Verfahrensgang
AG Brandenburg (Entscheidung vom 09.05.2018; Aktenzeichen 23 a OWi 691/16) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Brandenburg vom 9. Mai 2018 wird gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Der Betroffene trägt die Kosten seines Rechtsmittels (§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Gründe
Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 5. Februar 2019.
Zu ergänzen ist auf die Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 24. Oktober 2018 und auf den Anwaltsschriftsatz vom 22. Februar 2019 lediglich folgendes:
1.
Der Senat kann dahin gestellt lassen, ob das Hauptverhandlungsprotokoll mangelbehaftet ist, da Mängel des Protokolls die Urteilszustellung nicht unwirksam machen. Dies gilt jedenfalls soweit das Sitzungsprotokoll nicht nichtig ist, wofür Anhaltspunkte weder ersichtlich noch vorgetragen sind.
2.
a) Entgegen der Rechtsbeschwerdebegründung ist von einer wirksamen Unterzeichnung des Urteils gemäß § 275 Abs. 2 Satz 1 StPO iVm. § 71 OWiG auszugehen. Die entsprechende Rüge der Verletzung des § 275 Abs. 2 Satz 1 StPO iVm. § 71 OWiG ist nicht begründet. Die Unterzeichnung des Urteils genügt den Anforderungen, die von der Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Unterschrift gestellt werden.
Was unter einer Unterschrift zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Sprachgebrauch und dem Zweck der Formvorschrift. Die Unterschrift soll gewährleisten, dass das Schriftstück auch tatsächlich vom Unterzeichner herrührt. Deshalb reicht es aus, dass ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug vorliegt, der die Absicht erkennen lässt, eine volle Unterschrift zu leisten, das Schriftstück also nicht nur mit einem abgekürzten Handzeichen zu versehen (vgl. statt vieler: BGH NJW 1985, 1227, BGH NJW 1997, 3380, 3381; OLG Köln NStZ-RR 2011, 348, 349; BayObLG NStZ-RR 2003, 305, 306; OLG Oldenburg NStZ 1988, 145). Der Bundesgerichtshof hat ergänzend - im Zusammenhang mit einer Unterschrift unter einem bestimmenden anwaltlichen Schriftsatz - darauf hingewiesen, dass zumindest in Fällen, in denen kein Zweifel an der Urheberschaft bestünde, ein "großzügiger Maßstab" anzulegen sei (BGH NJW 1997, 3380, 3381; ebenso BGH NJW 2000, 607). Diese Grundsätze gelten auch für die Unterzeichnung eines Urteils durch den Bußgeldrichter.
Die hier zu beurteilende Unterschrift ist jedenfalls in einer Gesamtschau ausreichend, um von einer wirksamen Unterzeichnung gemäß § 275 Abs. 2 Satz 1 auszugehen:
Der Schriftzug ist hinreichend individuell gestaltet und geht über die Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher (gerader) bzw. geschlängelter Linien, die in keinem erkennbaren Bezug zu den Buchstaben des Namens stehen und daher für eine wirksame Unterzeichnung nicht genügen (vgl. nur OLG Köln, a.a.O.), hinaus. Der Anfangsbuchstabe ist als "G" ebenso noch hinreichend zu erkennen wie der Endbuchstabe "e". Ohne Zweifel stammt das Urteil von der Richterin, die die Hauptverhandlung geleitet hat. Das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2018, die beigefügte Anlage, alle während des Verfahrens gefassten Beschlüsse sowie die Ladungs- und Zustellungsverfügungen sind in gleicher Weise unterzeichnet. Der Schriftzug der Unterzeichnenden ist dem Senat darüber hinaus auch aus zahlreichen anderen Straf- und Bußgeldverfahren bekannt und kann eindeutig der erkennenden Tatrichterin - Richterin am Amtsgericht Götsche - zugeordnet werden. Auch spricht nichts dafür, sie habe das Urteil nur für den inneren Betrieb mit einer Abkürzung ihres Namens abzeichnen ("paraphieren") wollen.
Unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung entwickelten großzügigen Maßstabes sind insgesamt die Voraussetzungen einer wirksamen Unterzeichnung gegeben.
b) Dem Betroffenen ist darin beizupflichten, dass das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion hat. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt (BVerfGE 27, 36, 42). Das Fahrverbot kann deshalb seinen Sinn verloren haben, wenn zwischen dem Verkehrsverstoß und dem Wirksamwerden seiner Anordnung ein erheblicher Zeitraum liegt (vgl. KG StraFo 2007, 518 m.w.N.). Wann bei langer Verfahrensdauer der Zeitablauf entweder allein oder zusammen mit anderen Umständen ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen kann, ist eine Frage des Einzelfalles, die dem Tatrichter einen gewissen Beurteilungsspielraum eröffnet.
Nach mittlerweile gefestigter obergerichtlichen Rechtsprechung ist der Sinn des Fahrverbots in Frage zu stellen, wenn die zu ahnende Tat mehr als zwei Jahre zurückliegt (vgl. OLG Bamberg DAR 2008, 651 m.w.N.). Dieser Zeitrahmen führt jedoch nicht automatisch zu einem Absehen von einem Fahrverbot, sondern ist lediglich ein Anhaltspunkt dafür, dass eine tatrichterliche Prüfung, ob das...