Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. März 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der im Jahr 1964 geborene Kläger war zuletzt bis Juni 2014 versicherungspflichtig beschäftigt. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld war er arbeitsunfähig. Krankengeld bezog er nicht. Seinen Rentenantrag vom März 2017 lehnte die Beklagte nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte und eines sozialmedizinischen Gutachtens ab (Bescheid vom 31.7.2017; Widerspruchsbescheid vom 6.3.2018).
Das SG hat weitere Befundberichte der behandelnden Ärzte (mit Fremdbefunden ua der Diplom-Psychologin M) und der Diplom-Psychologin F beigezogen sowie ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie N hat in seinem Gutachten vom 18.2.2020 festgestellt, der Kläger sei noch in der Lage, zumindest sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Leistungseinschränkungen erwerbstätig zu sein. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 23.10.2020). Das LSG hat einen weiteren Befundbericht des Diplom-Psychologen L über die Behandlung seit August 2019 eingeholt und die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Seine Erwerbsfähigkeit sei bis zum Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit Ablauf des Monats Mai 2019 nicht in einem rentenberechtigenden Ausmaß gemindert gewesen. Das LSG hat sich dabei insbesondere auf die Beurteilung des Leistungsvermögens im Gutachten des Sachverständigen N vom 18.2.2020 gestützt. Ein anderes Leistungsbild ergebe sich aus den eingeholten Befundberichten nicht, auch nicht aus den jüngsten Befunden des Diplom-Psychologen L, der den Kläger erst nach Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen behandelt habe. Auf den aktuell bescheinigten Gesundheitszustand komme es nicht an (Urteil vom 28.3.2023).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend und rügt einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet ist. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger macht geltend, das LSG habe seine psychischen Beeinträchtigungen nicht ausreichend gewürdigt. Er sei bereits seit 2016 und schon vor dem Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ohne Erfolg in ärztlicher und psychologischer Behandlung gewesen. Die Schwere der Erkrankung sei schon “in den in 2018 festgestellten Symptomen angelegt“ gewesen. Er gibt ausführlich Befunde seiner behandelnden Ärzte sowie die Ergebnisse der Begutachtungen wieder zum Beleg dafür, dass die (erst später) vom Diplom-Psychologen L beschriebene starke depressive Symptomatik bereits früher vorgelegen habe. Das LSG hätte den Sachverständigen N um eine ergänzende Stellungnahme bitten, ihn in der mündlichen Behandlung befragen oder ein weiteres medizinisches Gutachten einholen müssen.
Damit legt der Kläger einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) nicht hinreichend dar. Einen solchen Verfahrensfehler kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur erfolgreich rügen, wenn sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen Beweisantrag bezeichnen kann, dem das LSG ohne hinreichenden Grund nicht gefolgt ist. Dabei sind an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen, wenn ein Beteiligter - wie der Kläger - in der Berufungsinstanz nicht durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war. Auch ein unvertretener Kläger muss aber dem Gericht deutlich machen, dass er noch Aufklärungsbedarf sieht und nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG darlegen, einen konkreten Beweisantrag zumindest sinngemäß gestellt zu haben (vgl BSG Beschluss vom 21.4.2022 - B 5 R 261/21 B - juris RdNr 16). Nimmt ein Kläger den abschließenden Verhandlungstermin nicht wahr, darf das Tatsachengericht grundsätzlich davon ausgehen, dass an zuvor gestellten Beweisanträgen nicht festgehalten wird. Etwas anderes gilt, wenn der Beteiligte unmittelbar vor dem Termin hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass auch im Falle seines Fernbleibens über von ihm schriftsätzlich gestellte Beweisanträge entschieden werden soll (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 103/12 B - juris RdNr 7). Der Kläger trägt jedoch lediglich vor, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, an dem Termin zur mündlichen Verhandlung teilzunehmen und habe dies dem Gericht zuvor auch "signalisiert". Dass er ggf an früheren schriftsätzlich gestellten Beweisanträgen festhalten wollte, legt er nicht dar. Der Vortrag, es sei ihm seit Bekanntwerden der Schließung der Anwaltskanzlei, die ihn zunächst vor dem SG noch vertreten habe, nicht mehr möglich gewesen, einen eigenen Antrag oder einen Beweisantrag zu stellen, ist weder nachvollziehbar noch geeignet, einen Verstoß gegen § 103 SGG zu begründen.
Der Kläger macht darüber hinaus geltend, er sei dadurch in seinen prozessualen Rechten verletzt, dass das LSG keine weiteren Ermittlungen getätigt, ihm zugleich aber vorgehalten habe, er sei seiner Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Aus seinen Ausführungen erschließt sich schon nicht, dass dem angefochtenen Urteil derartige Aussagen zu entnehmen sind. Für die Durchsetzung eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung ist es erforderlich, dass die tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Anspruchsvoraussetzungen ergeben, zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (vgl zu den Beweismaßstäben Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 128 RdNr 3b ff). Nur bei Nichterweislichkeit von Tatbestandsmerkmalen gelten die allgemeinen Regelungen der objektiven Beweislastverteilung (zur vorzeitigen Wartezeiterfüllung für eine Erwerbsminderungsrente vgl BSG Urteil vom 21.10.2021 - B 5 R 1/21 R - SozR 4-2600 § 53 Nr 2 juris RdNr 23 ff). Soweit der Kläger mit seinem Vortrag, nach Beweislastregeln könne erst entschieden werden, wenn “vollständig“ ermittelt worden sei, was hier aber nicht der Fall gewesen sei, eine aus seiner Sicht unzureichende Sachaufklärung rügt, ist sein Vorbringen aus den oben genannten Gründen nicht geeignet, einen Verstoß gegen § 103 SGG zu begründen. Soweit er mit seinen Darlegungen zur Beweislast und mit seinen umfangreichen Ausführungen zu seinen Beschwerden und den medizinischen Befunden im Kern die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht rügt, kann hierauf nach dem eindeutigen Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 2 iVm § 128 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16186809 |