Leitsatz
Kernproblem des vom OLG Brandenburg entschiedenen Sachverhalts war die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Befristung des Ehegattenunterhalts angesichts einer 18-jährigen Ehedauer und der Betreuung zweier minderjähriger Kinder während der Ehe nach § 1573 Abs. 5 BGB zulässig ist.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Juni 1985 geheiratet und sodann im Gebiet der ehemaligen DDR gelebt. Aus ihrer Ehe waren zwei zwischenzeitlich volljährige Söhne, geboren in den Jahren 1984 und 1988, hervorgegangen. Die Trennung der Eheleute erfolgte Ende 2001/Anfang 2002.
Der Ehemann war als Vulkaniseur tätig. Er lebte in NRW, wo er bereits seit 1992 arbeitete. Die Ehefrau arbeitete als kaufmännische Angestellte und lebte in Hessen. Die Parteien waren zu je 1/2 Eigentümer eines Hausgrundstücks, in der sich auch die frühere Ehewohnung befand, aus der die Ehefrau Ende 2005 ausgezogen war.
Auf den am 8.8.2003 zugestellten Ehescheidungsantrag des Ehemannes wurde die Ehe durch Urteil des AG vom 17.7.2006 geschieden. Die Klagen des Ehemannes auf Zugewinnausgleich und diejenige der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt wurden zurückgewiesen. Beide Parteien legten gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein. Die Rechtsmittel beider waren - teilweise - erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG sprach der Ehefrau nachehelichen Unterhalt i.H.v. 84,00 EUR ab Rechtskraft der Scheidung bis zum 31.12.2006 und i.H.v. 110,00 EUR vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2011 zu. Ihre weitergehende Klageforderung wurde zurückgewiesen.
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung gemäß § 1573 Abs. 5 BGB hielt das OLG die zeitliche Begrenzung auch angesichts der relativ langen Ehedauer von 18 Ehejahren für zulässig. Es widerspreche Sinn und Zweck des § 1573 Abs. 5 BGB, die Dauer einer Ehe im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen. Unabhängig davon stehe auch eine lange Ehedauer einer Befristung grundsätzlich nicht entgegen (BGH v. 12.04.2006 zur Geschäftsnummer XII ZR 240/03 in NJW 2006, 2401).
Eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards sei nur dann angemessen, wenn die Ehe lange gedauert habe und aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen seien, die der Berechtigte betreut oder betreut habe, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen habe oder wenn sonstige Gründe wie Alter oder Krankheit für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprächen. Anderenfalls sei ihm nach einer Übergangszeit der Lebensstandard zuzumuten, den er vor der Ehe gehabt habe.
Die Ehefrau habe eine Behinderung ihrer beruflichen Entwicklung oder wesentliche Einkommenseinbußen nicht dargelegt. Anhaltspunkte hierfür seien auch nicht ersichtlich. Seit der Trennung habe sie hinreichend Gelegenheit gehabt, sich auf die neue Lebenssituation einzustellen. Ihre zunächst stundenweise Erwerbstätigkeit habe sie ab Januar 2006 auf eine Ganztagstätigkeit ausgeweitet. Sie selbst behaupte nicht, dass ihr Gehalt nicht ihrer Qualifikation entspreche. Es sei auch keinerlei Vortrag der Ehefrau dazu erfolgt, dass die Differenz zwischen den beiderseitigen Einkünften einen ehebedingten Nachteil darstelle. Auch die von ihr übernommene Betreuung der Kinder gebe keine Veranlassung, von einer Befristung des Aufstockungsunterhalts abzusehen. Eine unbegrenzte Lebensstandardgarantie zugunsten des Ehemannes erscheine unbillig.
Durch die Befristung des nachehelichen Unterhalts auf ca. fünf Jahre habe die Ehefrau hinreichend Gelegenheit, sich auf die neuen wirtschaftlichen Verhältnisse einzustellen, zumal sie auch nach Wegfall der Unterhaltszahlung mit ihrem eigenen Einkommen einen angemessenen Lebensstandard aufrechterhalten könne.
Hinweis
Die Entscheidung ist noch nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Unterhaltsrecht ergangen. Das zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits in Aussicht genommene UÄndG hat die Rechtsprechung offenbar schon vor seinem Inkrafttreten ermutigt und ermuntert, die auch damals schon vorhandenen Begrenzungsmöglichkeiten bewusster auszuschöpfen.
Im Hinblick auf den zum 1.1.2008 in Kraft getretenen § 1587b BGB wird hiervon zukünftig in der Praxis häufiger Gebrauch gemacht werden.
Der Vertreter des Unterhaltspflichtigen sollte unbedingt daran denken, Befristungsanträge zu stellen. Hierzu muss Vortrag zur wirtschaftlichen Entflechtung der Lebensbereiche der Ehepartner und zur beruflichen Qualifikation sowie zum Lebensstandard des Unterhaltsberechtigten vor und nach der Ehe ausführlich vorgetragen werden.
Der Vertreter des Unterhaltsberechtigten hingegen sollte sich eingehend mit konkreten ehebedingten Nachteilen auseinandersetzen und entsprechenden Vortrag in den Rechtsstreit einführen. Allein der Hinweis auf die Betreuung gemeinsamer Kinder dürfte nicht ausreichend sein. Im Übrigen ist zu prüfen, inwieweit Alter und/oder der Gesundheitszustand des Unterhaltsberechtigten einer Unterhaltsbefristung entgegenstehen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 19.12.2006, 10 UF 164/06