Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Lärmschutzregelungen im Planfeststellungsbeschluß beim Bau eines Flughafens; Anforderungen an Klageantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den notwendigen Lärmschutzmaßnahmen bei der Planung eines Verkehrsflughafens (München II).
2. Zur Erweiterung von Planergänzungsanträgen nach rechtskräftigem Abschluß des Planaufhebungsverfahrens.
3. Bei der Bestimmung der Zumutbarkeit von Fluglärm im Einzelfall sind tatsächliche und plangegebene Vorbelastungen, nicht jedoch die Gebietskategorie zu berücksichtigen. Bei der tatsächlichen Vorbelastung ist zwischen gleichartigen und ungleichartigen Lärmquellen zu unterscheiden.
4. Aktiver Fluglärmschutz durch Betriebsbeschränkungen hat zwar Vorrang vor passivem Schutz und Entschädigungszahlungen. Im Regelfall ist es jedoch nicht zulässig, allgemeine nationale oder internationale Flugbetriebsregelungen für einen einzelnen Verkehrsflughafen zu verschärfen oder Kapazitätsbeschränkungen unterhalb der tatsächlichen Kapazität zu verfügen. Zu der beim Flughafen München II bestehenden Ausnahmesituation.
5. Beim passivem Fluglärmschutz hat sich die Abgrenzung der Schutzgebiete vorrangig an dem für die einzelnen Aufenthaltsräume anzustrebenden Schutzziel zu orientieren.
Der Ausschluß fluglärmbedingter Spitzenpegel von über 55 dB(A) im Rauminneren ist als Schutzziel für den Tagschutz und den Nachtschutz ausreichend.
Das Tagschutzgebiet ist dementsprechend durch folgende Kombination von Außenpegeln zu begrenzen: 55 dB(A) Dauerschall und 72 dB(A) Spitzenschall (mit zugelassener 16maliger Überschreitung am Tag).
6. Der Schutz vor nächtlichem Fluglärm hat den Schutz vor lärmbedingtem Aufwachen zum Ziel. Er dient ferner den einschlafenden und den in der Nacht wachenden Menschen.
Vor allem aus den letzteren Gründen ist in der Nacht weniger Fluglärm zulässig als am Tage. Entsprechend der Rechtsprechung und den Richtlinien zum Straßenverkehrslärm soll die Differenz beim Dauerschallpegel 10 dB(A) betragen.
Deshalb sind - neben dem passiven Nachtschutz - Nachtflugbeschränkungen notwendig, und zwar in zeitlicher Hinsicht, bezüglich der Lärmemissionen und bezüglich eines vorzusehenden Nachtflugkontingents, nicht jedoch vollständige Nachtflugverbote.
7. Grundlage für einen Entschädigungsanspruch wegen Fluglärms (Art 74 Abs 2 S 3 BayVwVfG (VwVfG BY) sind Grundstücksminderwerte.
Da Preisschwankungen in gewissen Grenzen in das Risiko der Grundstückseigentümer fallen, können Minderwerte in diesen Grenzen entschädigungsfrei bleiben.
Erhöhungen des Grundstückspreisniveaus, die unmittelbar durch die Flughafenplanung verursacht wurden, sind mit den Minderwerten zu verrechnen (Vorteilsausgleichung).
Zu den Einzelheiten des Entschädigungsanspruchs und des Entschädigungsverfahrens.
8. Gemeindliches Eigentum ist grundsätzlich nicht weniger gegen Fluglärm zu schützen als privates. Grundstücksminderwerte sind jedoch nur bei fiskalischem Eigentum der Gemeinden zu entschädigen.
Normenkette
LuftVG § 9 Abs. 2; VwVfG BY Art. 74 Abs. 2; VwVfG BY Art. 74 Abs. 3
Verfahrensgang
VG München (Entscheidung vom 27.05.1981; Aktenzeichen MF 00048-5 K) |
Fundstellen
Haufe-Index 543732 |
DVBl. 1990, 114 |