Entscheidungsstichwort (Thema)
Staatliche Beihilfen. Rechtsmittel. Maßnahmen, die die Republik Österreich zugunsten des Flughafens Klagenfurt, von Ryanair und von anderen Fluggesellschaften, die diesen Flughafen nutzen, durchgeführt hat. Beschluss, mit dem die Beihilfemaßnahmen für teilweise mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden. Marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber. Ex-ante-Analyse der inkrementellen Rentabilität. Langfristige Rentabilität des Flughafens. Anwendbarkeit. Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete. Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt. Rentabilität neuer Flugverbindungen
Normenkette
AEUV Art. 107 Abs. 1, 3 Buchst. c
Beteiligte
Tenor
1.Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2.Die TUIfly GmbH trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache C-763/21 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 10. Dezember 2021,
TUIfly GmbHmit Sitz in Langenhagen (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte L. Giesberts und D. Westarp,
Rechtsmittelführerin,
andere Partei des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch K. Blanck, A. Bouchagiar und J. Ringborg als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Gratsias sowie der Richter M. Ilešič und I. Jarukaitis (Berichterstatter),
Generalanwältin: L. Medina,
Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2023,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die TUIfly GmbH, das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 29. September 2021, TUIfly/Kommission (T-447/18, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:625), aufzuheben, mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Art. 7 und 8 des Beschlusses (EU) 2018/628 der Kommission vom 11. November 2016 über die von Österreich durchgeführte staatliche Beihilfe SA.24221 (2011/C) (ex 2011/NN) für den Flughafen Klagenfurt, Ryanair und andere Fluggesellschaften, die den Flughafen nutzen (ABl. 2018, L 107, S. 1) (im Folgenden: streitiger Beschluss), sowie der Art. 9 bis 11 dieses Beschlusses, soweit sie sich auf seine Art. 7 und 8 beziehen, abgewiesen hat.
Unionsrecht
Rz. 2
Die Mitteilung „Gemeinschaftliche Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen“ der Kommission vom 9. Dezember 2005 (ABl. 2005, C 312, S. 1, im Folgenden: Luftverkehrsleitlinien von 2005) enthält in ihrem Abschnitt 5 („Anlaufbeihilfen“) einen Abschnitt 5.2 mit dem Titel „Vereinbarkeitskriterien“. In diesem Abschnitt der Leitlinien heißt es in Punkt 79 Buchst. f:
„In Anbetracht der vorgenannten Ziele und der erheblichen Schwierigkeiten, die bei der Einrichtung neuer Flugverbindungen auftreten können, kann die [Europäische] Kommission [Anlaufbeihilfen für neue Flugverbindungen oder neue Frequenzen] genehmigen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
…
f) Dauer und Intensität: Die degressiv gestaffelte Beihilfe kann für maximal drei Jahre gewährt werden. Die Beihilfe darf pro Jahr 50 % der beihilfefähigen Kosten des betreffenden Jahres und über den gesamten Beihilfezeitraum durchschnittlich 30 % der beihilfefähigen Kosten nicht übersteigen.
…
In jedem Fall muss die Laufzeit einer Startbeihilfe wesentlich kürzer sein als der Zeitraum, für den das Luftfahrtunternehmen sich … verpflichtet, seine Flugdienste von dem betreffenden Flughafen aus durchzuführen. …“
Rz. 3
Die Mitteilung „Leitlinien für staatliche Beihilfe für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften“ der Kommission vom 4. April 2014 (ABl. 2014, C 99, S. 3, im Folgenden: Luftverkehrsleitlinien von 2014) enthält in ihrem Abschnitt 3 („Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV“) einen Abschnitt 3.5 („Finanzielle Beziehungen zwischen Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften“), der wiederum einen Abschnitt 3.5.2 namens „Ex-ante-Rentabilitätsanalyse“ enthält. Der Abschnitt 3.5.2 umfasst die Rn. 61 bis 66 dieser Leitlinien. Die Rn. 61, 63 und 66 bestimmen:
„61. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nach Auffassung der Kommission die Ex-ante-Analyse des inkrementellen Zuwachses der Rentabilität das am besten geeignete Kriterium für die Bewertung von Vereinbarungen, die Flughäfen mit einzelnen Luftverkehrsgesellschaften schließen.
…
63. Nach Auffassung der Kommission können zwischen Luftverkehrsgesellschaften und einem Flughafen geschlossene Vereinbarungen als mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten im Einklang stehend betrachtet werden, wenn sie von einem Ex-ante-Standpunk...