Dr. Maximilian Kübler-Wachendorff
Rz. 75
Die EuErbVO regelt nur die internationale Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und lässt die innerstaatliche Zuständigkeit unberührt, Art. 2 EuErbVO. Die örtliche, sachliche und funktionale Zuständigkeit regelt daher das jeweilige nationale Verfahrensrecht der Mitgliedstaaten.
Besteht die internationale Zuständigkeit Deutschlands aufgrund der Art. 4 ff. EuErbVO, regelt das IntErbRVG die örtliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Bei bürgerlichen Streitigkeiten bestimmt § 2 IntErbRVG die örtliche Zuständigkeit. Die sachliche und funktionale Zuständigkeit ist hiervon nicht betroffen; die sachliche Zuständigkeit bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen abhängig vom Streitwert (§ 1 ZPO i.V.m. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Die Zuständigkeiten nach § 2 Abs. 1 bis 3 IntErbRVG sind ausschließliche und setzen stets eine Rechtswahl des Erblassers voraus.
Rz. 76
Haben die Parteien in einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 5 Abs. 1 Alt. 1 EuErbVO auch ein bestimmtes Gericht in Deutschland bezeichnet, so ist dieses Gericht nach § 2 Abs. 1 IntErbRVG auch örtlich zuständig. § 2 Abs. 1 Nr. 2 IntErbRVG begründet die örtliche Zuständigkeit des prorogierten Gerichts, wenn dieses direkt angerufen wird (Art. 7 lit. b EuErbVO). § 2 Abs. 1 Nr. 1 IntErbRVG bestimmt hingegen die örtliche Zuständigkeit des bezeichneten Gerichts, wenn sich ein Gericht eines anderen Mitgliedstaates aufgrund der Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 6 lit. b EuErbVO für unzuständig erklärt hat und diese Unzuständigkeitserklärung die internationale Zuständigkeit Deutschlands nach Art. 7 lit. a EuErbVO begründet (vgl. hierzu Rdn 48 f.).
Rz. 77
Bei einer Anerkennung der Zuständigkeit nach Art. 7 lit. c EuErbVO begründet nach Art. 2 Abs. 2 IntErbRVG die Anerkennung auch die örtliche Zuständigkeit dieses Gerichts.
Besteht hingegen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 9 Abs. 1 EuErbVO aufgrund rügeloser Einlassung einer bei einer Gerichtsstandsvereinbarung oder Anerkennung übergangenen Partei fort, so bleibt das prorogierte Gericht bzw. ankernannte Gericht auch örtlich nach § 2 Abs. 3 IntErbRVG zuständig.
Rz. 78
Für die übrigen Fälle regeln § 2 Abs. 4 und 5 IntErbRVG die örtliche Zuständigkeit. Dies ist vor allem der Fall, wenn sich die internationale Zuständigkeit Deutschlands aus Art. 4, 10 oder 11 EuErbVO ergibt. Daneben regeln diese Vorschriften die örtliche Zuständigkeit, wenn die Parteien in einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 5 EuErbVO die örtliche Zuständigkeit nicht geregelt haben, und bei einem erfolgreichen Antrag einer Partei auf Erklärung der Unzuständigkeit nach Art. 6 lit. a, 7 lit. a EuErbVO.
Rz. 79
Örtlich zuständig ist nach § 2 Abs. 4 S. 1 IntErbRVG in erster Linie das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Auslegung dieses Begriffs folgt Art. 4 EuErbVO. Hatte der Erblasser nach diesen Maßstäben zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland, ist nach § 2 Abs. 4 S. 2 IntErbRVG das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Hatte der Erblasser zu keinem Zeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so ist nach § 2 Abs. 4 S. 3 IntErbRVG das Amtsgericht Schöneberg in Berlin örtlich zuständig. § 2 Abs. 4 S. 3 IntErbRVG regelt ebenfalls nur die örtliche und nicht die sachliche Zuständigkeit, sodass streitwertabhängig auch das LG Berlin zuständig sein kann. Eine Verweisung an ein anderes Gericht kommt bei bürgerlichen Streitigkeiten, anders als nach § 343 Abs. 3 S. 2 FamFG, nicht in Betracht.
Rz. 80
Die Gerichtsstände nach § 2 Abs. 4 IntErbRVG sind besondere und begründen keine ausschließliche Zuständigkeit. Neben diesen bestehen nach § 2 Abs. 5 IntErbRVG auch die allgemeinen Gerichtsstände der §§ 12 bis 40 ZPO, mit Ausnahme der Gerichtsstände der §§ 27 und 28 ZPO.
Rz. 81
Für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit regelt § 47 IntErbRVG die örtliche Zuständigkeit, soweit das Gesetz keine Sonderzuständigkeiten enthält. § 47 Nr. 1 IntErbRVG verweist auf § 2 Abs. 1 bis 3 IntErbRVG, wenn sich die internationale Zuständigkeit Deutschlands aus Art. 5, 6, 7 oder 9 EuErbVO ergibt, was freilich stets eine Rechtswahl des Erblassers voraussetzt. Im Übrigen verweist § 47 Nr. 2 IntErbRVG auf die Vorschriften des FamFG, insbesondere §§ 343, 344 FamFG. Zuständig ist in erster Linie das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wobei auch hier die Bestimmung übereinstimmend mit Art. 4 EuErbVO zu erfolgen hat. Hilfsweise zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte (§ 343 Abs. 2 FamFG). Zuletzt ist das AG Berlin Schöneberg zuständig, wenn der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war oder Nachlassvermögen im Inland belegen ist (§ 343 Abs. 3 FamFG). Das AG Berlin Schöneberg kan...