Leitsatz
Die Abtretung einer Anwaltsgebührenforderung an einen Rechtsanwalt ist ohne Zustimmung des Mandanten wirksam.
Sachverhalt
Ein Rechtsanwalt macht aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren geltend. Die Beklagten bestreiten, der Zedentin, einer anderen Anwaltskanzlei, einen der Forderung zugrunde liegenden Auftrag erteilt zu haben. Sie haben der Abtretung der angeblichen Gebührenforderung nicht zugestimmt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos; seine Revision führte dagegen zur Aufhebung des Urteils des OLG und zur Zurückverweisung der Sache.
Entscheidung
Für die Zeit vor Inkrafttreten des § 49b Abs. 4 BRAO hat der BGH entschieden, dass die Abtretung von Honorarforderungen eines Anwalts ohne Zustimmung des Mandanten in der Regel den objektiven Tatbestand des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt, weil mit der Abtretung die umfassende Informationspflicht des § 402 BGB gegenüber dem neuen Gläubiger verbunden ist. Daher waren solche Vereinbarungen nach den §§ 134, 138 BGB nichtig.
Nach dem seit 1994 geltenden § 49b Abs. 4 BRAO ist ein Rechtsanwalt, der eine Gebührenforderung erwirbt, in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte Rechtsanwalt. Die Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an einen nicht als Rechtsanwalt zugelassenen Dritten ist unzulässig, es sei denn, die Forderung ist rechtskräftig festgestellt worden, ein erster Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen und der Anwalt hat die ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Mandanten eingeholt. Daraus ergibt sich, dass die Abtretung der Honorarforderung an einen anderen Rechtsanwalt ohne Zustimmung des Mandanten allgemein zulässig ist. Der Gesetzgeber hat mit § 49 Abs. 4 BRAO also einen Erlaubnistatbestand geschaffen, der die Strafbarkeit des Zedenten wie auch die zivilrechtliche Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarung ausschließt.
Die Neuregelung ist auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten unbedenklich Sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, obwohl der Gesetzgeber für die Abtretung ärztlicher Honorarforderungen keine entsprechenden Erleichterungen vorgesehen hat. Dies hinderte ihn jedoch nicht, derartige Vorgänge für den Bereich der Anwälte anders und im nunmehr geltenden Umfang zu ermöglichen. Verfassungswidrige Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz liegen nur dann vor, wenn durch die Bildung einer rechtlich begünstigten Gruppe andere Personen von der Begünstigung ausgeschlossen werden und sich für diese Ungleichbehandlung kein angemessener Rechtfertigungsgrund finden lässt. Die Neuregelung sichert dem betroffenen Mandanten eine berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht des Zessionars zu, deren Verletzung mit den in § 114 BRAO vorgesehenen Maßnahmen geahndet werden und zudem Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB auslösen kann. Damit ist ein nach Art und Inhalt sachgerechter und ausreichender Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung für den Mandanten eines Rechtsanwalts sichergestellt. Überdies betreffen Fragen der Gesundheit in der Regel den Bereich der Intimsphäre, während die dem Anwalt offenbarten Tatsachen jedenfalls außerhalb des strafrechtlich bedeutsamen Bereichs meist lediglich wirtschaftliche Interessen berühren. Insoweit ist eine nachvollziehbare Grundlage für die unterschiedliche Behandlung der Abtretbarkeit gegeben. Das OLG muss die Sache jetzt weiter – vor allem unter Verjährungsaspekten – aufklären.
Praxishinweis
Die Entscheidung ist in gleicher Weise auf Angehörige der steuerberatenden Berufe anzuwenden. Der insoweit einschlägige § 64 Abs. 2 StBerG entspricht § 49b Abs. 4 BRAO.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 1.3.2007, IX ZR 189/05