a) Allgemeines
Rz. 83
In einzelnen Sparten der Sachversicherung ist es dem Versicherungsnehmer ohne Weiteres möglich, den Anspruchsgrund nachzuweisen, wenn sich der Versicherungsfall aus dem vorliegenden Schadenbild erschließt. Demgegenüber ist der Versicherungsfall in der Einbruchdiebstahlversicherung von dem besonderen Problem geprägt, dass sich die Entwendung versicherter Sachen im Verborgenen und nicht bei Anwesenheit des Versicherungsnehmers abspielt. Das nach einem Einbruchdiebstahl vorhandene Schadenbild lässt keinen zwingenden Rückschluss auf Täter und Tatbegehung zu. Wollte man den Versicherungsnehmer auch in der Einbruchdiebstahlversicherung dazu verpflichten, den Vollbeweis für einen unter Versicherungsschutz fallenden Sachverhalt erbringen zu müssen, wäre der Versicherungsschutz ein "Muster ohne Wert". Aus diesem Grunde entwickelte die Rechtsprechung für den Bereich der Versicherungsverträge, die eine Entwendung versicherter Sachen voraussetzen, Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers. Dies gilt in erster Linie für die Kraftfahrtversicherung (Kaskoversicherung), aber auch für die Einbruchdiebstahlversicherung.
b) Geltungsbereich der Beweiserleichterungen
Rz. 84
Die Beweiserleichterungen gelten für annähernd sämtliche Tatbestände der Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung, nämlich für
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Einbruchdiebstahl gem. § 1 Nr. 2 a AERB 87 (A §§ 1 Nr. 2 a AERB 2008, 2010), |
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Nachschlüsseldiebstahl gem. § 1 Nr. 2 a AERB 87 (A §§ 1 Nr. 2 a AERB 2008, 2010), |
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Einsteigediebstahl gem. § 1 Nr. 2 a AERB 87 (A §§ 1 Nr. 2 a AERB 2008, 2010), |
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die weiteren Fälle des § 1 Nr. 2 b–f AERB 87 (A §§ 1 Nr. 2 b–f AERB 2008, 2010), |
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Einbruchdiebstahl mittels Einschleichen gem. § 1 Nr. 2 c AERB 87 (A §§ 1 Nr. 2 c AERB 2008, 2010), |
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Raub gem. § 1 Nr. 3 AERB 87 (A §§ 1 Nr. 4 AERB 2008, 2010), |
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Vandalismus. |
c) Voraussetzungen für Beweiserleichterungen
Rz. 85
Die wesentlichen Grundsätze der in der Einbruchdiebstahlversicherung geltenden Beweiserleichterungen wurden für die Kraftfahrtversicherung entwickelt. Zentrale Entscheidung ist dabei das Urteil des BGH vom 5.10.1983. Danach hat der Versicherungsnehmer zum Nachweis des Versicherungsfalles lediglich Tatsachen zu beweisen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines versicherten Diebstahls ergeben. Für den Nachweis der so genannten Mindesttatsachen, aus denen sich das äußere Bild der Entwendung ergibt, bedarf es eines Vollbeweises durch den Versicherungsnehmer. Eine Beweislastumkehr findet daher nicht statt.
Rz. 86
Dem Versicherungsnehmer obliegt somit nach den allgemeinen Regen die Beweislast für seine Behauptung, der Versicherungsfall (Einbruchdiebstahl) sei eingetreten. Grundsätzlich hat er daher Vollbeweis i.S.v. § 286 Abs. 1 ZPO zu führen. Der Versicherungsnehmer trägt auch die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Einbruch innerhalb versicherter Zeit erfolgt ist. Hierfür reicht es aber nicht aus, dass der Diebstahl unmittelbar nach Versicherungsbeginn (Jahreswechsel) entdeckt worden ist. Die Rechtsprechung hat zugunsten des Versicherungsnehmers einige Beweiserleichterungen entwickelt, da es für den Versicherungsnehmer oft schwierig ist, einen solchen Diebstahl zu beweisen. Ein solcher Diebstahl geschieht meistens im Verborgenen und ohne Tatzeugen. Die hierdurch entstehende Beweisnot ist mit dem Zweck des Versicherungsvertrags nicht zu vereinbaren, da der vertraglich versprochene und durch Prämien bezahlte Versicherungsschutz ansonsten entwertet würde. Aus diesem Grund ist zur Verwirklichung des Versicherungsvertragszwecks nach der Rechtsprechung eine Beweiserleichterung geboten. Sie gilt insbesondere für den Nachweis des Einbruchdiebstahls.
Nach diesen Grundsätzen hat der Versicherungsnehmer lediglich zu beweisen, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den versicherten Diebstahl besteht. "Hinreichend" bedeutet dabei weniger als "überwiegend". Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit kann also weniger als 50 % betragen.
Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit kann auf verschiedenste Arten dargelegt werden. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere daraus, dass der Versicherungsnehmer objektive Tatsachen, soweit sie nicht schon unstreitig feststehen, beweist, aus denen sich das "äußere Bild" ergibt, wie es üblicherweise nach einer versicherten Entwendung vorhanden ist. Zu diesem äußeren Bild gehört ein Mindestmaß an objektiven Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine versicherte Entwendung zulassen. Umstände, die gegen die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers sprechen, bleiben dabei auß...