Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrag zugunsten Dritter
Leitsatz (redaktionell)
Wird den Arbeitnehmern in einem Vertrag zwischen der bisherigen Arbeitgeberin und der Übernehmerin das Wahlrecht eingeräumt, ob anstelle der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst eine konkret bestimmte andere Vergütungsordnung Anwendung finden soll oder nicht, stellt dies selbst dann keinen unzulässigen Vertrag zu Lasten der Arbeitnehmer als Dritte dar, wenn diese Regelung in der Zukunft zu einer Verschlechterung der bisherigen tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen führen kann.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 328 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Vergütung.
Der Kläger ist von dem Rechtsvorgänger der Beklagten, dem Landkreis G…, zum 1. April 1982 in dem damaligen Kreiskrankenhaus K… eingestellt worden. Der Landkreis G… war mittelbar Mitglied der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). In § 2 des Arbeitsvertrages vom 8. April 1982 ist bestimmt:
“Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen …”
§ 4 des Arbeitsvertrages weist die Eingruppierung in VergGr. Kr. V BAT-VKA aus.
Mit Stichtag vom 1. August 1998 ging das bisherige Kreiskrankenhaus K… auf Grund des am 31. Juli 1998 abgeschlossenen Kaufvertrages auf die Beklagte über, die nicht mittelbar Mitglied der VKA ist. Dem lag das notarielle Verkaufsangebot des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 15. April 1997 nach Maßgabe des diesem als Anlage beigefügten Klinikkaufvertrages zu Grunde. § 8 Ziff. 8.4 dieses Vertrages lautet:
“Die Käuferin sichert zu, daß den Mitarbeitern hinsichtlich der Entgelttarife die Wahl gestellt wird, ob die bisherige Vergütungsstruktur (BAT-Kommunal, BMT-GII) beibehalten werden soll oder ob die A… Arbeits- und Sozialordnung oder ein Tarif gemäß dem Verband der Privaten Krankenanstalten eingeführt werden soll. … Eine eventuelle Änderung der Tarifstrukturen wird nur gemeinsam und nach Zustimmung des dann amtierenden Betriebsrates durchgeführt.”
Zu § 8 Ziff. 8.4 des – beabsichtigten – Kaufvertrages bat der Personalrat mit Schreiben vom 8. Juli 1998 den Rechtsvorgänger der Beklagten um Nachverhandlungen unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Marburger Bundes zu dieser Regelung. Daraufhin nahm die Beklagte mit Schreiben vom 27. Juli 1998 an den Landrat und die benannten Personalratsvorsitzenden eine “Klarstellung zu § 8 des Kaufvertrages” vor. Mit der notariellen Vereinbarung vom 31. Juli 1998 nahm die Beklagte “das nach Maßgabe dieser Urkunde erneut abgeänderte Angebot vom 15. April 1997 mit den Ergänzungen und Korrekturen vom 22. August 1997” an. In § 4 “Vertragsänderungen/-Ergänzungen” dieser Vereinbarung ist unter Ziff. 3 bestimmt:
“Ergänzend zu § 8 Ziffer 8.4 der Urkunde vom 15.04.1997 wird klargestellt, daß die für den Landkreis am Stichtag geltenden Tarifverträge (BAT-Kommunal, BMT-G II) sowie die diese ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge anzuwenden sind.”
Nach dem Übergang des Betriebes zum 1. August 1998 hat die Beklagte jedenfalls mit einigen neu eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsverträge mit einer dynamischen Bezugnahme auf den BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen vereinbart.
Die Beklagte hat die Erhöhungen der Vergütung durch Vergütungstarifvertrag Nr. 33 zum BAT für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) vom 5. März 1999 (VTV Nr. 33) und durch den VTV Nr. 34 vom 30. Juni 2000 an den Kläger weitergegeben. Die Tariferhöhung des VTV Nr. 35 vom 31. Januar 2003 hat die Beklagte nicht zugunsten des Klägers umgesetzt.
Mit seiner Klage wehrt sich der Kläger gegen diese Nichtweitergabe der Tariferhöhung. Er hat die Auffassung vertreten, bei § 2 des Arbeitsvertrages handele es sich um eine dynamische Bezugnahme auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge und nicht um eine bloße Gleichstellungsabrede. Zudem habe die Beklagte im Rahmen der Vertragsverhandlungen und in dem Klinikkaufvertrag erklärt, dass die Tarifverträge dynamisch weitergelten sollen. Das ergebe sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 27. Juli 1998 und aus § 4 Ziff. 3 der notariellen Vereinbarung vom 31. Juli 1998. Insoweit handele es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter.
