FamGKG §§ 38, 42 Abs. 3
Leitsatz
Erledigt sich ein Stufenantrag, bevor es zur Bezifferung der Leistungsstufe gekommen ist, und fehlen Anhaltspunkte für die Erwartung des Antragstellers zu seinem Leistungsantrag, ist gem. § 42 Abs. 3 FamGKG auf den Auffangwert abzustellen.
OLG Jena, Beschl. v. 27.1.2014 – 3 WF 731/13
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte Stufenantrag auf Auskunft und Zahlung von Unterhalt erhoben. Konkrete Angaben zur Höhe ihres vermeintlichen Unterhaltsanspruchs hatte die Antragstellerin nicht gemacht. Das Verfahren erledigte sich, ohne dass es zur Bezifferung des Leistungsantrags gekommen ist.
Das FamG hat daraufhin den Verfahrenswert lediglich mit dem Auskunftsinteresse bewertet. Ein höherer Wert komme ich in Betracht, da der Leistungsantrag nicht beziffert worden sei. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Da vorliegend nicht nur der Auskunftsantrag, sondern auch der – wenn auch unbezifferte – Leistungsantrag bereits mit der Antragsschrift anhängig gemacht worden ist, ist der Verfahrenswert gem. § 38 FamGKG nach dem höheren Wert eines der verbundenen Ansprüche zu bemessen. Nach der ganz überwiegenden Auffassung in der Lit. und Rspr. (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn 8235 m.w.Nachw. aus der Rspr.) gilt dies auch dann, wenn der Leistungsantrag im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht beziffert worden ist oder wenn die Leistungsstufe im Verfahren für erledigt erklärt worden ist (Schneider/Herget a.a.O. Rn 8236). Der Wert des Leistungsantrags ist dabei nach den Vorstellungen des Antragstellers zum Zeitpunkt der Antragstellung zu bemessen (OLG Celle FamRZ 2008, 2137). Sind ausreichende Anhaltspunkte, die Rückschlüsse auf die Vorstellungen des Antragstellers ermöglichen, nicht erkennbar, ist im Falle mangelnder Bezifferung der Wert des Zahlungsanspruchs gem. § 42 Abs. 3 FamGKG mit dem Auffangwert von 3.000,00 EUR zu bemessen (Schneider-Herget, a.a.O. Rn 8236). Da aus der Antragsschrift vorliegend nicht eindeutig hervorgeht, welche Vorstellungen die Antragstellerin von der Höhe des Leistungsantrags gehabt hat, war der Verfahrenswert hier somit auf 3.000,00 EUR festzusetzen.
3 Hinweis der Schriftleitung
Die Entscheidung ist noch zum FamGKG i.d.F. bis zum 31.7.2013 ergangen. Nach der Neufassung des § 42 Abs. 3 FamGKG i.d.F. ab dem 1.8.2013 gilt ein Auffangwert von 5.000,00 EUR. Der neue Auffangwert ist in allen Verfahren anzuwenden, in denen die Instanz nach dem 31.7.2013 eingeleitet worden ist (§ 63 FamGKG).
4 Anmerkung
Kommt es nicht mehr zur Bezifferung der Leistungsstufe, muss für diese dennoch ein Wert angesetzt werden, weil der Leistungsantrag mit Einreichung des Stufenverfahrens bereits anhängig geworden und die Bewertung gem. § 34 FamGKG zu diesem Zeitpunkt vorzunehmen ist. Die Gegenansicht, die in diesen Fällen nur den Wert der Auskunftsstufe berechnen will, ist gesetzeswidrig und verkennt das Wesen des Stufenverfahrens. Der Leistungsantrag wird von Beginn des Verfahrens an unbedingt gestellt und nicht etwa als Eventualantrag. Es ist deshalb unerheblich, ob er beziffert wird und das Gericht über ihn entscheidet. Möglich ist, dass sich die Beteiligten vor Bezifferung einigen, oder auch der Fall, dass das Gericht "durchentscheidet" und den Antrag insgesamt abweist, weil feststeht, dass ein Leistungsanspruch in jedem Fall auch unabhängig von der geltend gemachten Auskunft nicht in Betracht kommt. Auch dann ist der volle Wert des zu erwartenden Leistungsantrags maßgebend. Fraglich ist allerdings, ob eine solche Entscheidung zulässig wäre, weil in Familienstreitsachen ein Gericht über einen Antrag, über den noch nicht verhandelt worden ist, auch nicht entscheiden darf (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 ZPO).
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz
AGS 7/2014, S. 338