Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 3 WEG, § 5 WEG, § 242 BGB
Kommentar
1. Kraft vorausgegangener Gerichtsentscheidungen musste ein Teileigentümer im Souterrain einen sondereigentumsinnenseitig gelegenen Zugang zu einer gemeinschaftlichen Heizzentrale freigeben. Nachträglich errichtete er jedoch auf eigene Kosten eine außenseitige Zugangstreppe zu diesem Gemeinschaftsraum; diese weitere Baumaßnahme wurde auch von allen Eigentümern in einer Versammlung akzeptiert. Daraus sei auch für alle Beteiligten erkennbar gewesen, dass der klagende Teileigentümer damit bezweckt habe, sich sein Sondereigentum am Flur zu erhalten bzw. wieder zu verschaffen.
2. Der Kläger hat gegen die restlichen Eigentümer als Beklagte gem. § 242 BGB einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Flures innerhalb seiner Sondereigentumseinheit, weil dieser nun nicht mehr als Zugang zu gemeinschaftlichen Einrichtungen benötigt werde. Dabei wird nicht verkannt, dass die auf Treu und Glauben gestützte Generalklausel des § 242 BGB keinen Rechtssatz mit deskriptiven Tatbestandsmerkmalen beinhaltet und deshalb für sich genommen außerhalb von Gesetz und Vertrag grundsätzlich keine Anspruchsgrundlage liefern kann. Jedoch ist anerkannt, dass diese Generalklausel neben anderen Funktionskreisen innewohnender Korrekturfunktion dazu dient, eine Anpassung der rechtlichen Verhältnisse an wesentliche Veränderungen der tatsächlichen Umstände zu ermöglichen, um so als ultima ratio den Fällen Rechnung zu tragen, in denen einer Partei das unveränderte Festhalten an der bestehenden rechtlichen Regelung nicht zugemutet werden könne. Im Anwendungsbereich der zu § 242 BGB entwickelten Grundsätze über das Fehlen bzw. den Fortfall der Geschäftsgrundlage kann deshalb im Einzelfall ein zwingendes Bedürfnis nach Angleichung an eine tatsächliche Entwicklung sowohl zu einer anderweitigen Beurteilung der dinglichen Rechtslage führen, als auch einen schuldrechtlichen Anspruch auf Ausgleich bzw. Anpassung an die veränderten Verhältnisse zur Entstehung bringen (h.M., vgl. auch BGH, NJW 89, 1991). Der streitgegenständliche Flur hat nunmehr seine Bedeutung für Gemeinschaftszwecke dadurch verloren, dass der Kläger zwischenzeitlich einen separaten, gem. § 93 BGB im Gemeinschaftseigentum stehenden Zugang zu den Heizungsräumen geschaffen hat. Dieser Zugang ist nach Auffassung des Senats eine annähernd gleichwertige, jedenfalls aber zumutbare Alternative zu dem früheren Flur innerhalb des Sondereigentums des Klägers. Schwerwiegend fällt auch ins Gewicht, dass der Kläger durch die derzeit bestehende Regelung in der Nutzung seines Sondereigentums nachhaltig gestört wird, weil dieses keine abgeschlossene Einheit mehr bildet.
Link zur Entscheidung
( OLG Köln, Urteil vom 13.04.1999, 15 U 148/98= ZMR 11/1999, 785)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung
Anmerkung:
Die klare Anspruchsgrundlage für den zu Recht als begründet erachteten Anspruch hätte auch aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis unter Miteigentümern, dokumentiert auch in § 14 WEG, abgeleitet werden können, also nicht über den Umweg einer zweifelhaften Anspruchsgrundlage direkt aus (?) bzw. über § 242 BGB.