Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
1. Allgemeines
Rz. 20
Zu den wichtigsten Folgen der Ehe zählt die Pflicht der Ehegatten, ihre Familie angemessen zu unterhalten. Hierbei differenziert das Gesetz zwischen der Unterhaltspflicht während bestehender Ehe (§§ 1360–1361 BGB) und der Unterhaltspflicht nach der Ehescheidung (§§ 1569 ff. BGB; siehe Rdn 83 ff.). Während bestehender Ehe wird wiederum danach unterschieden, ob die Ehegatten in häuslicher Gemeinschaft (§§ 1360–1360b BGB; siehe Rdn 21) oder getrennt leben (§ 1361 BGB; siehe Rdn 22). Der Familien-, Trennungs- und der nacheheliche Unterhalt haben verschiedene Streitgegenstände. Der Anspruch auf Familienunterhalt erlischt mit der Trennung, der Trennungsunterhalt mit rechtskräftiger Ehescheidung.
2. Familienunterhalt
Rz. 21
Nicht getrennt lebende Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 S. 1 BGB). Der angemessene Unterhalt umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen (§ 1360a Abs. 1 BGB). Die Form, in der Familienunterhalt zu leisten ist, bestimmt sich nach der Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1360a Abs. 2 S. 1 BGB). Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, erfüllt er seine Unterhaltspflicht i.d.R. durch die Führung des Haushalts (§ 1360 S. 2 BGB). Im Übrigen kann der Unterhalt durch Naturalleistungen (z.B. durch Zurverfügungstellen der Wohnung, Verpflegung) oder in Geld (Wirtschaftsgeld/Haushaltsgeld) erbracht werden. Der haushaltsführende (oder nur hinzuverdienende) Ehegatte hat gegen den anderen zur Deckung seines eigenen angemessenen Bedarfs nach h.M. grds. einen Anspruch auf Zahlung eines Taschengeldes, wobei i.d.R. ca. 5–7 % des verfügbaren Nettoeinkommens angesetzt werden.
3. Trennungsunterhalt
Rz. 22
Leben die Ehegatten getrennt (zum Begriff siehe Rdn 55), wird die eheliche Unterhaltsverpflichtung grundlegend umgestaltet. An die Stelle der gegenseitigen Verpflichtung beider Ehegatten, die Familie mit ihrer Arbeit und ihrem Vermögen zu unterhalten, tritt ein einseitiger Individualanspruch eines Ehegatten gegen den anderen. Dieser Anspruch ist nicht mehr auf die Sicherung des Familienunterhalts gerichtet, sondern bemisst sich nach dem Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten und ist auf Zahlung einer monatlichen Geldrente gerichtet (§ 1361 Abs. 4 S. 1 BGB). Maßgebend für den Trennungsunterhalt sind zunächst die Lebensverhältnisse der Ehegatten, d.h. insbesondere der Lebensstandard, den sie vor der Trennung erreicht hatten. Daneben stellt das Gesetz auf die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten ab (§ 1361 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB). Nach einer Gesamtschau dieser Verhältnisse richten sich der Bedarf und die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten sowie die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten.
Rz. 23
Im Normalfall wird der Bedarf durch das Einkommen der Ehegatten aus einer Erwerbstätigkeit bestimmt. Sind beide Ehegatten erwerbstätig, ist grds. das gemeinsame Einkommen prägend. Ist nur ein Ehegatte erwerbstätig, richtet sich danach der Lebenszuschnitt beider Ehegatten. Im Ansatz sind die bereinigten eheprägenden Einkünfte nach dem Halbteilungsgrundsatz aufzuteilen. Für Einkünfte aus Erwerbstätigkeit wird jedoch dem erwerbstätigen Ehegatten ein Erwerbstätigenbonus zuerkannt. Hierbei greift die Praxis auf die von den Gerichten entwickelten und turnusmäßig aktualisierten Unterhaltstabellen zurück, insbesondere auf die "Düsseldorfer Tabelle" und die Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerichte. Diese Unterhaltstabellen haben allerdings nur den Charakter unverbindlicher Richtwerte und dürfen deshalb im Einzelfall nicht schematisch angewandt werden. Nach der "Düsseldorfer Tabelle" gilt im Grundsatz: Ist der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht erwerbstätig, wird sein Bedarf mit 3/7 des anrechenbaren Erwerbseinkommens zuzüglich ½ der anrechenbaren sonstigen Einkünfte des Verpflichteten angesetzt. Bei der Doppelverdienerehe wird dem weniger verdienenden Ehegatten 3/7 der Differenz zwischen den anrechenbaren Erwerbseinkommen der Ehegatten zugesprochen.
Rz. 24
Bedürftig ist ein Ehegatte dann, wenn er seinen Unterhaltsbedarf nicht durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder durch Einkünfte aus seinem Vermögen decken kann. Für den während der Ehe nicht erwerbstätigen Ehegatten ist die Erwerbsobliegenheit in der Trennungsphase (für den Unterhalt nach der Scheidung siehe § 1574 Abs. 2 BGB sowie Rdn 83 ff.) aber erheblich eingeschränkt. Er kann gem. § 1361 Abs. 2 BGB nur dann auf eine eigene Erwerbstätigkeit verwiesen werden, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach de...