Auch dieses Heft bietet wieder eine Vielzahl interessanter Entscheidungen.
Bemerkenswert ist die Entscheidung des BGH (S. 114), wonach die Verfolgung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen anlässlich derselben Persönlichkeitsverletzung jeweils eigene Angelegenheit darstellt.
Gleich zweimal hatte sich das OLG Hamburg mit der Terminsgebühr im schriftlichen Verfahren zu befassen (jeweils S. 117). Es hat klargestellt, dass bei einem Anerkenntnisteilurteil die fiktive Terminsgebühr aus dem Teilwert anfällt, selbst wenn hinsichtlich des weiteren Gegenstands kein Tatbestand der Terminsgebühr mehr ausgelöst wird. In der weiteren Entscheidung wird eigentlich eine Selbstverständlichkeit verkündet, nämlich dass bei einer Kostenentscheidung im schriftlichen Verfahren für die Anwälte keine Terminsgebühr anfällt. Erforderlich für die fiktive Terminsgebühr sind ein Verfahren, in dem eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, und eine Entscheidung, die nur aufgrund der Zustimmung der Parteien ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Kostenentscheidungen können aber nach § 128 Abs. 3 ZPO stets im Beschlusswege ergehen und bedürfen daher niemals einer mündlichen Verhandlung.
Auch die berühmte Aktenversendungspauschale findet wieder ihre Berücksichtigung. Trotz des geringen Betrages von 12,00 EUR ist diese Kostenposition ein ständiges Streitthema. Das OLG Köln (S. 120) hat in Abgrenzung zu seiner Entscheidung vom 16.10.2014 (2 Ws 601/14, AGS 2014, 513) klargestellt, dass die Aktenversendungspauschale auch dann verlangt werden kann, wenn die Justiz sich eines privaten Kurierdienstes bedient. Mit der Frage, warum die Justiz die ihr übertragenen Aufgaben nicht selbst durchführt, sondern private Unternehmen beauftragt, hat sich allerdings bisher noch niemand befasst.
Wie widersprüchlich Entscheidungen zu Streit- und Verfahrenswerten sein können, zeigen die Entscheidungen von OLG Köln (S. 123) und OLG Hamm (S. 122). Es geht um die Frage, ob Schonvermögen im Rahmen der Bewertung der Ehesache nach § 43 FamGKG zu berücksichtigen ist. Während das OLG Köln eine Berücksichtigung ablehnt, bezieht das OLG Hamm auch Schonvermögen in die Wertfestsetzung mit ein. Es gibt kaum ein familiengerichtliches Verfahren, das quer durch die Republik so unterschiedlich bewertet wird.
Das OLG Karlsruhe (S. 130) lehnt eine Erhöhung des Verfahrenswertes bei Antragserweiterungen in Unterhaltsverfahren ab (18. Senat). Zwischenzeitlich liegt eine weitere Entscheidung des OLG Karlsruhe (2. Senat) vor, wonach die Antragserweiterung den Verfahrenswert erhöht (zur Veröffentlichung vorgesehen im nächsten Heft). Auch dies zeigt, wie widersprüchlich und wenig kalkulierbar Entscheidungen zum Verfahrensrecht in Familiensachen geworden sind. Wenn noch nicht einmal am selben Gericht Einigkeit besteht, wie soll dann ein Anwalt seinem Mandanten eine verlässliche Kostenprognose geben?
Courage gezeigt hat ein Richter am AG Kehl (S. 148). Nachdem die Staatsanwaltschaft sich geweigert hatte, einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 411 StPO zuzustimmen, und das Gericht die Hauptverhandlung durchführen musste, hat es kurzerhand die dadurch entstandenen Mehrkosten der Staatskasse auferlegt.
Auch der Restwertabzug beim Erledigungswert in Verkehrsunfallregulierungen war wieder Gegenstand zweier Entscheidungen (AG Bad Neuenahr u. AG Norderstedt, jeweils S. 156). Weshalb hier die Haftpflichtversicherer immer noch gegen Windmühlen rennen wollen, ist nicht nachzuvollziehen.
In zwei Entscheidungen weist das OLG Koblenz (S. 151, 152) darauf hin, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für den Berufungsbeklagten zwar notwendig ist, dass der Berufungsbeklagte aber auch glaubhaft machen muss, seinem Anwalt einen entsprechenden Auftrag erteilt zu haben.
Zum Dauerthema der Streitwertfestsetzung bei Widerruf eines Darlehensvertrages findet sich in diesem Heft diesmal keine Entscheidung. Allerdings liegt zwischenzeitlich eine Entscheidung des BGH vom 12.1.2016 (XI ZR 366/15) vor, der einen neuen Bewertungsansatz gefunden hat, nämlich eine Bewertung nach den bis zum Widerruf gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen. Die Entscheidung wird im nächsten Heft veröffentlicht werden.
Autor: Norbert Schneider
Norbert Schneider
AGS 3/2016, S. II