. Geschäftsführer
– Beklagte –
wegen: Abmahnkosten
Gegenstandswert: _____ EUR
Wir bestellen uns zu Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage. Im Termin zur mündlichen Verhandlung werden wir beantragen,
1. |
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von _____ EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; |
2. |
die Kosten des Rechtsstreites der Beklagten aufzuerlegen. |
Begründung:
Die Klägerin macht Ersatz der ihr entstandenen Abmahnkosten geltend.
I. Zum Sachverhalt
1. Die Parteien sind Mitbewerber. Beide produzieren und vertreiben Milchprodukte.
2. Die Beklagte bewarb im ersten Quartal dieses Jahres ihren Erdbeer-Joghurt mit dem Testsiegel der Stiftung Warentest "gut" und der Aussage "Testsieger". Diese Werbung ist von der Klägerin mit der Begründung angegriffen worden, dass sich das StiWa-Ergebnis auf einen veralteten Test bezog. Bei der letzten Untersuchungsreihe über Milchprodukte war das Produkt der Beklagten gar nicht im Test. Zudem hat die Beklagte zwischenzeitlich – unstreitig – ihre Rezeptur...