Entscheidungsstichwort (Thema)
Zivilgeichtliche Entscheidungen im Bereich des Arzthaftungsrechts
Verfahrensgang
BGH (Zwischenurteil vom 08.12.1998; Aktenzeichen VI ZR 84/98) |
OLG München (Urteil vom 08.01.1998; Aktenzeichen 1 U 1614/97) |
LG München I (Urteil vom 04.12.1996; Aktenzeichen 9 O 13040/89) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft zivilgerichtliche Entscheidungen aus dem Bereich des Arzthaftungsrechts.
Der Beschwerdeführer war am 4. Juni 1986 mit schweren Behinderungen durch einen Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Seine auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichtete Klage gegen die am Geburtsvorgang beteiligten Ärztinnen blieb ohne Erfolg. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die gerichtlichen Entscheidungen und rügt u.a. eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung als Willkürverbot und aus Art. 103 Abs. 1 GG.
II.
Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor (dazu: BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫). Die Verfassungsbeschwerde wirft keine grundsätzlichen Fragen auf (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
Die von der Verfassungsbeschwerde erhobenen Rügen sind weitgehend unzulässig, teilweise insbesondere auch deshalb, weil sie nicht bereits im Instanzenzug geltend gemacht worden sind und daher der Rechtsweg im weiteren Sinne nicht erschöpft worden ist (vgl. BVerfGE 81, 22 ≪27≫). Von einer weiteren Begründung im Einzelnen wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Soweit die Rügen zulässig sind, sind sie nicht begründet.
Sie betreffen im Wesentlichen die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung durch die Tatsacheninstanzen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Feststellung der Gerichte, seine Eltern hätten um 14.10 Uhr oder 14.15 Uhr eine Fruchtblasensprengung verweigert, sei willkürlich, weil die beklagte Ärztin nach eigenem Bekunden bereits ab 14.00 Uhr in einer Besprechung gewesen sei. Auch hätten die Gerichte die fehlende Einwilligung seiner Mutter in die Blasensprengung willkürlich unterstellt, da die betroffene Ärztin nicht einmal habe angeben können, wer von beiden Elternteilen die Maßnahme abgelehnt habe.
Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen; nur bei einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts durch diese kann das Bundesverfassungsgericht auf Verfassungsbeschwerde hin eingreifen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 34, 384 ≪397≫). Auch die Beweiswürdigung kann im Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde nicht schlechthin auf ihre Richtigkeit, sondern nur daraufhin überprüft werden, ob sie spezifisches Verfassungsrecht verletzt, ob also die Beweise willkürlich oder sonst unter Verletzung von Verfassungsrecht gewürdigt worden sind (vgl. BVerfGE 6, 7 ≪10≫; stRspr). Willkürlich ist ein Richterspruch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪13≫).
Nach diesen Maßstäben halten die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verfassungsrechtlicher Überprüfung stand.
Die vom Beschwerdeführer gerügte Feststellung, seine Eltern hätten etwa um 14.10 Uhr oder 14.15 Uhr eine Fruchtblasensprengung verweigert, ist nicht willkürlich. Sie beruht ausweislich des Urteils des Landgerichts nicht nur auf dem Ergebnis der Anhörung der beklagten Ärztin, die sich zwar zu dem Zeitpunkt, für den die Besprechung angesetzt war, nicht aber dazu geäußert hat, wann sie in der Besprechung tatsächlich erschienen ist. Die beanstandete Feststellung ist auch auf die Angaben in der Dokumentation des Krankenhauses gestützt und entbehrt damit nicht jeder sachlichen Grundlage.
Auch die fehlende Einwilligung der Mutter des Beschwerdeführers in die Blasensprengung haben die Gerichte nicht willkürlich unterstellt. Nach den ihnen vorliegenden und in Bezug genommenen Sachverständigengutachten enthalten die Krankenhausunterlagen auch insoweit entsprechende Einträge.
Unbegründet ist schließlich die Rüge des Beschwerdeführers, die Gerichte hätten seinen Vortrag zur Kausalität der Ablehnung des Kaiserschnitts durch seine Eltern für die Verzögerung der Durchführung des Eingriffs unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG außer Acht gelassen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG die Gerichte, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 70, 215 ≪218≫). Hiervon ausgehend mag zwar zweifelhaft sein, ob das Landgericht das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Kausalität ausreichend berücksichtigt hat. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn mit dieser Frage hat sich jedenfalls das Oberlandesgericht eingehend auseinander gesetzt. Dies verkennt der Beschwerdeführer.
Im Übrigen wird von einer weiteren Begründung gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Haas, Hohmann-Dennhardt
Fundstellen
Haufe-Index 565193 |
www.judicialis.de 2000 |