Der Kläger hat entsprechend einer vom Arbeitsgericht angeregten Klageänderung zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Beklagte weiterhin – auch über den 31. Dezember 2002 hinaus – verpflichtet ist, dem Kläger unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages in seiner jeweils gültigen Fassung die Vergütung zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die dynamische Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages als Gleichstellungsabrede auszulegen sei. Eine solche Abrede wirke bei einem Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber nur statisch fort. Besondere Umstände, die eine abweichende Auslegung rechtfertigten, lägen nicht vor. Im Übrigen ergebe sich weder aus den gewechselten Schreiben noch aus dem Klinikkaufvertrag die dynamische Fortgeltung der Klausel. Ein Vertrag zugunsten Dritter liege nicht vor. Zudem würde die Vereinbarung einer dynamischen Bezugnahme auf den BAT einen – unzulässigen – Vertrag zu Lasten Dritter bedeuten. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die hiervon betroffenen Mitarbeiter mit dem Schreiben vom 8. August 2000 darauf hingewiesen, dass die Übernahme des VTV Nr. 34 erfolge “ohne Rechtsanspruch und ohne daß hieraus eine künftige Leistungsgewährung entstehen oder gefordert werden” könne.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen mit der Maßgabe, “dass festgestellt wird, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die einschlägigen Bestimmungen der §§ 2 ff. des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 (vom 31.01.2003) zum BAT für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) Anwendung finden”. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der VTV Nr. 35 Anwendung findet.
I. Die Anwendbarkeit des VTV Nr. 35 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ergibt sich aus § 4 Ziff. 3 der notariellen Vereinbarung zwischen der Beklagten und derem Rechtsvorgänger, dem Landkreis G…, vom 31. Juli 1998 als Vertrag zugunsten Dritter. Das ergibt die Auslegung dieser Vereinbarung.
1. Der Inhalt der Regelung in § 4 Ziff. 3 der Vereinbarung vom 31. Juli 1998 ist gem. §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln (vgl. BAG 6. Februar 1974 – 3 AZR 232/73 – AP BGB § 133 Nr. 38 = EzA BGB § 133 Nr. 8; 15. März 2005 – 9 AZR 97/04 –, zu I 2 der Gründe). Maßgebend ist der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BAG 27. August 1970 – 2 AZR 519/69 – BAGE 22, 424). Die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt (BAG 25. Oktober 2000 – 4 AZR 506/99 – BAGE 96, 177, 185, zu II 2d der Gründe). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind schließlich auch der von den Arbeitsvertragsparteien verfolgte Regelungszweck (vgl. BAG 22. November 1994 – 3 AZR 335/94 – AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 69) sowie die Interessenlage der Beteiligten (vgl. BAG 15. September 2004 – 4 AZR 9/04 – AP BGB § 157 Nr. 29 = EzA BGB 2002 § 779 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I 1b bb (2) der Gründe).
2. Schon der Wortlaut der Vereinbarung vom 31. Juli 1998 spricht dafür, dass den übernommenen Mitarbeitern des Krankenhauses die dynamische Weitergeltung der bisherigen Vergütungstarifverträge eröffnet werden sollte.
Das ergibt sich zwar noch nicht zwingend aus der Formulierung in § 8 Ziff. 8.4 des dem notariellen Kaufangebot des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 15. April 1997 beigefügten Kaufvertragsentwurfs. Dort war den Mitarbeitern lediglich die Wahl zwischen der bisherigen Vergütungsstruktur, der A… Arbeits- und Sozialordnung und den Tarifverträgen des Verbandes der Privaten Krankenanstalten zugesichert worden. Aus der Formulierung “bisherige Vergütungsstruktur” lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob damit die statische oder dynamische Weitergeltung der bisherigen tariflichen Vergütung gemeint war. Für eine dynamische Anwendbarkeit spricht aber immerhin der Umstand, dass die alternativ genannten Vergütungsordnungen der A… Arbeits- und Sozialordnung und der Tarifverträge des Verbandes der Privaten Krankenanstalten keinen Zusatz erhalten, der als Beschränkung im Sinne der statischen Anwendbarkeit gedeutet werden könnte. Bereits daraus lässt sich schlussfolgern, dass alle zur Wahl gestellten Vergütungsordnungen dynamisch zur Anwendung kommen sollten.
