Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 15.12.2016; Aktenzeichen L 15 SF 31/15 EK AS) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 15. Dezember 2016 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache Entschädigung wegen der überlangen Dauer eines beim SG Stade geführten Klageverfahrens (S 17 AS 511/14). Das Amtsgericht (AG) Rotenburg (W.) hat mit Beschluss vom 18.12.2014 (10 XVII S 1057) als Betreuer der Klägerin Rechtsanwalt M. aus Rotenburg (W.) für den Aufgabenbereich Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten bis längstens zum 18.12.2016 nebst Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes bestellt. Auf Anfrage des LSG hat dieser mitgeteilt, dass er die Klageerhebung der Klägerin vorliegend nicht genehmige. Daraufhin hat das LSG mit Gerichtsbescheid vom 26.10.2016 die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die von der Klägerin im eigenen Namen erhobene Klage aufgrund der Prozessunfähigkeit der Klägerin und wegen fehlender Genehmigung der Klageerhebung durch deren Betreuer unwirksam sei. Schon wegen ihrer Gerichtskostenpflicht nach § 197a Abs 1 SGG stelle die auf Entschädigung nach § 198 GVG gerichtete Klageerhebung keine Willenserklärung dar, die der Klägerin lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe. Die Ausnahmeregelung in § 1903 Abs 3 S 1 BGB greife danach nicht.
Diese Entscheidung hat das LSG auf die beantragte mündliche Verhandlung vom 15.12.2016 hin mit Urteil vom selben Tage bestätigt unter Bezugnahme auf die Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid vom 26.10.2016. Das in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin angebrachte Ablehnungsgesuch sei bereits deshalb unzulässig, weil die Klägerin dieses nicht begründet und keinen konkreten Ablehnungsgrund benannt habe. Der von der Klägerin erhobenen Rüge, keinen Rechtsanwalt zu ihrer Vertretung beigeordnet bekommen zu haben, stehe entgegen, dass die bestehende Bestellung des Rechtsanwalts M. als Betreuer der zusätzlichen Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs 1 SGG entgegengestanden habe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich die Klägerin mit Schreiben vom 28.2.2017 (eingegangen am 1.3.2017) ausdrücklich mit der Beschwerde, für die sie Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts begehrt.
II
1. Der Antrag auf PKH ist abzulehnen. Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus einer möglichen Prozessunfähigkeit der Klägerin. Zwar hat das AG Rotenburg (W.) mit Beschluss vom 7.2.2017 mit sofortiger Wirkung die zuvor angeordnete Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt aufgehoben. Indes hat das AG sich dafür auf die Unbetreubarkeit der Klägerin gestützt (vgl BGH Beschluss vom 28.1.2015 - FamRZ 2015, 650). Wie es ausdrücklich ausgeführt hat, bleiben die medizinischen Voraussetzungen der Betreuung von seinem Beschluss unberührt. Gleichwohl braucht der Senat zur Frage der aktuellen Prozessfähigkeit der Klägerin nicht weiter zu ermitteln. Zum einen wäre die Klägerin bis zur abschließenden Entscheidung hierüber als prozessfähig zu behandeln (BSG Beschluss vom 3.7.2003 - B 7 AL 216/02 B - BSGE 91, 146 ff = SozR 4-1500 § 72 Nr 1 mwN). Zum anderen kann in Fällen wie dem der Klägerin ausnahmsweise von der Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs 1 SGG abgesehen werden (BSG Beschluss vom 23.2.2017 - B 5 R 3/17 S - Juris RdNr 3). Auch dessen Genehmigung könnte ihrem PKH-Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 ZPO). Weder die Beschwerdebegründung noch die Aktenlage lassen bei der gebotenen summarischen Prüfung die erforderliche Erfolgsaussicht erkennen.
Hinreichende Erfolgsaussicht hat eine Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin sowie nach der gesamten Aktenlage keiner ersichtlich.
Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall der Klägerin hinausgehende grundsätzliche Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Wer sich auf diesen Zulassungsgrund beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Klägerin trägt im Rahmen ihrer Beschwerde keine Gründe vor, die eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage begründen könnten. Diese ergeben sich auch nicht aus dem Akteninhalt.
Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass die Klägerin einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Entscheidungsrelevante Verfahrensmängel sind nicht ersichtlich.
Zwar hat ein Gericht grundsätzlich darauf zu achten, ob sich die prozessualen Handlungen eines für einen prozessunfähigen Beteiligten gestellten besonderen Vertreters im Rahmen der diesem obliegenden Pflichten gehalten haben (vgl BSG Beschluss vom 14.11.2013 - B 9 SB 84/12 B - SozR 4-1500 § 72 Nr 3). Dass dieses vorliegend nicht der Fall gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat sich das LSG in seinem Urteil insbesondere mit der Frage der Bestellung eines Notanwalts auseinandergesetzt, nachdem der Betreuer der Klägerin die Zustimmung zur Klageerhebung iS von § 1903 Abs 1 S 2 iVm § 108 Abs 1 BGB nicht erteilt hat.
Den pauschal gestellten Befangenheitsantrag hat das LSG im Urteil zu Recht als unzulässig abgelehnt, weil die Klägerin keinen Ablehnungsgrund genannt hat und ein solcher auch ansonsten nicht ersichtlich ist (vgl hierzu BSG Beschluss vom 31.8.2015 - B 9 V 26/15 B - Juris RdNr 11 ff mwN). Ebenso wenig ist erkennbar, dass das LSG verfahrensfehlerhaft § 72 Abs 1 SGG übersehen haben könnte (s oben Hinweis auf BSG Beschluss vom 14.11.2013 - B 9 SB 84/12 B - SozR 4-1500 § 72 Nr 3). Dies betrifft insbesondere auch die Frage der Gerichtskostenpflichtigkeit nach § 197a Abs 1 SGG für Verfahren der vorliegenden Art, die für die Klägerin auch nachteilige Folgen haben kann.
Der Antrag auf PKH ist daher abzulehnen. Damit entfällt zugleich auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO) und ebenso die Bestellung eines Notanwalts (§ 202 S 1 SGG iVm § 78b Abs 1 ZPO), sollte sich der Antrag der Klägerin sinngemäß auch hierauf beziehen.
2. Die Beschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG), weil sie nicht durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist (§ 73 Abs 4 iVm § 160a Abs 1 S 1 SGG).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
5. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 Abs 1 und 3, § 52 Abs 1 und 2 GKG. Der Streitwert ist mit 5000 Euro anzunehmen, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung eines anderen Betrags keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
Fundstellen
Dokument-Index HI11650438 |