Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Beihilfen zugunsten von Flughäfen und Fluggesellschaften. Beschluss, mit dem Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn als mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen eingestuft werden, und mit dem festgestellt wird, dass keine staatlichen Beihilfen zugunsten der diesen Flughafen nutzenden Fluggesellschaften vorliegen. Unzulässigkeit einer Nichtigkeitsklage. Natürliche oder juristische Person, die von dem in Rede stehenden Beschluss nicht unmittelbar und individuell betroffen ist. Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz
Normenkette
AEUV Art. 263 Abs. 4
Beteiligte
Deutsche Lufthansa / Kommission |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Deutsche Lufthansa AG trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission und des Landes Rheinland-Pfalz.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 2. August 2019,
Deutsche Lufthansa AG mit Sitz in Köln (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt A. Martin-Ehlers,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch T. Maxian Rusche und S. Noë als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch Professor C. Koenig,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer K. Jürimäe in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer sowie der Richter S. Rodin (Berichterstatter) und N. Piçarra,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Deutsche Lufthansa AG die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Mai 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T-764/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:349, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2016/788 der Kommission vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.32833 (11/C) (ex 11/NN) Deutschlands betreffend die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn im Zeitraum 2009-2011 (ABl. 2016, L 134, S. 1, im Folgenden: streitiger Beschluss) als unzulässig abgewiesen hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss
Rz. 2
Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wird im angefochtenen Beschluss wie folgt dargestellt:
- „Die Klägerin, [Deutsche Lufthansa], ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Deutschland, deren Haupttätigkeit in der Beförderung von Fluggästen besteht. Ihr wichtigster Basisflughafen ist Frankfurt am Main (Deutschland).
- Die Ryanair Ltd ist eine irische Billigfluggesellschaft. Sie nutzt die Infrastruktur des Flughafens Frankfurt-Hahn (Deutschland).
- Der Flughafen Frankfurt-Hahn liegt in Rheinland-Pfalz (Deutschland), ca. 120 km westlich von Frankfurt am Main. Er ist 115 km vom Flughafen Frankfurt am Main entfernt. Bis 1992 befand sich an seinem Standort eine Militärbasis, die dann in einen Zivilflughafen umgewandelt wurde.
- Der Flughafen Frankfurt-Hahn wurde ab dem 1. Januar 1998 von der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (im Folgenden: FFHG …) betrieben. Mehrheitsanteilseignerin dieser Gesellschaft war die Flughafen Frankfurt/Main GmbH, die Betreiberin des Flughafens Frankfurt am Main. Die übrigen Anteile wurden vom Land Rheinland-Pfalz … gehalten. Die Flughafen Frankfurt/Main GmbH verkaufte ihre Anteile am 31. Dezember 2008 an das Land Rheinland-Pfalz, das bis 2017 eine Mehrheitsbeteiligung von 82,5 % hielt. Die übrigen Anteile (17,5 %) wurden vom Land Hessen (Deutschland) gehalten, das 2002 bei FFHG eingestiegen war.
- FFHG ist seit dem 19. Februar 2009 an den Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz angeschlossen, mit dem freie Liquiditäten der verschiedenen Holdinggesellschaften, Stiftungen und öffentlichen Unternehmen des Landes optimal genutzt werden sollen. Im Rahmen des Liquiditätspools hatte FFHG eine Kreditlinie von 45 Mio. Euro. Diese Kreditlinie ist die erste Maßnahme, die im [streitigen] Beschluss … untersucht wurde.
- Außerdem wurden FFHG 2009 von der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (im Folgenden: ISB) fünf Darlehen gewährt (zweite Maßnahme, die im [streitigen] Beschluss untersucht wurde).
- Die Darlehen wurden vom Land Rheinland-Pfalz zu 100 % besichert (dritte Maßnahme, die im [streitigen] Beschluss untersucht wurde).
- Mit Schreiben vom 17. Juni 2008 unterrichtete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Bundesrepublik Deutschland über ihre Entscheidung, in Bezug auf die Finanzierung von FFHG und deren finanzielle Beziehungen zu Ryanair ein erstes förmliches Prüfverfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen SA.21121 geführt ...