I. Allgemeines
Rz. 1
Die Regelung zur Steuerbefreiung für Familienheime wurde durch das Erbschaftsteuerreformgesetz mit Wirkung ab dem 1.1.2009 eingeführt und stellt eine Erweiterung der bereits seit dem durch das Jahressteuergesetz 1996 eingeführten geltenden Privilegierung für lebzeitige Zuwendungen im Zusammenhang mit Familienwohnheimen unter Ehegatten/Lebenspartnern dar, § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Begünstigt sein können nun auch Erwerbe des Eigentums von Todes wegen
Rz. 2
Mit der Regelung bezweckt der Gesetzgeber u.a. die Erhaltung des gemeinsamen familiären Lebensraums sowie die Förderung von Bildung von Wohneigentum durch die Familie. Der u.a. für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständige 2. Senat des BFH hat erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der in den § 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c ErbStG vorgesehenen weitreichenden Steuerbefreiungen für Familienheime. Eine entsprechende restriktive Auslegung findet sich in der vielfältigen Kasuistik zu den Regelungen wieder.
Rz. 3
Neben inländischem Grundbesitz fallen nur in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) belegene Grundstücke unter die Privilegierung. Nach dem Austritt eines Mitgliedstaates aus der EU – wie im Falle Großbritanniens – greift die Steuerbefreiung für in diesem Mitgliedstaat belegene Immobilien (sofern dann keine Mitgliedschaft im EWR vorliegt) nicht mehr. Dies gilt sowohl im Rahmen von lebzeitigen Zuwendungen als auch im Erbfall.
II. Ehebedingte Zuwendung des Familienheims (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG)
1. Tatbestand
Rz. 4
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG sind lebzeitige Zuwendungen steuerfrei, mit denen
1. |
ein Ehegatte/Lebenspartner dem anderen Ehegatten/Lebenspartner (Mit-)Eigentum |
2. |
an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen bebauten Grundstück i.S.d. § 181 BewG (siehe § 8 Rdn 37 ff.>) verschafft, |
3. |
soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (Familienheim). |
Rz. 5
Die Regelung sieht weder eine Wertobergrenze noch – anders als beim steuerbefreiten Erwerb von Abkömmlingen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG (siehe Rdn 23>) – eine Begrenzung der Größe nach vor noch einen Objektverbrauch. Es können mithin mehrere Familienheime nacheinander übertragen werden, sofern zum jeweiligen Stichtag die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Auch der Güterstand ist für die Anwendung der Regelung ohne Bedeutung.
2. Familienheim
Rz. 6
Als Familienheim i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 4a – 4c ErbStG gilt ein bebautes Grundstück, soweit darin eine Wohnung gemeinsam zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. In der Wohnung muss sich der Mittelpunkt des familiären Lebens befinden. Die Finanzverwaltung stellt bei der Beurteilung der Verhältnisse zum Stichtag auf die tatsächliche Nutzung ab. Eine Anmeldung nach dem Meldegesetz ist mithin nicht relevant. Die bloße Möblierung der Räumlichkeiten reicht für eine tatsächliche Nutzung i.S.d. Vorschrift nicht aus. Auch Zweitwohnungen, z.B. von Berufspendlern, werden von der Finanzverwaltung nicht begünstigt. Gleiches gilt für Ferienwohnungen und Wochenendhäuser. Eine Zweitwohnung ist kein Familienheim i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c ErbStG, wobei auch ein sog. Mehrfachwohnsitz (etwa häufiger Wechsel des Erblassers oder Schenkers zwischen mehreren, gleichzeitig und nebeneinander unterhaltenen Wohnsitzen) nicht zu Vervielfältigung des Begriffs des Familienheims führt. Es kann stets nur ein Familienheim i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c ErbStG geben. Bei mehreren in einem Mehrfamilienhaus genutzten Wohnungen kann die Steuerbefreiung dem Wortlaut entsprechend nur "eine Wohnung" erfassen.
Rz. 7
Anders als beim Erwerb eins Familienheims durch Abkömmlinge von Todes wegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG (siehe Rdn 23>) ist die Steuerbefreiung der Höhe nach nicht auf eine Wohnflächengröße (i.H.v. 200 qm) beschränkt. Entscheidend ist die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken der Eheleute. Eine Mitbenutzung der Wohnung durch Kinder, Enkelkinder, Eltern oder auch eine Hausgehilfin ist nach Auffassung der Finanzverwaltung unschädlich.
Rz. 8
Bei Mischnutzung einer Immobilie, d.h. wenn diese nur teilweise als Familienheim dient und im Übrigen z.B. zu gewerblichen, freiberuflichen oder zu öffentlichen Zwecken genutzt wird oder schlicht leer steht, greift die Begünstigung entsprechend nur anteilig, wobei die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse zum ...