Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 18.10.2007; Aktenzeichen 20 A 4414/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 000 € festgesetzt.
Gründe
1. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob der Tatbestand des nicht vorsichtigen und des nicht sachgemäßen Umgangs mit Waffen erfüllt ist und damit die fehlende Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG a.F. begründet wird, wenn der Waffenbesitzer in der Situation der Notwehrprävention beim Öffnen seiner Haustür für ihm nicht erkennbare Personen vorsorglich eine Waffe in der Hand hält, ohne sie auf diese zu richten.
Diese Frage führt nicht über die Umstände des vorliegenden Falles hinaus, auch wenn sie abstrakt formuliert worden ist. Der Kläger legt nicht dar, worin die fallübergreifende Bedeutung seiner Fragestellung liegt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Prüfung der Zuverlässigkeit anhand einer umfassenden Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen ist, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können (vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1981 – BVerwG 1 B 684.80 –, vom 28. Oktober 1983 – BVerwG 1 B 144.83 – und vom 12. Oktober 1998 – BVerwG 1 B 245.97 – Buchholz 402.5 WaffG Nr. 30, 36 und 83). Die erforderliche Prognose hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. Beschluss vom 2. November 1994 – BVerwG 1 B 215.93 – Buchholz 402.5 WaffG Nr. 71 = GewArch 1995, 73 m.w.N.). Es ist Sache der tatrichterlichen Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen und Munition besteht (vgl. Beschluss vom 2. November 1994 a.a.O.). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bestimmte Vorfälle am 7. und 13. September 2001 rechtfertigten entsprechend § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG a.F. für den maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung die Annahme, dass der Kläger mit Waffen und Munition nicht sorgfältig umgehe und sie insbesondere nicht ordnungsgemäß aufbewahre. Es führt aus, am 7. September 2001, als der Kläger beim Öffnen der Haustür einen Revolver bei sich getragen habe, habe eine Notwehrsituation objektiv nicht vorgelegen und eine in der gegebenen Situation naheliegende Möglichkeit der Abklärung, ob eine Gefährdung tatsächlich gegeben gewesen sei, habe der Kläger nicht ergriffen. Bestätigend und verstärkend komme hinzu, dass am 13. September 2001 (u.a.) zwei Kurzwaffen an verschiedenen Stellen des Hauses des Klägers offen herumgelegen hätten. Das Oberverwaltungsgericht hat die von dem Kläger so genannte Vorbereitung einer Notwehr dabei gewürdigt und ist zu der Erkenntnis gelangt, dass dem Kläger andere Mittel zur Eigensicherung verblieben waren. Das führt nicht auf eine fallübergreifende und noch klärungsbedürftige Rechtsfrage. Überdies zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, dass Fälle einer “Notwehrvorbereitung” durch Öffnen der Haustür unter Mitführung einer Kurzwaffe in nennenswerter Anzahl vorkommen und nicht durch die besonderen Umstände des jeweiligen Sachverhalts geprägt sind.
b) Wegen eines Verfahrensmangels kann die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur zugelassen werden, wenn ein Mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in Bezug auf die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt.
Die Darlegung des Verfahrensmangels ungenügender Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) erfordert die substantiierte Erklärung, hinsichtlich welcher tatsächlicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, z.B. Beschluss vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265).
Der Kläger vermisst – abgesehen von einer nicht auf den nur noch umstrittenen Widerruf der Waffenbesitzkarten für zwei Kurzwaffen bezogenen Rüge fehlender Aufklärung hinsichtlich der Vorhaltung von Kartons für die Aufbewahrung von Langwaffen – eine Aufklärung darüber, dass er am 13. September 2001 zwei ihn aufsuchenden Polizeibeamten erklärt habe, offen liegende Waffen in die Kellerräume verbringen zu wollen, um sie dort sicher aufzubewahren. Der Kläger zeigt jedoch nicht auf, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entsprechende Beweisanträge gestellt hat. Dazu hätte Anlass bestanden, wenn er bei dem unbestrittenen Befund des offenen Herumliegens geladener Kurzwaffen eine besondere Situation darlegen wollte, die zu einer Annahme seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit hätte führen können.
Der Kläger zeigt außerdem nicht auf, dass bei einer entsprechenden Bekundung der Polizeibeamten die “Regeln der sicheren Handhabung” von Waffen eingehalten gewesen wären, deren Beachtung das Oberverwaltungsgericht zur Erfüllung der Zuverlässigkeitsanforderungen einfordert. Denn auch unter Zugrundelegung der vom Kläger angeführten “Umzugssituation” innerhalb des Hauses wäre der vom Berufungsgericht besorgte Zugriff Unbefugter auf die bereitliegenden Waffen nicht ausgeräumt gewesen. Überdies lässt die Rüge des Klägers auch nichts dafür erkennen, dass die von ihm reklamierte “Umzugssituation” es erfordert hätte, die Kurzwaffen auch noch geladen offen herumliegen zu lassen.
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt, dass nur noch der Widerruf der Waffenbesitzkarten für zwei Kurzwaffen umstritten ist (5 000 € zuzüglich 1 000 €).
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich
Fundstellen