Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Beschwerde beim Vorliegen einer weiteren, bisher unbekannten Unfallfolge
Orientierungssatz
Zur Zulässigkeit der Beschwerde gehört, daß der Beschwerdeführer substantiiert darlegt, aufgrund welcher Rechtsauffassung des LSG Tatsachenfragen klärungsbedürftig erscheinen und das LSG zu einer genau darzulegenden Sachaufklärung drängen müßten. Es reicht demzufolge nicht aus, nur die Behauptung von einer bisher unbekannten Unfallfolge zu wiederholen, sondern substantiiert auch den Bezug zum bisherigen Verfahren darzulegen. Es ist anzuführen, welche zusätzliche Tatsache im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall die Einholung eines Sachverständigengutachtens ergeben hat, die die späte Entdeckung dieser bisher unbekannten Unfallfolge erklärt.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3, § 103
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 25.05.1988; Aktenzeichen L 4 U 15/87) |
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Juni 1984 eine Verletztenrente zu gewähren, ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 18. Dezember 1985, Urteile des Sozialgerichts -SG- Lübeck vom 13. Januar 1987 - S 1 U 224/85 - und des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts -LSG- vom 25. Mai 1988 - L 4 U 15/87 -).
Seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Die Beschwerde war deshalb entsprechend § 169 SGG und mit der Kostenfolge entsprechend § 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Der Beschwerdeführer weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Er macht geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Damit sind aber die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht so "bezeichnet", wie dies § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt. Nach der ständigen Rechtsprechung verlangt diese Vorschrift, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 44; BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54, 58). Daran fehlt es der Beschwerde.
Eine vorschriftsmäßig begründete Verfahrensrüge liegt nur dann vor, wenn die sie begründenden Tatsachen im einzelnen genau angegeben sind und entsprechend der Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG in sich verständlich den geltend gemachten Verfahrensfehler ergeben. Nach dieser Vorschrift ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (richterliche Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zur Zulässigkeit einer auf diese Vorschrift gestützten Nichtzulässigkeitsbeschwerde gehört ferner, daß der Beschwerdeführer den Beweisantrag, dem das LSG nicht gefolgt ist, so genau bezeichnet, daß er für das Bundessozialgericht (BSG) ohne weiteres auffindbar ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5).
1.
Schon der letzten Voraussetzung entspricht die Beschwerde nicht. Es fehlt die genaue Bezeichnung des geltend gemachten Beweisantrages. Wo und wann der Kläger Beweis durch ein Sachverständigengutachten zu der Behauptung angetreten hat, daß es durch den Unfall zum Riß der Rotatorenmanschette oder des Bizepsmuskels rechts gekommen sei, und daß diese Verletzung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mehr als 20 vH bewirkt, ist weder der Beschwerde noch dem angegriffenen Urteil oder der Sitzungsniederschrift vom 25. Mai 1988 zu entnehmen.
2.
Zur Zulässigkeit der Beschwerde gehört außerdem, daß der Beschwerdeführer substantiiert darlegt, aufgrund welcher Rechtsauffassung des LSG Tatsachenfragen klärungsbedürftig erscheinen und das LSG zu einer genau darzulegenden Sachaufklärung drängen müßten (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Auch daran fehlt es der Beschwerde. Dem angegriffenen Urteil ist nur zu entnehmen, daß der Kläger in der letzten Verfahrensphase behauptet habe, bei ihm sei es durch den Unfall vom 23. Juni 1984 entweder zu einer Rotatorenmanschettenruptur oder zu einem Riß der Bizepssehne oder des Bizepsmuskels gekommen. Selbst wenn sich der protokollierte Antrag des Klägers, ein Gutachten zu der Frage einzuholen, ob auch in seinem Oberarm-Schulterbereich Unfallfolgen vorhanden seien, und welche MdE sie bedingten, auf diese Behauptungen bezöge, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen, warum das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus sich hätte gedrängt fühlen müssen, ein solches Gutachten einzuholen.
Dem angegriffenen Urteil liegt die Rechtsmeinung des LSG zugrunde, nur diejenigen Gesundheitsstörungen kämen als Unfallfolgen in Betracht, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall am 23. Juni 1984 ständen. Beweiserheblich seien nur diejenigen Behauptungen und Beweisanträge über Gesundheitsstörungen, die Bezug zu positiven Feststellungen oder Unterlassungen der zahlreichen untersuchenden Ärzte im Laufe des gesamten bisherigen Verfahrens hätten. Daran fehle es den jüngsten Behauptungen des Klägers. Es erscheine ausgeschlossen, daß derartige Verletzungen nicht alsbald von den untersuchenden Fachärzten festgestellt worden wären, und es sei unwahrscheinlich, daß ein solcher Schaden über Jahre hinweg unbemerkt geblieben sei.
Der Beschwerdeführer hätte demzufolge nicht nur die Behauptung von einer bisher unbekannten Unfallfolge wiederholen, sondern substantiiert auch den Bezug zum bisherigen Verfahren darlegen müssen. Es wäre anzuführen gewesen, welche zusätzliche Tatsache im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall die Einholung eines Sachverständigengutachtens ergeben hätte, die die späte Entdeckung dieser bisher unbekannten Unfallfolge erklärte.
3.
Die weitere Rüge über die Unvollständigkeit der ärztlichen Unterlagen macht wiederum eine Verletzung des § 103 SGG geltend. Hierzu fehlt jedoch jeglicher Bezug zu einem entsprechenden Beweisantrag auf Vervollständigung der medizinischen Unterlagen. Diese Rüge ist schon deshalb unzulässig.
4.
Den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 12. Oktober 1988 durfte der Senat als Beschwerdebegründung nicht mehr berücksichtigen, weil er nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am Montag, dem 15. August 1988 (§ 160a Abs 2 Satz 1 SGG), beim BSG eingegangen ist.
Fundstellen