a) Grundsatz: Kein Auskunftsrecht außerhalb einer Sonderverbindung
Rz. 135
Umstritten ist, ob aus dem Gesamthands-Rechtsverhältnis der Miterbengemeinschaft als einem gesetzlichen Schuldverhältnis eine Auskunftspflicht der Miterben untereinander hergeleitet werden kann, insbesondere aus § 2038 BGB. Unstreitig besteht eine solche gegenseitige Auskunftspflicht, wenn sie sich aus konkreten Vorschriften ergibt, z.B. wenn ein Miterbe die Verwaltung allein geführt hat, nach §§ 666, 681 BGB. Weitere Auskunftsansprüche sind in §§ 2027 Abs. 2, 2028, 2057 BGB geregelt. Weitergehende Auskunftspflichten werden von der Rechtsprechung und vom überwiegenden Schrifttum verneint.
b) Kein Auskunftsanspruch in Bezug auf Umstände zur Testierfähigkeit
Rz. 136
Kein Auskunftsanspruch besteht gegenüber den Erben bezüglich solcher Umstände, die die Testierfähigkeit beeinflussen können.
Dazu entschied der BGH NJW-RR 1989, 450:
Zitat
1. Die Miterbenstellung allein begründet keine für die Bejahung einer Auskunftspflicht genügende Sonderbeziehung.
2. Auskunft über Umstände, welche die Testierfähigkeit des Erblassers betreffen, kann ein Miterbe nicht etwa schon deshalb von einem anderen Miterben verlangen, weil ihm gegen diesen im Falle der Testierunfähigkeit möglicherweise ein Anspruch aus § 2018 BGB zustehen kann.
c) Ausnahme: Generalklausel der Rechtsprechung
Rz. 137
Die Rechtsprechung hat immer wieder darauf verwiesen, dass das deutsche Recht keine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Auskunftspflicht kennt. Trotzdem hat sie eine Generalklausel entwickelt, die vom RG wie folgt umschrieben wurde:
Zitat
"In Fällen, in denen ein Recht auf Auskunft gegenüber dem Verpflichteten die Rechtsverfolgung in hohem Maße erleichtert, oft überhaupt erst möglich macht, ist – auch abgesehen von der Geschäftsführung ohne Auftrag – nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dem Berechtigten ein Anspruch auf Auskunft bei Rechtsverhältnissen zu gewähren, deren Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte entschuldbarerweise über Bestehen und Umfang seines Rechts im ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche Auskunft zu erteilen."
Rz. 138
Der BGH hat diese Formel übernommen. Sie ist Grundlage für eine Vielzahl von Entscheidungen geworden, in denen Auskunftsansprüche außerhalb der gesetzlich normierten Tatbestände zuerkannt wurden. Um einer uferlosen Ausdehnung zu begegnen, hat der BGH von Anfang an darauf hingewiesen, dass die Pflicht zur Auskunft im Allgemeinen nur eine Nebenpflicht zu einem Hauptanspruch und deshalb Voraussetzung sei, dass "wirklich eine Verpflichtung besteht, deren Ausmaß sich aus der Auskunft im Einzelnen ergeben soll".
Rz. 139
Fraglich ist, wie ein Rechtsverhältnis beschaffen sein muss, aus dem sich Auskunftsansprüche ergeben können. Außerhalb besonderer rechtlicher Beziehungen hat ein Auskunftsverlangen nur Erfolg, wenn der vorzubereitende Hauptanspruch dem Grunde nach feststeht und nur noch der Anspruchsinhalt offen ist.
Rz. 140
Der BGH hat in einer Entscheidung in den 70er Jahren im Verhältnis zwischen dem Erben und dem vom Erblasser möglicherweise Beschenkten einen Auskunftsanspruch "nach Treu und Glauben bejaht, wo der Berechtigte entschuldbar über das Bestehen und den Umfang des Rechts im unklaren und deshalb auf die Auskunft des Verpflichteten angewiesen ist, der durch sie nicht unbillig belastet wird"; er verzichtete in diesem konkreten Fall auf das Bestehen einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen den Parteien.
d) Von der Rechtsprechung anerkannte erbrechtliche Auskunftsansprüche
Rz. 141
Zu den von der Rechtsprechung entwickelten erbrechtlichen Auskunftsansprüchen gehören insbesondere diejenigen
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des Erben gegen den enterbten, aber pflichtteilsberechtigten Abkömmling wegen nach § 2316 BGB auszugleichender Vorempfänge; |
2. |
des Erben gegen den Pflichtteilsberechtigten wegen nach § 2315 BGB anzurechnender Vorempfänge und deren Wert; |
3. |
des pflichtteilsberechtigten Erben gegen den Miterben wegen eines Geschenkes des Erblassers an diesen einschließlich Anspruch auf Wertermittlung gem. § 242 BGB; |
4. |
des pflichtteilsberechtigten Erben, dem ein Anspruch auf Zusatzpflichtteil (§ 2305 BGB) zusteht, gegen den Beschenkten wegen eines Geschenkes, wenn der Erbe sich die Auskunft nur mit Schwierigkeiten beschaffen kann, der Beschenkte sie aber unschwer erteilen kann, gem. § 242 BGB; |
5. |
eines Dritten, der de... |