Rz. 20
Das Recht auf Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen ist in Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes geregelt. Es handelt sich hierbei um ein Bündel an unterschiedlichen Regelungsbereichen, das aufgrund ihrer Verquickung mit dem Asylgesetz und dem Ergebnis eines Asylverfahrens und dem damit einhergehenden Zusammenspiel zwischen Ausländerbehörden und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie aufgrund ihrer politischen Umkämpftheit besonders komplex ist.
Rz. 21
Im Kern lassen sich die Normen der §§ 22 bis 26 AufenthG in vier Teilbereiche unterteilen:
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Die §§ 22 bis 24 AufenthG knüpfen das Aufenthaltsrecht maßgeblich an politische Entscheidungen – durch Aufnahmeanordnungen für bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen oder durch die Härtefallkommission – an. |
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In § 25 AufenthG sind vor allem die aufenthaltsrechtlichen Rechtsfolgen von Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge – in Gestalt von Asyl, Flüchtlingsschutz und Abschiebungsverboten – geregelt (siehe dazu und ergänzend zu § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG im Detail das Kapitel "Asylrecht" in diesem Buch). |
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Die §§ 25a, 25b AufenthG statuieren – an sich für diesen Abschnitt systemfremd – Bleiberechtsregelungen anknüpfend an "Integration", mithin Schulbesuch, Ausbildung und Arbeit; damit in engem Zusammenhang gedacht werden muss § 25 Abs. 5 AufenthG, der ein Aufenthaltsrecht im Fall der Unmöglichkeit einer Ausreise vorsieht. |
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§ 26 AufenthG normiert schließlich die Dauer des Aufenthalts für diesen Abschnitt und ist zugleich eine Sonderregelung gegenüber § 9 AufenthG, indem er speziell die verfestigende Umwandlung eines bis dato befristeten humanitären Aufenthalts in eine Niederlassungserlaubnis festlegt. |
Rz. 22
Insbesondere in diesem Abschnitt muss ein Augenmerk verstärkt auf die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gelegt werden, da das Gesetz an dieser Stelle durch Verweise und Ausnahmen besondere Regelungen enthält und damit zugleich recht unübersichtlich ist. So sieht § 5 Abs. 3 AufenthG vor, dass von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG (Lebensunterhaltssicherung; Identitätsklärung; kein Ausweisungsinteresse; Passpflicht; Einreise mit dem erforderlichen Visum) abgesehen werden muss, wenn eine Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage einer durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellten Asylberechtigung, Flüchtlingsanerkennung oder eines Abschiebungsverbots begehrt wird. In den anderen Fällen einer Aufenthaltserlaubnis aus diesem Abschnitt kann – im Wege des Ermessens – gem. § 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG von den genannten allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen abgesehen werden. Allein aus § 5 Abs. 4 AufenthG kann der Titel auch für diesen Abschnitt im Fall eines schwerwiegenden Ausweisungsinteresses – bei schwerwiegenden Gefährderfällen – versagt werden. Ebenfalls zu beachten ist, dass diese Ausnahmeregelungen grundsätzlich dann wiederum nicht gelten, wenn es um die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis – also einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis – geht, wie sich aus § 26 Abs. 3, 4 AufenthG ergibt.
Rz. 23
Daneben ist bei der Prüfung einer Aufenthaltserlaubnis insbesondere aufgrund der Bleiberechtsregelungen nach §§ 25a, 25b AufenthG die sog. Titelerteilungssperre nach § 10 Abs. 3 AufenthG in den Blick zu nehmen. Diese Vorschrift besagt dem Grundsatz nach, dass ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden darf, wenn vorab ein erfolgloses Asylverfahren stattgefunden hat (§ 10 Abs. 3 S. 1 AufenthG). Von diesem Grundsatz sind zwar per se jegliche Aufenthaltstitel nach dem 5. Abschnitt ausgenommen. Dies gilt aber wiederum dann gem. § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG nicht, wenn der Asylantrag gem. § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, sofern es nicht um einen Aufenthaltstitel mit Anspruch oder um eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG geht – weshalb bereits im Asylverfahren und bei Asylantragstellung diese Folgewirkungen bedacht werden müssen und zugleich bei einem Mandat mit einem vorangegangenen Asylverfahren regelmäßig die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge eingesehen werden muss.
Rz. 24
Neben den an ein erfolgreiches Asylverfahren anknüpfenden Vorschriften des § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG (siehe dazu das Kapitel "Asylrecht" in diesem Buch) sind, nicht zuletzt nach einem negativen Asylentscheid, die Normen der §§ 23a, 25 Abs. 5, 25a und 25b AufenthG und deren Zusammenspiel von besonderer praktischer Relevanz:
Rz. 25
An § 25a AufenthG kann angeknüpft werden, wenn der Mandant im Zeitpunkt der Antragstellung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sich bereits vier Jahr geduldet, gestattet oder erlaubt im Bundesgebiet aufhält und während dieser Zeit erfolgreich eine Schule besucht oder einen Schulabschluss erworben hat. Zudem muss sich aus einer Gesamtschau eine "positive Integrationsprognose" ergeben, wobei neben dem Ausbildungsstatus auf das soziale und familiäre Umfeld und ggf. ein sozia...