Benjamin Ballhorn, Jan König
Rz. 66
Der objektivierte Unternehmenswert nach IDW S 1 stellt einen intersubjektiv nachprüfbaren Zukunftserfolgswert aus Sicht eines typisierten Anteilseigners dar, welcher sich bei Fortführung des Unternehmens auf Basis des bestehenden Unternehmenskonzepts und mit allen realistischen Zukunftserwartungen im Rahmen der Marktchancen, -risiken und finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens sowie sonstiger Einflussfaktoren ergibt. Gem. IDW S 1 kann der Zukunftserfolgswert sowohl anhand des Ertragswertverfahrens als auch nach einer DCF-Methode ermittelt werden. Beide Methoden fußen auf dem Kapitalwertkalkül und führen bei gleichen Annahmen zu identischen Ergebnissen.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich grundsätzlich auf die Ermittlung des Unternehmenswertes nach dem Ertragswertverfahren. Sie sind jedoch hinsichtlich der grundlegenden Aspekte (wie bspw. Vergangenheitsanalyse, Planungsrechnung und Planungsplausibilisierung, Ermittlung der Eigenkapitalkosten etc.) auf die DCF-Verfahren übertragbar.
I. Ableitung der finanziellen Überschüsse
Rz. 67
Kernproblem einer jeden Unternehmensbewertung ist die Prognose der finanziellen Überschüsse. Für diese sind eine umfangreiche Informationsbeschaffung und darauf basierende vergangenheits-, stichtags- und zukunftsorientierte Unternehmensanalysen erforderlich, welche auf ihre Konsistenz und durch Plausibilitätsüberlegungen zu überprüfen sind. Eine den allgemeinen Grundsätzen entsprechende Unternehmensbewertung erfordert eine fundierte Unternehmensanalyse einschließlich des Geschäftsmodells, der Werttreiber und des Marktumfeldes.
1. Vergangenheitsanalyse
Rz. 68
Die Vergangenheitsanalyse des zu bewertenden Unternehmens dient als Grundlage für die Prognose künftiger Entwicklungen und für die Durchführung von Plausibilitätsüberlegungen der Planungsrechnung. Zur Beurteilung der bisherigen leistungs- und finanzwirtschaftlichen Entwicklungen in der Vergangenheit dienen insbesondere Gewinn- und Verlustrechnungen, Kapitalflussrechnungen, Bilanzen und interne Ergebnisrechnungen. Zudem können ggf. vorliegende Plan-/Ist-Abweichungen des Unternehmens sehr hilfreich sein, da sie einen guten Einblick in die Planungstreue des Unternehmens gewähren. Schwerpunkt der Analyse sollten dabei die Entwicklung der Umsätze und Kosten und daraus resultierend das Ergebnisniveau im Zeitablauf sein. Der Zeitraum der Vergangenheitsanalyse beträgt in der Praxis grundsätzlich etwa drei bis fünf Jahre. Idealerweise sollte im Rahmen der Vergangenheitsanalyse ein vollständiger Konjunkturzyklus betrachtet werden. In der Vergangenheitsanalyse sollte der Blick jedoch nicht nur auf das Unternehmen gerichtet sein. Ebenfalls erforderlich ist die Kenntnis der Entwicklung der zentralen Märkte und Wettbewerber des Unternehmens.
Rz. 69
Zur Verdeutlichung der wirksamen Erfolgsursachen der Vergangenheit sind die Vergangenheitsrechnungen zu bereinigen. Ziel ist die Ermittlung eines dem "normalen Geschäftsverlauf" entsprechenden Ergebnisses. Dieses kann dann als Grundlage für die Prognose oder Plausibilitätsüberlegung der künftigen Ergebnisse herangezogen werden.
Die Bereinigung der Vergangenheitsergebnisse sollte insbesondere folgende Punkte umfassen:
1. |
Bereinigung von Aufwendungen und Erträgen, die im Zusammenhang mit dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen stehen |
2. |
Bereinigung aperiodischer und außerordentlicher Ergebniseffekte |
3. |
Bereinigung von Ergebniseffekten, die auf Änderungen bei der Ausübung von Bilanzierungswahlrechten zurückzuführen sind |
4. |
Bereinigung personenbezogener und sonstiger spezifischer Erfolgsfaktoren, wie bspw.
▪ |
Ansatz eines angemessenen Unternehmerlohns |
▪ |
Bereinigung von Aufwendungen/Erträgen, die der privaten Sphäre zuzuordnen sind |
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Bereinigung nicht marktgerechter Konditionen, die aus dem Konzernverbund oder durch nahestehende Personen resultieren. |
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Rz. 70
Die Vergangenheitsanalyse dient jedoch nicht dazu, die in der Vergangenheit durchschnittlich erzielten Ergebnisse für die Zukunft fortzuschreiben. Auch eine sorgfältig durchgeführte Vergangenheitsanalyse kann die Schätzung der künftigen finanziellen Überschüsse nicht ersetzen. Die Ergebnisse der Vergangenheit können lediglich die Grundlage für die Prognose der künftigen finanziellen Überschüsse bilden. Für deren Schätzung ist eine Analyse der erwarteten leistungs- und finanzwirtschaftlichen Entwicklungen des Unternehmens unter Berücksichtigung der erwarteten Markt- und Umweltentwicklungen unabdingbar.
2. Planungsrechnung (Phasenmethode)
Rz. 71
Unternehmensbewertungen werden häufig unter der Annahme einer unendlichen Lebensdauer des Unternehmens durchgeführt. Die Zukunftsentwicklung eines Unternehmens ist i.d.R. jedoch nur eingeschränkt vorhersehbar und planbar. Daher wird die Unternehmenspl...