§§ 51, 33 Abs. 1 FamGKG
Leitsatz
Setzt der Unterhaltsgläubiger das Verfahren nach dem Tod des Unterhaltsschuldners gegen die Erben im Wege des Erbersatzanspruchs nach § 1933 S. 3 BGB fort, richtet sich der Verfahrenswert nach dem gegen die Erben gerichteten Antrag.
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 WF 213/20
I. Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte im Scheidungsverfahren vor dem FamG als Folgesache nachehelichen Unterhalt im Wege des Stufenantrags geltend gemacht. Nach Auskunftserteilung hat sie in der Leistungsstufe Unterhaltsansprüche i.H.v. monatlich 3.066,76 EUR + 450,00 EUR = 3.516,76 EUR geltend gemacht. Wenig später verstarb der Ehemann, sodass das Verfahren im September 2009 zunächst ausgesetzt wurde. Mit Schriftsatz vom 17.9.2015 beantragte die Antragstellerin die Aufnahme des Verfahrens wegen nachehelichen Unterhalts und verlangte mit Schriftsatz vom 27.11.2015 schließlich von den Erbinnen Unterhalt für die Zeit ab 1.9.2009. Später schlossen die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Erbinnen verpflichteten, auf den Unterhaltsanspruch 95.000,00 EUR zu zahlen sowie den Fahrzeugbrief für einen im Besitz der Antragstellerin befindlichen Pkw herauszugeben. Das FamG hat sodann den Verfahrenswert auf 42.201,12 EUR (12 x 3.516,76 EUR) und den Mehrwert des Vergleichs auf 6.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen haben Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin Beschwerde erhoben und die Festsetzung eines Verfahrenswertes Berücksichtigung von Unterhaltsrückständen i.H.v. mindestens 80.000,00 EUR begehrt unter oder eine Erhöhung des Mehrwerts um die Differenz aus Zahlbetrag und Verfahrenswert der Unterhaltsforderung. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat den Verfahrenswert auf 99.888,12 EUR festgesetzt.
II. Unterhalt und Erbersatzanspruch sind verschiedene Gegenstände
Die Wertfestsetzung richtet sich nach den für Unterhaltssachen gem. § 231 FamFG geltenden Vorschriften des § 51 Abs. 1 und Abs. 2 FamGKG. Auch Ansprüche nach Auflösung der Ehe gem. § 1586b BGB sind Unterhaltssachen i.S.v. § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. Abzustellen ist hier auf den Antrag vom 27.11.2015. Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt (für den Fall der Scheidung) und der als Erbersatzanspruch ausgestaltete Unterhaltsanspruch nach § 1933 S. 3 BGB sind verschiedene Verfahrensgegenstände. Wurde der Unterhaltsanspruch bis zum Tode des zum Unterhalt verpflichteten Erblassers nicht tituliert, kann der Unterhaltsberechtigte vom Erben die Titulierung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs verlangen und gerichtlich geltend machen. Wegen des Beteiligtenwechsels und der weggefallenen Bedingung der Ehescheidung ist dabei eine Antragsänderung erforderlich. Damit verliert der ursprüngliche Antrag seine Bedeutung. Der über den geänderten Verfahrensgegenstand gestellte Antrag bestimmt somit die Wertfestsetzung. Für diesen Antrag war der Verfahrenswert gem. § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG aus den beantragten Unterhaltsbeträgen für die auf die Antragseinreichung folgenden zwölf Monate festzusetzen (12 x 922,51 EUR = 11.070,12 EUR) zzgl. der ab Juli 2009 bis einschließlich Oktober 2015 aufgelaufenen Unterhaltsrückstände nach § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG von insgesamt 81.193,00 EUR zzgl. des Betrages für die Selbstbeteiligung an den Kosten für Krankenversicherung von 7.625,00 EUR (§ 35 FamGKG). Damit war der Wert auf insgesamt 99.888,12 EUR festzusetzen. Insoweit war das Gericht nicht an den Antrag der Beschwerdeführerin gebunden, sondern konnte auch – wie geschehen – einen höheren Wert festsetzen. Hinzu kam der unstreitige Vergleichsmehrwert i.H.v. 6.000,00 EUR.
III. Bedeutung für die Praxis
Das OLG ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem ursprünglichen Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts für den Fall der Scheidung und dem Erbersatzanspruch auf Unterhalt nach § 1933 S. 3 BGB um zwei verschiedene Verfahrensgegenstände handelt. Das wiederum hätte an sich zur Folge gehabt, dass deren Werte nach § 33 Abs. 1 FamGKG zu addieren gewesen wären. Die Addition nach § 33 Abs. 1 FamGKG setzt nicht voraus, dass die Ansprüche zeitgleich geltend gemacht werden. Eine Addition kam hier aber wegen wirtschaftlicher Identität nicht in Betracht. Maßgebend war daher der Wert des Erbersatzanspruchs, der ja wirtschaftlich den ursprünglichen nachehelichen Unterhaltsanspruch beinhaltete.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 5/2021, S. 239 - 240