RVG VV Nr. 3100, 3307, Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1
Leitsatz
Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr für die Vertretung im gerichtlichen Mahnverfahren auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden streitigen Verfahrens erfolgt lediglich dann, wenn es sich um identische Gegenstandswerte handelt.
OLG München, Beschl. v. 1.3.2013 – 11 W 2357/12
1 Sachverhalt
Das Mahngericht hatte drei Mahnbescheide gegen den Beklagten zu 1) erlassen und zwar in Höhe von 650.000,00 EUR, 800.000,00 EUR und 750.000,00 EUR. Die Antragsteller waren in jedem Verfahren verschiedene Personen.
Nach Widerspruchseingang des Beklagten zu 1) hat das Mahngericht die Sachen zur Durchführung des streitigen Verfahrens an das LG abgegeben.
Die Antragstellerin des Mahnverfahrens über 800.000,00 EUR hatte zwischenzeitlich nach Abtretung der Forderungen aus den beiden anderen Mahnbescheiden an sie und Erweiterung der Klage auf die Beklagte zu 2) ihre Ansprüche begründet und beantragt, die drei Verfahren zu verbinden, was auch das LG durch Beschluss vorgenommen hat.
Während in den Mahnbescheiden noch eine Gesamtsumme von 2,2 Mio. EUR geltend gemacht worden war, belief sich der Zahlungsantrag in der Anspruchsbegründung nur noch auf 1,5 Mio. EUR. Zusätzlich wurde ein Feststellungsantrag geltend gemacht, dessen Streitwert durch das LG auf 100.000,00 EUR festgesetzt worden ist.
Später erhöhte die Klägerin die Klage auf insgesamt 2.498.974,09 EUR.
Nach dem Klage abweisenden rechtskräftigen Endurteil hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagten haben daraufhin die Festsetzung der ihnen zu erstattenden Kosten hinsichtlich der ersten Instanz beantragt. Dabei haben sie für die Höhe der auf die Verfahrensgebühren anzurechnenden Mahngebühren einen Gegenstandswert von zusammen 1,6 Mio. EUR angesetzt.
Die Rechtspflegerin des LG hat die Anrechnung aus einem Gegenstandswert von 2,2 Mio. EUR berechnet und unter Abzug weiterer geltend gemachter Kosten, die jedoch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf 26.860,00 EUR festgesetzt.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss haben die Beklagten sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass die Anrechnung nur "wegen desselben Gegenstands" (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV, Nr. 3307 VV) erfolgen dürfe. Derselbe Gegenstand liege nur im Umfang der Fortsetzung des Streitwerts fort. Die spätere Klageerhöhung habe außer Betracht zu bleiben. Die Klagepartei ist dem entgegengetreten und vertritt die Meinung, dass für die Anrechnung der Wert von 2,2 Mio. EUR zu berücksichtigen sei.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO).
Die sofortige Beschwerde erweist sich auch als begründet.
Nach Nr. 3307 VV entsteht für die Vertretung des Antragsgegners im Mahnverfahren eine Verfahrensgebühr von 0,5. Ferner ist in dieser Vorschrift geregelt, dass die Gebühr auf die Verfahrensgebühr für einen nachfolgenden Rechtsstreit angerechnet wird.
Die jeweiligen Verfahrensgebühren nach Nr. 3307 VV haben die Beschwerdeführer in ihrem Kostenfestsetzungsantrag unter Berücksichtigung des jeweiligen Gegenstandswerts der drei Mahnverfahren zur Festsetzung angemeldet. Insoweit hat die Rechtspflegerin des LG offensichtlich antragsgemäß festgesetzt.
Für die Anrechnung hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bezüglich des Klageverfahrens die Anrechnung nur aus einem Streitwert von 1,6 Mio. EUR vorgenommen, was einen anzurechnenden Betrag von 3.148,00 EUR ergibt.
Nach der Begründung des Kostenfestsetzungsbeschlusses ist davon auszugehen, dass die Rechtspflegerin offensichtlich für die Anrechnung den Gesamtwert der drei Mahnverfahren, nämlich 2,2 Mio. EUR zugrunde gelegt hat und damit auf einen anzurechnenden Betrag von 4.048,00 EUR gekommen ist. Der erste Satz des letzten Absatzes der Gründe des Kostenfestsetzungsbeschlusses ist offensichtlich unvollständig und so nicht verständlich.
Nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 3 VV erfolgt die Anrechnung nach dem Wert des Gegenstands, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist.
Ausweislich der Mahnbescheide haben drei verschiedene Antragsteller den Erlass der Mahnbescheide erwirkt, die nach Widerspruch der Beklagten auf Antrag der Antragsteller an das Streitgericht, nämlich das LG, abgegeben worden sind. Dort hat nur noch eine Antragstellerin den Rechtsstreit fortgeführt, wobei nunmehr nur noch die Summe von 1,5 Mio. EUR als Zahlungsanspruch weiterverfolgt wurde, nachdem zwei Antragsteller ihre im Mahnverfahren geltend gemachte Forderungen dem dritten Antragsteller abgetreten hatten.
Die Rechtshängigkeit ist in allen drei Verfahren nicht mit Zustellung des Mahnbescheides rechtshängig geworden (§ 696 Abs. 3 ZPO), da die Verfahren nicht alsbald nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben worden sind. Die Mahnbescheide waren im Januar 2007 erlassen worden, die Widersprüche waren wenige Tage nach Zustellung der Mahnbeschei...