I. Allgemeines
Rz. 125
Der (Rück-)Erwerb von Vermögensgegenständen, die Eltern (und Voreltern) ihren Abkömmlingen lebzeitig schenkweise zugewandt hatten und die an diese Personen von Todes wegen zurückfallen, sind erbschaftsteuerfrei, § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG. Der allgemeine Freibetrag von Eltern (und Voreltern) im Todesfall i.H.v. 100.000 EUR gem. § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (siehe § 5 Rdn 1>) bleibt unberührt.
Rz. 126
Die Regelung gilt nicht für Rückschenkungen. Solche können insbesondere wegen des Freibetrags der Eltern i.H.v. lediglich 20.000 EUR (siehe § 5 Rdn 1>) zu erheblichen Schenkungsteuerbelastungen (u.a. durch eine Doppelbesteuerung aus Anlass der Hin- und Rückgabe) führen.
Rz. 127
Der rückfallende Vermögensgenstand muss identisch bzw. nach Ansicht der Finanzverwaltung bei objektiver Betrachtung mindestens "art- und funktionsgleich" mit dem ursprünglich hingegebenen Vermögensgegenstand sein. Die Steuerbefreiung kommt also auch – in engen Grenzen – für den (Rück-)Erwerb des Surrogats in Betracht. Bei Grundvermögen, das zwischenzeitlich getauscht oder aus dem Verkauf des ursprünglichen übertragenen Grundstücks finanziert wurde, wird eine Art- und Funktionsgleichheit in der Regel zu verneinen sein.
Rz. 128
Darüber hinaus muss zwischen den beteiligten Personen Identität bestehen. Begünstigt ist demnach nur der Rückfall von Vermögensgegenständen an die Person, die sie zuvor übertragen hat. Überträgt der ursprüngliche Schenker den privilegierten Vermögensgegenstand (teilweise) im Rahmen der Erbauseinandersetzung auf einen Miterben (der geschenkte Gegenstand wurde mithin nicht vom urspünglichen Schenker alleine geerbt), fällt die Steuerbefreiung wegen des Grundsatz der erbschaftsteuerlichen Neutralität (siehe dazu § 3 Rdn 11>) nicht weg.
Rz. 129
Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge stammt das Grundvermögen regelmäßig nur von einem Elternteil und wurde nur von diesem übertragen. Fällt der Vermögensgegenstand im Falle der gesetzlichen Erbfolge an beide Eltern jeweils zur Hälfte zurück, muss der andere Elternteil seinen Vermögensvorteil versteuern. Gleiches gilt bei in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten für Vorbehaltsgüter, § 1408 BGB. Die Besteuerung beim anderen Elternteil kann zum einen durch vertragliche Rückforderungsrechte für den Fall des Vorversterbens i.S.d. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vermieden werden. Zum anderen kommt eine Ausschlagung der Erbschaft durch den Ehegatten (sofern diese nur zugunsten des anderen Ehegatten wirkt) in Betracht, für dessen Erwerb die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG nicht greift.
II. Früchte und Wertsteigerung
Rz. 130
Zwischenzeitliche Wertsteigerungen der geschenkten Vermögensgegenstände stehen der Steuerfreiheit des Rückfalls nicht entgegen, wenn sie ausschließlich auf der wirtschaftlichen Entwicklung beruhen. Dies gilt etwa für Wertzuwächse von Immobilienvermögen, die den Grund und Boden betreffen. Wertzuwächse hingegen, die vom ursprünglich Bedachten durch Einsatz von Kapital oder Arbeit geschaffen wurden, sind nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht von der Steuerbefreiung erfasst, der Mehrwert ist also steuerpflichtig. Dies gilt auch für einen stehen gelassenen Gewinn bei einer Gesellschaftsbeteiligung.
Rz. 131
Früchte, also die Erzeugnisse und Erträge des Vermögensgegenstandes, die aus der Sache ihrer Bestimmung gemäß vom Bedachten gewonnen wurden (§ 99 BGB), sowie die aus diesen Früchten erworbenen Gegenstände sind bei einem Rückfall nicht steuerbefreit.