Gesetzestext
(1)1Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. 2Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. 3Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
(2)Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.
A. Allgemeines
Rz. 1
Neben der Erb- und damit auch der Pflichtteilsquote des Berechtigten kommt dem Bestand und dem Wert des pflichtteilsrelevanten Nachlasses entscheidende Bedeutung für die Berechnung des Anspruchs zu. Zur Ermittlung der Erbquote bedarf der Pflichtteilsberechtigte, jedenfalls wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes verheiratet war oder in eingetragener Lebenspartnerschaft lebte, näherer Informationen zum Güterstand. Die Kenntnis des Umfangs und die Bewertung des Nachlasses sind für die weitere Berechnung des Anspruchs unabdingbar. Dies gilt umso mehr, als er hinsichtlich der Höhe des von ihm behaupteten Pflichtteilsanspruchs bezüglich sämtlicher diesen rechtfertigende Umstände in vollem Umfang beweisbelastet ist. Oftmals hat der Pflichtteilsberechtigte aber keine Möglichkeit, sich selbst die erforderlichen Informationen zu beschaffen, so dass er zur Verwirklichung seines Anspruchs auf die Angaben Dritter, insbesondere des Erben angewiesen ist. Um den aus der dinglichen Beteiligung am Nachlass resultierenden Wissensvorsprung des Erben zu relativieren, räumt das Gesetz dem Pflichtteilsberechtigten in § 2314 BGB eigenständige, neben dem eigentlichen Zahlungsanspruch stehende Auskunftsansprüche und zusätzlich auch Wertermittlungsansprüche ein, die es dem Berechtigten ermöglichen sollen, seine Unterrichtung von den für ihn maßgeblichen Umständen erforderlichenfalls sogar zu erzwingen. Der Pflichtteilsberechtigte hat dabei auch die Möglichkeit, seine Hinzuziehung bei der Aufnahme des Verzeichnisses zu verlangen bzw. das Verzeichnis – im Auftrag des Erben – durch einen Notar aufnehmen zu lassen. Allerdings hat nach h.M. selbst eine schuldhafte Verletzung der Auskunftspflichten nach Abs. 1 S. 1 grundsätzlich keine Umkehr der Beweislast zur Folge. Der Erbe ist also nicht daran gehindert, im Prozess um die Höhe des Pflichtteils vorher erteilte fehlerhafte Auskünfte zu korrigieren; insoweit genügt substantiierter Vortrag, die Fehlerhaftigkeit der vorher erteilten Auskunft muss grundsätzlich nicht bewiesen werden.
B. Tatbestand
I. Pflichtteilsberechtigter Nichterbe
Rz. 2
Dem Wortlaut nach setzt § 2314 BGB voraus, dass der Anspruchsberechtigte pflichtteilsberechtigter Nichterbe i.S.d. §§ 2303, 2309 BGB ist. Somit sind auskunftsberechtigt auf jeden Fall enterbte Abkömmlinge des Erblassers, ebenso der enterbte Ehegatte oder gleichgeschlechtliche Lebenspartner und der enterbte Elternteil, soweit Erben erster Ordnung ihn nicht vom Pflichtteil ausschließen. Aber auch solche zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehörenden Erben, die unzureichend eingesetzt wurden (§ 2305 BGB) oder den ihnen hinterlassenen Erbteil – ohne Verlust des Pflichtteilsrechts – ausgeschlagen haben (§ 2306 Abs. 1 BGB), sind auskunftsberechtigt, ebenso der nicht zum Erben berufene Vermächtnisnehmer i.S.d. § 2307 BGB. Bei Letztgenanntem spielt es insoweit keine Rolle, ob er das Vermächtnis annimmt oder ausschlägt, ebenso wenig ob der Wert des Vermächtnisses den Pflichtteil unter- oder überschreitet, denn er ist auf jeden Fall pflichtteilsberechtigter Nichterbe und daher zur Durchsetzung etwaiger Pflichtteilsansprüche bzw. die Ausübung seines Wahlrechts auf die Auskunft etc. angewiesen. Ebenfalls zum Kreis der Nichterben gehört regelmäßig der geschiedene Ehegatte. Auch wenn er natürlich nicht pflichtteilsberechtigt ist, steht ihm gem. §§ 1386b, 2314 BGB analog ein Auskunftsanspruch zu, wenn er gegenüber dem Erblasser unterhaltsberechtigt war.