Cordula Schah-Sedi, Michel Schah-Sedi
Rz. 60
Von einer Verbindungsrente spricht man bei einer Rente, die zum Beispiel an ein Paar, Ehemann und Ehefrau, bis zum Tod des zuerst Sterbenden, also bis zur Auflösung des Paares durch Tod zu zahlen ist. Bevor man hier den entsprechenden Kapitalisierungswert untersucht, ist der Altersunterschied zwischen Mann und Frau zu bestimmen, wobei es hier Tabellen in 5er Schritten gibt: Verbindungsrente Mann 10 Jahre jünger, Verbindungsrente Mann 5 Jahre jünger, Verbindungsrente Mann und Frau gleich alt, Verbindungsrente Mann 5 Jahre älter, Verbindungsrente Mann 10 Jahre älter. Diese Tabellen sind bei Quirmbach/Gräfenstein/Strunk (2. Auflage, § 5 Rn 49 ff.) zu finden. Allerdings sind diese Tabellen mit gewisser Skepsis und Zurückhaltung zu betrachten, da diese Werte nur ein "Herantasten" an den konkreten Fall bedeuten. Das Tabellenwerk von Quirmbach/Gräfenstein/Strunk sieht im Gegensatz zu "Konkurrenzprodukten" bei den Zinssätzen korrekterweise eine Bandbreite von 0–5 %. Andere Tabellen sehen diese Bandbreite nicht vor. Insoweit muss der Anwendung von Tabellenwerken seitens des Versicherers widersprochen werden, bei denen weiterhin lediglich mit Zinssätzen von 5 % bzw. 3–5 % gerechnet wird.
Anschließend werden beide voraussichtlichen Lebenserwartungen miteinander verbunden, weshalb man von einer Verbindungsrente spricht. Im Einzelnen ist bei diesen Verbindungsrenten vieles streitig, so dass die jeweiligen Daten exakt gegenübergestellt werden müssen. Aufgrund der Erfahrungen aus der Praxis kann jedoch nur von einer "leichtfertigen", zu unkritischen Anwendung der Verbindungsrenten gewarnt werden, da in der Regel für den Geschädigten dabei wesentlich schlechtere Ergebnisse erzielt werden als bei einer "normalen" Kapitalisierung ohne Verbindungsrente.
Rz. 61
Gerade bei Unterhaltsansprüchen, d.h. bei den Tötungsfällen, versuchen Versicherer immer die Verbindungsrente anzuwenden. Der Grund liegt auch hier auf der Hand: Bei Anwendung der Verbindungsrente anstelle von einer Leibrente entstehen niedrigere Kapitalisierungsfaktoren, so dass am Ende der Versicherer weniger an den Geschädigten zahlen muss. Die Motivation für die Schaffung einer Verbindungsrente liegt darin: Bei der ursprünglichen Kapitalisierungstabelle, welche keine Verbindungsrente enthält, liegt nur die Lebenserwartung des getöteten Unterhaltspflichtigen zugrunde, aber nicht die Lebenserwartung des Unterhaltsberechtigten. Konkret heißt dies, es soll berücksichtigt werden, dass eventuell der Unterhaltsberechtigte auch während der Laufzeit der Rente schon sterben kann. Dogmatisch ist dies jedoch nicht ganz korrekt, da theoretisch auch die Person mit der größeren Lebenserwartung schon vorher sterben kann. Der Gesetzeswortlaut von § 844 Abs. 2 BGB, der gegen eine Verbindungsrente spricht, lautet wie folgt:
Zitat
"Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde ..."
In § 844 BGB steht jedoch gerade nicht, dass der Schädiger der Witwe einen Unterhaltsanspruch zu zahlen hat "bis zur Auflösung des Paares durch den Tod des zuerst Sterbenden". Im Ergebnis bedeutet dies nichts anderes, als dass sich dogmatisch die Anwendung der Verbindungsrente aus dem Gesetz nicht herleiten lässt und von daher zutreffender Weise abzulehnen ist. Dogmatisch richtig wäre es, die entsprechenden Leibrenten anzuwenden und notfalls mit einem geringfügigen Abschlag zu versehen.