Verfahrensgang
LG Potsdam (Entscheidung vom 24.06.2022; Aktenzeichen 20 StVK 395/21) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts Potsdam - Strafvollstreckungskammer - vom 24. Juni 2022 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam vom 24. Juni 2022, mit dem die Fortdauer der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist.
Die 1. große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin hat mit Urteil vom 29. April 2004, rechtskräftig seit dem 28. Oktober 2004 (11 Ks 359 Js 1459/04 - 7/04), den Beschwerdeführer wegen Vergewaltigung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung und wegen Bedrohung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und mit Hausfriedensbruch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Daneben hat die Strafkammer die Unterbringung des Beschwerdeführers in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Das sachverständig beratene Landgericht hat bei dem wegen Raubes, versuchter schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung u.a. vorbestraften damaligen Angeklagten einen Hang zur Begehung schwerer Straftaten ebenso wie eine Gefahr für die Allgemeinheit angenommen; es sei mit weiteren erheblichen Straftaten durch den Angeklagten zu rechnen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden würden.
Der Kammervorsitzende hat im Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB unter dem 31. Mai 2022 Anhörungstermin auf den 24. Juni 2022 bestimmt. An diesem Anhörungstermin nahmen ausweislich des Protokolls vom 24. Juni 2022 neben dem Verurteilten und seinem Verteidiger, der Psychologe Herr H... von der JVA ..., der Richter am Landgericht Weber, die Richterin am Landgericht Soltani-Teschner und der Richter Jahns teil.
Das Protokoll vom 24. Juni 2022 endet mit: "Der Vorsitzende beendet die Anhörung sodann um 11:00 Uhr."
Eine Entscheidung der Kammer ist im Protokoll nicht dokumentiert.
Unter dem Datum des 24. Juni 2022 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam die Fortdauer der Unterbringung des Verurteilten beschlossen. Dieser Beschluss ist mit Verfügung vom 06. Oktober 2022 zur Zustellung an die Geschäftsstelle der Strafvollstreckungskammer gereicht worden. Laut Empfangsbekenntnis hat der Beschluss den Verteidiger des Verurteilten am 01. November 2022 erreicht.
Der Beschluss wurde lediglich von der Richterin am Landgericht Soltani-Teschner und dem Richter Jahns unterzeichnet. Über dem Vermerk, dass der Richter am Landgericht Weber urlaubsbedingt ortsabwesend und deshalb gehindert sei, zu unterschreiben, befindet sich eine weitere Unterschrift des Richters Jahns.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat mit Verfügung vom 22. Dezember 2022 beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Der Verteidiger des Verurteilten erwiderte hierauf mit Stellungnahme vom 03. Januar 2023.
II.
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist statthaft (§§ 454 Abs. 3 Satz 1, 463 Abs. 3 Satz 1 StPO) und zulässig (§ 311 Abs. 2 StPO).
Sie hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache, weil die Strafvollstreckungskammer die Entscheidung nicht in gesetzmäßiger Weise getroffen hat und der Verfahrensmangel im Beschwerderechtszug nicht beseitigt werden kann.
Die Strafvollstreckungskammer ist im Verfahren über die Entscheidung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung (§ 67e StGB; § 463 Abs. 3 i.V.m. § 454, 462a StPO), mit drei Richtern/Richterinnen unter Einschluss des/der Vorsitzenden besetzt (§ 78b Abs. 1 Nr. 1 GVG). Dessen war sich die Kammer vorliegend ersichtlich auch bewusst. Da das Verfahren nach § 454 StPO grundsätzlich schriftlich ist (vgl. OLG München NJW 1976, 254, 255; KG Berlin, Beschluss vom 16. Mai 2008 - 2 Ws 127/08 -; Senat, Beschluss vom 09. Oktober 2019 -1 Ws 159/19-), ergehen auch die Entscheidungen schriftlich. Sie werden demgemäß - anders als Urteile - nicht verkündet, sondern schriftlich erlassen und - weil sie mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind - förmlich zugestellt (§§ 454 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. Satz 1 StPO). Deshalb ist es möglich, dass der Anhörungstermin, die Beschlussfassung als solche und die Formulierung der Beschlussgründe zeitlich auseinanderfallen. In allen denkbaren Fällen ist es erforderlich, dass die an der Anhörung anwesenden Richter die nachfolgende Entscheidung auch selbst treffen. Das können sie bereits in der der Anhörung nachfolgenden Beratung tun und das Ergebnis in einem Vermerk schriftlich niederlegen. In diesem - hier nicht gegebenen Fall - wäre die Unterschrift eines zum späteren Zeitpunkt der Fassung der Beschlussgründ...