Leitsatz
Der Streitwert eines auf Feststellung gerichteten Antrags, der ausschließlich das Fortbestehen eines Krankentagegeldversicherungsvertrags zum Gegenstand hat, nicht aber eine in die Zukunft gerichtete Leistungspflicht des Versicherers, beträgt das Dreieinhalbfache der Jahresprämie abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 %.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.2.2015 – 8 W 189/15
1 Sachverhalt
Die Klägerin begehrt als Versicherungsnehmerin von ihrem Krankentagegeldversicherer zum einen die Zahlung von 2.500,00 EUR als Versicherungsleistung für den Zeitraum 26.5.2014 bis 6.7.2014 (Zahlungsantrag) und zum anderen die Feststellung, "dass die zwischen den Parteien bestandene Krankentagegeldversicherung auch über den 6.7.2014 zu den bisherigen Bedingungen fortbesteht" (Feststellungsantrag). Zum Streitwert wird in der Klageschrift ausgeführt, der Streitwert sei auf 7.000,00 EUR festzusetzen, wovon 2.500,00 EUR auf den Antrag I. und 4.500,00 EUR auf den Antrag II. entfallen würden. Ein entsprechender Kostenvorschuss in Höhe von 552,00 EUR wurde entrichtet.
Nach Einreichung der Klageschrift hat die zuständige Zivilkammer den Streitwert vorläufig auf 53.600,00 EUR festgesetzt. In der dazugehörigen Verfügung der Kammervorsitzenden heißt es unter Nr. 2: "Weiteren Vorschuss anfordern". Daraufhin hat die Kostenbeamtin mit Sollstellung vom 12.1.2015 veranlasst, dass die Landesjustizkasse eine Vorschussanforderung über weitere 1.446,00 EUR (1.998,00 EUR abzüglich bereits entrichteter 552,00 EUR) ausgebracht hat.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Streitwertbeschwerde vom 20.1.2015 und weist insbesondere darauf hin, dass mit ihrer Klage keine künftigen Leistungen vom Krankentagegeldversicherer beansprucht würden, sondern vielmehr das bloße Fortbestehen des Vertrages zum Streitgegenstand erhoben worden sei (neben dem bezifferten Zahlungsantrag).
Die Zivilkammer hat eine Abhilfe abgelehnt und die Vorlage der Sache an das Beschwerdegericht veranlasst.
2 Aus den Gründen
Das Rechtsmittel der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft als Beschwerde gem. § 67 Abs. 1 S. 1 GKG.
Zwar ist gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung als solche ein Rechtsmittel gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 23.2.2012 – 17 W 5/12, BeckRS 2012, 08649; Hartmann, KostG, 43. Aufl. 2013, § 63 GKG Rn 14). Statthaft ist eine Beschwerde gegen einen vorläufigen Streitwertbeschluss jedoch ausnahmsweise gem. § 63 Abs. 1 S. 2 GKG i.V.m. mit § 67 Abs. 1 GKG dann, wenn die angegriffene Entscheidung zugleich beinhaltet, dass die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird.
Bei einer zugunsten der Klägerin vorgenommenen Bewertung des prozessualen Geschehens trifft dies vorliegend zu.
Die Verknüpfung der weiteren gerichtlichen Tätigkeit mit der vorherigen Zahlung geht im vorliegenden Fall auf eine förmliche Entscheidung des zuständigen Richters zurück. Auf die Bezeichnung der richterlichen Entscheidung als Beschluss oder Verfügung kommt es nicht an, soweit sie inhaltlich erkennen lässt, dass die Streitwertfestsetzung mit einer Vorauszahlungsanordnung verbunden ist (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Aufl., § 67 Rn 1, 3 u. 4).
Vorliegend hat das LG eine prozessuale Situation geschaffen, die die Klägerin als förmliche Verknüpfung der vorläufigen Wertfestsetzung mit einer Kostenanforderung verstehen konnte (und so offenbar auch verstanden hat). Die Anforderung von Kosten findet sich zwar nicht in dem Beschluss selbst. In der Begleitverfügung heißt es aber unter Nr. 2: "Weiteren Vorschuss anfordern".
Damit stellen sich in der Gesamtschau Beschluss und richterlich verfügte Kostenanforderung als eine einheitliche Entschließung dar, mit der die (weitere) gerichtliche Tätigkeit – hier: Zustellung der Klageschrift – von der Zahlung der Gerichtsgebühr aus dem vorläufigen Streitwert abhängig gemacht wurde.
Die Wertfestsetzung des LG ist, soweit sie den Feststellungsantrag betrifft, unzutreffend und deshalb zu ändern.
Die Zivilkammer hat in der angefochtenen Entscheidung – und bestätigend dargelegt im Rahmen der Nichtabhilfeentscheidung – insoweit auf § 9 ZPO abgestellt und ausgeführt, maßgeblich sei der 3,5-fache Jahresbetrag des versicherten Krankentagegeldes (hier: kalendertäglich 50,00 EUR ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit), woraus sich ein Gesamtbetrag von 63.875,00 EUR errechne, so dass sich bei einem Feststellungsabschlag von 20 % hieraus ein Teilstreitwert von 51.100,00 EUR ergäbe.
Dies hält einer Nachprüfung nicht stand.
Wie die Klägerin in ihrer Beschwerdeschrift zu Recht moniert, hat das Prozessgericht Inhalt und Reichweite des Feststellungsantrages nicht genügend beachtet.
Die Klägerin hat in ihrer Klage rückständige Versicherungsleistungen für einen abgeschlossenen Zeitraum (26.5.2014 bis 6.7.2014) geltend gemacht und hierzu vorgetragen, sie sei bis einschließlich 6.7.2014 bedingungsgemäß arbeitsunfähig erkrankt gewesen.
Da die Versicherung vorprozessual mit der Behauptung, ab 26.5.2014 sei bei der Klägerin Berufsunfähigke...