Dass die dynamische Anwendbarkeit der Vergütungstarifverträge zum BAT zugesichert werden sollte, ergibt sich aber jedenfalls aus § 4 Ziff. 3 der maßgeblichen Vereinbarung vom 31. Juli 1998, durch die die Regelung in § 8 Ziff. 8.4 der Urkunde vom 15. April 1997 ausdrücklich ergänzend klargestellt werden sollte, und zwar dahin gehend, dass “die für den Landkreis am Stichtag geltenden Tarifverträge (BAT-Kommunal, BMT-G II) sowie die diese ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge anzuwenden sind”. Die Einbeziehung der ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge bedeutet die Zusicherung der dynamischen Anwendbarkeit. Dem steht nicht entgegen, dass nicht wie sonst bei einer dynamischen Bezugnahme üblich auch die “ändernden” Tarifverträge ausdrücklich einbezogen worden sind. Wenn die ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge angewendet werden sollen, kann man nicht unterstellen, die typischerweise weniger einschneidenden Entwicklungen der tariflichen Regelung durch Tarifänderungen sollten in ihrer Geltung ausgeschlossen sein. Im Übrigen geht es vorliegend auch nicht um eine Änderung eines den BAT ergänzenden VTV, sondern um die Ersetzung des jeweils vorliegenden VTV durch einen neuen. Auch aus der Formulierung, dass die “am Stichtag”, dh. gem. § 5 der Vereinbarung am 1. August 1998, geltenden Tarifverträge Anwendung finden sollen, ergibt sich nichts anderes. Dadurch werden lediglich die – dynamisch – anwendbaren Tarifverträge abschließend bestimmt, nicht die durch die weiteren Formulierungen zum Ausdruck gekommene dynamische Anwendbarkeit dieser Tarifverträge in Frage gestellt. Gerade das Nebeneinander der am “Stichtag” geltenden Tarifverträge und der diese ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge verdeutlicht den im Kaufvertrag zum Ausdruck gekommenen Willen, dass die genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung gelten sollen.
3. Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem auch in den Vertragsverhandlungen unter Beteiligung des Personalrats und des Marburger Bundes zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien. Der Personalrat hatte in dem Schreiben an den Rechtsvorgänger der Beklagten vom 8. Juli 1998 unter Berufung auf die beigefügte Stellungnahme des Marburger Bundes beanstandet, dass nach der bisherigen Fassung des Kaufvertrages der Beklagten die Möglichkeit eröffnet gewesen sei, den BAT nicht in vollem Umfang, dh. ohne die diesen ergänzenden oder ersetzenden Zusatztarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden, und hatte insoweit Nachverhandlungen gefordert. In der Stellungnahme des Marburger Bundes wurde darauf hingewiesen, dass durch die bisherige Formulierung nicht gesichert sei, dass durch die Übernahme die zu diesem Zeitpunkt beschäftigten Mitarbeiter nicht schlechter gestellt würden, sowohl hinsichtlich der die Vergütung als auch hinsichtlich der die sonstigen Arbeitsbedingungen regelnden Tarifverträge. Dem entsprechend hat der Marburger Bund eine Formulierung vorgeschlagen, die die dynamische Einbeziehung des BAT und der diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge sicherstellen sollte. In dem Antwortschreiben der Beklagten vom 27. Juli 1998 wurde vorrangig klargestellt, dass nicht ausschließlich die Entgelttarifverträge, sondern auch die übrigen Bestimmungen des BAT übernommen werden sollten. Dass die dynamische Anwendbarkeit dieser Tarifverträge abgelehnt werde, bringt die Beklagte nicht zum Ausdruck. Durch diese Umstände vor Abschluss der Vertragsverhandlungen wird bestätigt, dass mit der Klarstellung zu § 8 Ziff. 8.4 der Urkunde vom 15. April 1997 in § 4 Ziff. 3 der Vereinbarung vom 31. Juli 1998 die dynamische Anwendbarkeit auch der Vergütungstarifverträge zugesichert werden sollte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die von dem Marburger Bund vorgeschlagene Formulierung nicht wörtlich übernommen worden ist. Die abschließende Regelung ist nicht durch eine neue Formulierung des § 8 Ziff. 8.4 des Kaufvertrages erfolgt, sondern durch eine lediglich ergänzende Klarstellung zu dieser Regelung.
4. Für einen auf eine dynamische Anwendung der Vergütungstarifverträge zum BAT gerichteten Vertragswillen der Beklagten spricht schließlich auch der Umstand, dass sie zumindest eine tarifvertragliche Gehaltserhöhung, die durch den VTV Nr. 33, nach dem Betriebsübergang ohne jeden Vorbehalt weitergegeben hat.
5. Aus der Zusicherung der dynamischen Anwendbarkeit auch der Vergütungstarifverträge zum BAT kann der Kläger unmittelbar Rechte herleiten, weil es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 Abs. 1 BGB handelt und nicht nur um eine schuldrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Rechtsvorgänger ohne unmittelbare rechtliche Wirkungen zugunsten der Mitarbeiter. Das ergibt sich schon aus § 8 Ziff. 8.4 der Urkunde vom 15. April 1997, die den Mitarbeitern unmittelbar ein Wahlrecht zwischen der bisherigen tariflichen Vergütung und alternativen Vergütungsordnungen einräumt. Auch die klarstellende Ergänzung in der Vereinbarung vom 31. Juli 1998, die auf Veranlassung der Arbeitnehmerseite in den Vertrag aufgenommen worden ist, regelt die Anwendung der bisherigen Tarifverträge und damit unmittelbar die vertraglichen Ansprüche der Mitarbeiter auf eine entsprechende Vergütung.
