Rz. 124
Die später folgende Darstellung ist gegliedert in Regelungen für den Fall der Trennung und Regelungen für den Fall der Scheidung. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass es sich um verschiedene Regelungsgegenstände handelt und dass bei der Arbeit mit diesem Werk im Falle, dass ein Vertrag nur des einen oder des anderen Vertragstypus‘ entworfen werden soll, auch gezielt hin zu den jeweils einschlägigen Ausführungen geführt werden soll.
Rz. 125
Eine Ausnahme ist für den Ehegattenunterhalt geboten, der bei Trennung und Scheidung trotz der unterschiedlichen Rechtsqualität eine erhebliche Schnittmenge aufweist. Die Nichtidentität von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt erfordert grundsätzlich separate Vereinbarungen, die aber in einem einzigen Vertrag niedergelegt werden können. Es ist darauf zu achten, dass die Vereinbarungen getrennt formuliert und die beiden verschiedenen Unterhaltstatbestände ausdrücklich benannt werden, um späteren Auslegungsproblemen vorzubeugen. Letzteres gilt auch für Prozessvergleiche. Eine gerichtliche verfahrensbeendigende Vereinbarung über Trennungsunterhalt kann später nicht, auch nicht einvernehmlich, dahin abgeändert werden, dass an die Stelle des Trennungsunterhalts der nacheheliche Unterhalt gesetzt und zum Gegenstand der Zwangsvollstreckung gemacht wird.
Rz. 126
Um Wiederholungen und Querverweise sowohl beim Trennungs- als auch beim nachehelichen Unterhalt zu vermeiden, werden Gemeinsamkeiten "vor die Klammer" gezogen und vorab dargestellt. Die jeweiligen Besonderheiten finden sich sodann in den entsprechenden Kapiteln.
1. Regelung des gesetzlichen Unterhalts oder Vereinbarung einer vom Gesetz losgelösten Unterhaltsrente?
Rz. 127
Es steht Ehegatten frei, den gesetzlichen Unterhalt zu vereinbaren bzw. modifiziert zu regeln oder aber einen vom gesetzlichen Unterhaltsrecht vollkommen losgelösten Schuldgrund zu schaffen.
Rz. 128
Muster 9.17: Unterhaltsleibrente (1)
Muster 9.17: Unterhaltsleibrente (1)
M und F sind sich darin einig, dass F aus folgenden Gründen kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch zusteht. (Es folgen die Gründe.) Gleichwohl verpflichtet sich M, F eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 2.000 EUR zu zahlen, fällig monatlich im Voraus zum jeweils ersten Kalendertag.
Es besteht Einigkeit, dass M unter folgenden Voraussetzungen berechtigt ist, eine Abänderung dieser Vereinbarung zu verlangen: sein bereinigtes Nettoeinkommen, das insoweit nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln ist, beträgt nur noch 4.000 EUR oder weniger.
Rz. 129
Muster 9.18: Unterhaltsleibrente (2)
Muster 9.18: Unterhaltsleibrente (2)
M verpflichtet sich, F das Doppelte des gesetzlichen Unterhalts zu zahlen.
Variante
M ist berechtigt, diese Vereinbarung mit einer Frist von einem Jahr zu kündigen.
Im Fall der Abänderung oder der Kündigung durch M steht es F frei, einen evtl. dann bestehenden Unterhaltsanspruch geltend zu machen.
Rz. 130
Muster 9.19: Unterhaltsleibrente (3)
Muster 9.19: Unterhaltsleibrente (3)
Ich gewähre, solange ich lebe, Dir auf Deine Lebenszeit eine monatliche Rente von _________________________ EUR.
Variante (RGZ 166, 40, 49)
… die nicht erhöht und gekürzt werden darf.
Rz. 131
Für einen solchen Wunsch kommen nach der Praxiserfahrung vielfältige Gründe in Betracht, insbesondere wenn kein Streit herrscht, sondern die Ehegatten sich noch gut verstehen.
Beispiel
M ist erheblich älter als F, wohlhabend und ohne Erben. F hat sich in der Ehe, etwa durch Pflege oder sonstige Unterstützung in besonderer Weise um M verdient gemacht; usw.
Rz. 132
Bei der Beratung sind vor allem folgende Punkte zu bedenken:
1. Was ist gewollt? Dies sollte im Vertrag eindeutig zum Ausdruck kommen.
Auch den nachstehend darzulegenden Gründen (Vor- und Nachteile) kann es erfahrungsgemäß doch zu späterem Streit darüber kommen, was von den Beteiligten gewollt war.
Im Zweifel – d.h. ohne hinreichende Klarstellung im Vertrag – ist von einer Regelung des gesetzlichen Unterhalts auszugehen. Vereinbarungen über Unterhalt kann im Allgemeinen nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden, dass ein eigenes, vom gesetzlichen Leitbild des Unterhaltsrechts völlig losgelöstes unabhängiges Forderungsrecht begründet werden soll. Für einen derartigen Willen der Vertragsschließenden müssen ausreichende bzw. eindeutige Anhaltspunkte vorliegen. Dies ist ständige und aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
2. Welche Vor- und Nachteile sind damit jeweils verbunden?
Bestimmte gesetzliche Vorteile, wie das begrenzte steuerliche Realsplitting oder das Unterhaltsprivileg des § 33 VersAusglG, können ausschließlich aus dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch generiert werden.
Es ist darauf zu achten, dass die Vereinbarung einer freien Unterhaltsrente nicht so erheblich unter dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch liegt, dass ein Fall der Nichtigkeit nach §§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1, 134 BGB (vgl. § 8 Rdn 9, § 9 Rdn 24 f.).
Der Gegenstandswert eines Streits a...