Leitsatz
Der Zwangsverwalter ist nicht berechtigt, eine im laufenden Wirtschaftsjahr entstandene Betriebskostenunterdeckung mit den nach Zuschlagserteilung auszukehrenden Mieten zu verrechnen.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 556, 670
Kommentar
Die Entscheidung betrifft ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück, das seit September 2008 unter Zwangsverwaltung stand. Im Juni 2009 wurde das Grundstück zwangsversteigert; der Erwerber hat das Eigentum durch Zuschlagsbeschluss vom 30.6.2009 erworben. Ende Juli 2009 wurde die Zwangsverwaltung aufgehoben. Der Zwangsverwalter hat gegenüber dem Erwerber über die im Juli 2009 eingezogenen Mieten abgerechnet. Von den Mieteinnahmen hat er die im Jahr 2009 getätigten Aufwendungen für Betriebskosten (unter Berücksichtigung der von den Mietern geleisteten Vorauszahlungen) abgezogen. Es ergab sich ein Saldo zulasten des Erwerbers von ca. 4.700 EUR. Diesen Betrag verlangt der Zwangsverwalter vom Erwerber ersetzt. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Zwangsverwalter eine im laufenden Wirtschaftsjahr entstandene Betriebskostenunterdeckung mit den nach Zuschlagserteilung auszukehrenden Mieten verrechnen darf.
Das geht nicht: Mit dem Erteilen des Zuschlags tritt der Ersteher in die bestehenden Mietverhältnisse ein (§§ 57 ZVG, 566 Abs. 1 BGB). Ist der Abrechnungszeitraum zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs noch nicht abgeschlossen, ist der Erwerber zur Abrechnung verpflichtet. Im Verhältnis zum Mieter stehen die Nachzahlungsansprüche dem Erwerber zu. Für ein Guthaben des Mieters muss der Erwerber einstehen. Stand das Grundstück vor der Zwangsversteigerung unter Zwangsverwaltung, so ist der frühere Zwangsverwalter verpflichtet, die von dem Mieter vereinnahmten, aber nicht verbrauchten Betriebskostenvorauszahlungen an den Ersteher auszukehren (BGH, Urteil v. 11.10.2007, IX ZR 156/06, NZM 2008 S. 100). Hieraus wird teilweise geschlossen, dass der Erwerber umgekehrt auch für eine Unterdeckung einzustehen hat (Engels, RPfleger 2008, S. 91, 92).
Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Nach seiner Meinung fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. In Betracht kommt insoweit eine analoge Anwendung von § 670 BGB. Diese Vorschrift bestimmt für das Auftragsrecht, dass der Auftraggeber zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet ist, die der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags für erforderlich halten durfte. Der BGH führt hierzu aus, dass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Vorschrift nicht gegeben sind, weil der Regelungszweck des § 670 BGB nicht auf die Zwangsverwaltung übertragen werden kann. Zwar ist der Zwangsverwalter verpflichtet, die für den Unterhalt und den Betrieb des Grundstücks erforderlichen Betriebskosten zu bezahlen. Diese Pflicht besteht allerdings nicht gegenüber dem späteren Erwerber, sondern folgt – als Amtspflicht – aus § 152 ZVG.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss v. 17.11.2011, V ZB 34/11, GE 2012 S. 201