[Ohne Titel]
Immer wieder und trotz eigentlich in der Zwischenzeit geklärt gemeinter Lage kommt es bei der Antragstellung der Beratungshilfe zu Problemen, wie die dem Autor eingesandten Fälle, die hier behandelt werden, zeigen. Dabei drehen sich die Probleme immer wieder um dasselbe Thema: Ist ein Scan ausreichend? Muss das Original vorgelegt werden? Kann überhaupt eine elektronische Antragstellung erfolgen?
I. Fälle
1. Fall 1
Aus der Praxis wurde ein Fall "rund um die Antragstellung" vorgetragen, der gleich mehrere diskussionswürdige Punkte umfasst.
Augenscheinlich wurde im Rahmen eines Beratungshilfemandates der Anwalt unmittelbar durch den Mandanten aufgesucht und um Beratungshilfe nachgesucht. Der daraufhin notwendige nachträgliche Antrag auf Bewilligung der bereits begonnenen Beratungshilfe wurde dann innerhalb der gesetzlichen Frist nachträglich – elektronisch – beantragt, recht knapp (1 Tag vor Fristablauf) und offensichtlich ohne den im schriftlichen Antragsfall notwendigen Vordruck. Das Gericht beanstandete das Fehlen des notwendigen Formulars und wies auf entsprechende Verwendung hin. Letzteres wurde dann umgehend umgesetzt, jedoch ging der formal richtige Antrag dann 1 Tag verspätet bei Gericht ein. Dieses wies den Antrag daher wegen "Nichtverwendens" des Formulars bzw. wegen verspäteten Eingangs desselbigen zurück. Zugleich wies das Gericht darauf hin, dass es sich beim Antrag auf Beratungshilfe und den erforderlichen Erklärungen um persönliche handele, die nicht mittels der elektronischen Post durch den Anwalt übersandt werden können.
2. Fall 2
Der VerfGH Münster hatte Anfang 2021 über einen ähnlichen Sachverhalt zu entscheiden, nämlich ob die persönlichen Erklärungen des Rechtsuchenden über den elektronischen Rechtsverkehr mit übersandt werden können (hier: das vom Mandanten unterschriebene Formblatt wurde gescannt beigefügt) oder ob es im Original vorgelegt werden muss. Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, bei dem zwar innerhalb der Frist ein Scan des durch den Rechtsuchenden unterschriebenen Antragsformulars vorlag, der Scan dann aber über das beA mit eingereicht wurde. Das entscheidende Gericht sah dies nicht als ausreichend an, denn – so das Gericht – bei gescannten Dokumenten bestünde das Problem nicht zweifelsfreier Zuordnungen der Unterschriften sämtlicher Unterlagen. Der VerfGH Münster wies die Beschwerde als unzulässig (da verfristet und teilweise keine Beschwer) zurück, sagte mithin nichts zum Sachverhalt – die kausale erstinstanzliche Entscheidung des Ganzen erscheint dennoch sehr interessant.
II. Bedeutung für die Praxis
Beide Fälle drehen sich mithin um die – in Zukunft sicher weiter anhaltende – Frage der elektronischen Antragstellung in der Beratungshilfe. Sie beinhalten dabei gleich mehrere komplexe Fragen rund um die Antragstellung. Mithin scheinen beide Entscheidungen auf den ersten Blick eines gemeinsam zu haben: Sie schließen die BerH-Antragstellung auf elektronischem Weg zum Teil aus, verkomplizieren sie aber im besten Fall immens.
Für den Anwalt stellt sich die irritierende Frage: Warum lässt der Gesetzgeber den elektronischen Rechtsverkehr zu, wenn die Gerichte dann – etwa wie bei der Entscheidung des VerfGH Münster – es dann wieder ausschließen? Das entscheidende Gericht begründete dies damit, dass es auch in anderen Bereichen "derzeit" noch zu Medienbrüchen komme.
Mithin stellen sich weitere Fragen: Wann, wie und wo ist der nachträgliche Antrag einzureichen? Muss ein Formular verwendet werden? Falls ein Formularzwang besteht, reicht es, dieses unterschrieben und in Scan-Form beizufügen? Und wie ist mit Sachverhalten umzugehen, in denen der Antrag zwar rechtzeitig, aber nicht formgültig eingeht (Fall 1).
Somit stellt sich noch die grundlegende Frage: Wollte der Gesetzgeber ein solch komplexes Vorgehen oder zielt die Beratungshilfe eigentlich nicht darauf ab, unbürokratischen Schutz "auf die Schnelle" zu gewähren?
Diese Fragen sollen folgend belichtet werden.
III. Formularzwang
Am 8.1.2014 wurde die Beratungshilfeformularverordnung (BerHFV) im Bundesgesetzblatt verkündet. Sie wurde zum 9.1.2014 wirksam und ersetzte die bis dahin gültige Beratungshilfevordruckverordnung (BerHVV). Bei letzterer bestand noch Meinungsverschiedenheit, ob – zumindest, was das Vergütungsformular angeht, – auf den Vordruck bestanden werden konnte, obwohl dieser "offiziell" niemals auf Veränderungen (BRAGO-RVG) angepasst wurde, oder nicht. Seit dem 9.1.2014 ist aber dieser Streit beendet und es sind daher die neuen Vordrucke zwingend bei schriftlicher Antragstellung zu verwenden, § 1 Nr. 1 BerHFV. Dies gilt sowohl für die Antragstellung auf Beratungshilfe an sich, als auch für den Antrag auf Vergütung, allerdings insgesamt nur für natürliche Personen. Allerdings besteht dann kein solcher Vordruckzwang, wenn der Antrag mündlich gestellt wird, was seit dem 1.1.2014 auch im Nachgang möglich ist.
IV. Nachträgliche Antragstellung und Zeitpunkt
Mit dem 1.1.2014 wurde eine nachträgliche...