II. Die Bedenken der Beklagten gegen die Wirksamkeit der Regelung als Vertrag zugunsten Dritter sind nicht begründet.
1. Zwar können durch einen Vertrag keine Lasten für nicht am Vertrag beteiligte Dritte begründet werden (vgl. Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 14/99 – BAGE 93, 328, zu II 3b bb der Gründe). Deshalb kann zweifelhaft sein, ob ohne Zustimmung des Arbeitnehmers durch einen Vertrag, an dem er nicht beteiligt war, die dynamische Anwendbarkeit eines Tarifvertrages oder Tarifwerkes vereinbart werden kann. Dagegen spricht nicht nur, dass Tarifverträge in der Regel auch Pflichten des Arbeitnehmers begründen, die nicht ohne weiteres im Sinne einer Gesamtbewertung von begünstigenden und benachteiligenden Regelungen außer Acht gelassen werden können. Hinzu kommt, dass Tarifverträge auch zu Lasten der Arbeitnehmer geändert werden können und somit die Möglichkeit einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen eröffnet wird, die arbeitsvertraglich nicht gegeben ist, sondern einer Änderungsvereinbarung oder wirksamen Änderungskündigung bedarf.
2. Diese Bedenken treffen indes nicht den vorliegenden Fall. Denn hier geht es nicht um eine erstmalige Unterwerfung des Arbeitsverhältnisses unter die Bedingungen eines Tarifvertrages oder Tarifwerkes durch einen Vertrag, an dem der Mitarbeiter nicht beteiligt ist, sondern um die Sicherung der bisherigen dynamischen Anwendbarkeit der Tarifverträge trotz des Betriebsüberganges, der zu einer nur statischen Anwendbarkeit der Tarifverträge führen könnte. Darüber hinaus ist den Mitarbeitern in § 8 Ziff. 8.4 des Kaufvertrages ein Wahlrecht eingeräumt worden. Ihnen wird so die dynamische Weitergeltung der bisher geltenden Tarifverträge nicht aufgezwungen. Ein Vertrag, der den Mitarbeitern als Dritten das Recht gibt zu wählen, ob ein Tarifwerk weiter angewendet wird oder nicht, begründet keine Verpflichtung oder Belastung des Arbeitnehmers. Gegen seine Wirksamkeit als Vertrag zugunsten Dritter bestehen daher keine Bedenken.
III. Da sich die Begründetheit der Klage bereits aus einem Vertrag zugunsten Dritter ergibt, kommt es nicht darauf an, ob sich die Anwendbarkeit des VTV Nr. 35 auch, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, aus sonstigen Rechtsgründen ergibt. Es kann deshalb dahinstehen, ob die von dem Kläger angestrebte Rechtsfolge auch der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages vom 8. April 1982 entnommen werden kann. Ebenso wenig muss der Frage nachgegangen werden, ob es zu einem konkludenten Vertragsschluss unter Beteiligung des Klägers und der Beklagten gekommen ist, nach dem die vertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge auch nach dem Betriebsübergang in jedem Falle dynamisch wirken soll.
IV. Die Beklagte rügt zu Unrecht die Auslegung des Antrags des Klägers durch das Landesarbeitsgericht.
Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, das Klageziel bestehe darin, dass die Anwendbarkeit des VTV Nr. 35 auf das Arbeitsverhältnis festgestellt werde. Das sei der Gesamtheit des Vorbringens in den beiden Tatsacheninstanzen zu entnehmen. Dem entsprechend hat es die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, “dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die einschlägigen Bestimmungen der §§ 2 ff. des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 (vom 31.01.2003) zum BAT für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) Anwendung finden”. Zwar wird durch diese Auslegung des Klageantrags dessen Inhalt gegenüber dem Wortlaut auf die Feststellung der Anwendbarkeit des VTV Nr. 35 beschränkt. Der Kläger hat diese Auslegung aber nicht beanstandet. Soweit die Beklagte diese einschränkende Auslegung als fehlerhaft rügt, ist sie nicht beschwert. Es ist unzutreffend, dass bei anderer umfassenderer Auslegung des Antrags dahin, es sei die Feststellung angestrebt, der BAT und die diesen ergänzenden Tarifverträge, insbesondere die Vergütungstarifverträge seien in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden, kein Vertrag zugunsten Dritter hätte angenommen werden können. Die Zulässigkeit eines Vertrages zugunsten Dritter hängt davon ab, auf welche Rechtsfolgen die Vereinbarung gerichtet ist, nicht davon, welche Ansprüche der Begünstigte klageweise geltend macht.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Bott, Wolter, Hardebusch, Ohnesorg
Fundstellen