a) Rechte des Nießbrauchberechtigten
aa) Einführung
Rz. 94
Zwischen dem Nießbraucher und dem Eigentümer entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis. Der Nießbraucher hat das Recht, die Nutzungen aus dem Gegenstand zu ziehen. Er ist gem. § 1063 Abs. 1 BGB zum Besitz der Sache berechtigt. Bei verbrauchbaren Sachen wird der Nießbraucher gem. § 1067 BGB Eigentümer dieser Sachen. Schuldrechtlich kann gem. § 1059 S. 2 BGB einem Dritten die Ausübung des Nießbrauchs überlassen werden. Dies beinhaltet die Vermietung, Verpachtung oder die unentgeltliche Überlassung ohne Zustimmung des Eigentümers. Dies ist jedoch anfänglich oder nachträglich abdingbar. Bis zur Bestellung des Nießbrauchs hat der Vermächtnisnehmer lediglich einen obligatorischen Anspruch auf Bestellung des Nießbrauchs. Hat der Erblasser ihm nicht gleichzeitig durch eine postmortale Vollmacht unter Befreiung von § 181 BGB oder durch Testamentsvollstreckeranordnung die Befugnis zur Bestellung des Nießbrauchs eingeräumt, kann der Nießbrauchvermächtnisnehmer als Nachlassgläubiger gem. § 1981 Abs. 2 BGB die Nachlassverwaltung beantragen.
bb) Recht zur Nutznießung
Rz. 95
Der Nießbraucher ist berechtigt, alle Nutzungen des sich aus einer ordnungsgemäßen Wirtschaft ergebenden Reinertrags zu ziehen. Die Regelung, was unter dem Reinertrag zu verstehen ist, sollte jedoch unbedingt in der letztwilligen Verfügung von Todes wegen geregelt werden. Ohne Regelung sollte der betriebswirtschaftliche Reingewinn die Determinante sein.
cc) Kein Verfügungsrecht
Rz. 96
Der Nießbrauch ist gem. § 1059 S. 1 BGB nicht übertragbar. Ein Verfügungsrecht des Nießbrauchers über den Nachlassgegenstand kann nur dergestalt aussehen, dass der Nießbrauchberechtigte mit einer trans- oder postmortalen Vollmacht zur Verfügung über den Gegenstand ermächtigt wird oder dass der Erblasser den Nießbrauchberechtigten zum Testamentsvollstrecker einsetzt. Eine Verfügungsbefugnis des Nießbrauchers kann nicht mit dinglicher Wirkung als Inhalt des Nießbrauchs vereinbart werden.
b) Verpflichtungen des Nießbrauchberechtigten
Rz. 97
Der Nießbraucher unterliegt zahlreichen gesetzlichen Regularien. Er darf die Sache nicht umgestalten bzw. wesentlich verändern (§ 1037 Abs. 1 BGB). Dies gilt auch für Wertsteigerungen und Verbesserungen. Was unter die Verpflichtung des § 1037 Abs. 1 BGB fällt, ist eine Frage des Einzelfalls. Der Nießbraucher muss die Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand erhalten. Er hat Maßnahmen, die den wirtschaftlichen Bestand gefährden könnten, zu unterlassen.
Der Nießbraucher muss die Regeln der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung beachten (§ 1036 Abs. 2 BGB). Diese sind nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Dies ist nicht dinglich abdingbar. Bei ordnungswidriger oder Übermaßfruchtziehung ist der Nießbraucher bei Beendigung des Nießbrauchs gegenüber dem Eigentümer zum Ersatz des Wertes der Früchte verpflichtet (§ 1039 BGB). Treten aufgrund ordnungsgemäßer Nießbrauchausübung Veränderungen oder Verschlechterungen am Nießbrauchgegenstand ein, so hat der Nießbraucher gem. § 1050 BGB dies nicht zu vertreten.
Nach § 1041 S. 2 BGB ist der Nießbraucher zur Vornahme der gewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen im Rahmen der Unterhaltung des Gegenstands verpflichtet. Darunter fallen Ausbesserungen und Erneuerungen mit denen ab und zu rechnen ist, selbst wenn sie zufällig eintreten. Bei außergewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen trifft den Eigentümer keinerlei Pflicht zur Vornahme derselben. Der Nießbraucher selbst ist ebenso nicht verpflichtet, außergewöhnliche Erhaltungsmaßnahmen auf seine Kosten durchzuführen. Freiwillig ist es für ihn jedoch möglich bzw. es besteht die Möglichkeit, die Übernahme der außergewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen bei der Nießbrauchbestellung zu vereinbaren. Der Nießbraucher muss die Sache jedoch auf seine Kosten gem. § 1045 BGB nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaft versichern.
Praxishinweis
Die Übernahme der Kosten der außergewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen sollten in der letztwilligen Verfügung geregelt werden. Laut Gesetz sind weder der Erbe noch der Vermächtnisnehmer verpflichtet, diese zu tragen.
Rz. 98
Nach § 1047 BGB hat der Nießbraucher auf der Sache ruhende öffentliche und private Lasten zu tragen. Eine ordentliche öffentliche Last ist z.B. die Grundsteuer. Zur Tragung von außerordentlichen Lasten, wie Anliegerkosten für den Straßenbau, ist er nicht verpflichtet. Private Lasten müssen bereits vor der Nießbrauchbestellung vorgelegen haben. Dies sind insbesondere Zinsen für die durch Grundpfandrechte gesicherten Verbindlichkeiten, soweit diese die nießbrauchbelastete Sache betreffen. Der Eigentümer hat die Zahlung der Tilgungsbeiträge zu leisten. Von diesen gesetzlichen Bestimmungen kann wie bereits mitgeteilt (siehe Rdn 97) abgewichen werden. Für den Nießbraucher kann zu dessen Gunsten und zu dessen Lasten eine abweichende Regelung gegenüber dem Eigentümer getroffen werden. Dem Eigentümer kann jedoch nicht mit dinglicher Wirkung eine Leistungspflicht auferlegt werden. Grund ist, dass der Eigentümer nur zur Duldung und nich...