Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hebammenhilfe. Abrechnung von Leistungen durch Hebammengemeinschaften
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Rechtsgrundlage für die Abrechnung der Leistungen "Hilfen bei Schwangerschaftsbeschwerden oder bei Wehen" und "Cardiotokographische Überwachung".
2. In den im streitigen Zeitraum anzuwendenden Abrechnungsregelungen (2011 bis 2015) ist auch die Abrechnung von Leistungen der Hebammenhilfe durch Hebammengemeinschaften vorgesehen.
3. Zum Vorliegen der Voraussetzungen einer Hebammengemeinschaft iSd Vertrages über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V.
4. Bei der Erbringung der Leistung durch eine Hebammengemeinschaft ist eine Abrechnung von Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung, die innerhalb des maßgebenden Zeitraums der Geburtspauschalgebühr erbracht worden sind, mit der Argumentation, die Versicherte sei von zwei unterschiedlichen Hebammen behandelt worden, nicht möglich.
Normenkette
SGB V § 134a; BGB §§ 288, 705; SGG § 197a; VwGO § 154 Abs. 1; GKG § 52 Abs. 3
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.030,77 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein weiterer Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 5.030.77 Euro nebst Zinsen und einer Verzugspauschale in Höhe von 600,- Euro streitig.
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum als freiberufliche selbstständige Hebamme an der Klinik K. tätig. Die Tätigkeit als Beleghebamme beruht nach den Ausführungen der Klägerin auf einem mit der Klinik geschlossenen Belegvertrag.
Die in der Klinik K. tätigen Hebammen schlossen auf einem Vertragsformular mit den Patientinnen einen Behandlungsvertrag, der folgenden Inhalt hat (Mustervertrag):
"1.
Die aufgeführten Hebammen sind jeweils freiberuflich als Beleghebammen am Krankenhaus XXX/Klinik tätig. Jede der aufgeführten Hebammen handelt selbstständig und eigenverantwortlich.
Da die Hebammen Einsatz- und Vertretungspläne vereinbart haben, ist eine ausschließliche Inanspruchnahme einer Hebamme nicht gewährleistet. Aus diesem Grund ist es denkbar, dass verschiedene Hebammen die Leistungen an der Patientin bzw. dem Neugeborenen erbringen.
Jede Hebamme schließt mit der Patientin einen eigenen Behandlungsvertrag ab. Die erst-behandelnde, unterzeichnende Hebamme vertritt die jeweils aufgeführten weiteren Hebammen. Jede der Hebammen ist zur Unterzeichnung dieses Behandlungsvertrages bevollmächtigt.
2.
Die Patientin nimmt die Hilfe der jeweils tätigen Hebammen in Anspruch. Hält die Hebamme die Zuziehung einer zweiten Hebamme zur Geburt für erforderlich, so kann eine zweite Hebamme hinzugezogen werden.
Die Leistungen, welche die jeweilige Hebamme erbringt, werden der Patientin bzw. der Krankenkasse nach ihrer Betreuung in Rechnung gestellt. Die Rechnung ist sofort zur Zahlung fällig, spätestens vier Wochen nach Rechnungsdatum. Die Rechnung ist zu bezahlen, unabhängig von einer Erstattung an die Patientin durch die Krankenkasse bzw. Beihilfe. Zur Vermeidung mehrerer Rechnungsstellungen können die Leistungen der einzelnen Hebammen in einer einheitlichen Rechnung berechnet und bekannt gegeben oder an eine Hebamme abgetreten werden.
Sollte die von der Patientin angegebene Krankenkasse oder (Zusatz-) Versicherung - gleich aus welchem Grund - die Kosten für die Behandlung der Hebamme nicht bezahlen, verpflichtet sich die Patientin, die anfallenden Kosten fristgemäß selbst zu übernehmen. Gleichzeitig tritt die Patientin ihre Ansprüche auf Kostenerstattung gegen die Krankenkasse oder (Zusatz-) Versicherung aus diesem Behandlungsvertrag an die Hebamme ab, welche die Abtretung annimmt.
Die Patientin erklärt sich ausdrücklich einverstanden, dass zur Abrechnung mit der Krankenkasse eine von der Hebamme beauftragte Abrechnungsstelle unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingeschaltet werden kann.
Die Leistungen der Hebamme werden nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften für gesetzlich und/oder privat Versicherte in ihrer jeweils aktuellen Fassung abgerechnet.
Die Patientin erklärt sich mit einer Abrechnung auf Basis des beihilfefähigen Gebührensatzes einverstanden (gilt nur bei Selbstzahler oder Privatversicherte!).
Das Krankenhaus XXX/Klinik sowie hinzugezogene, behandelnde Ärzte bzw. ärztlich geleitete Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses berechnen ihre Leistungen gesondert.
3.
Sollte die Patientin oder das Neugeborene einen Schaden erleiden, den eine der aufgeführten Hebammen schuldhaft verursacht hat, haftete nur diese für etwaige berufliche Fehler nach den gesetzlichen Bestimmungen. Eine Inanspruchnahme der übrigen Hebammen ist ausgeschlossen.
Soweit während der Geburt eine Ärztin/ein Arzt hinzugezogen bzw. ein Krankentransport tätig wird, entsteht zu dieser ein selbstständiges Vertragsverhältnis; die Hebammen haften nicht für die ärztlichen ...