Am 1. Juli 2008 jährte sich das Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes zum zehnten Mal. Die Kindschaftsrechtsreform hat das gesamte Kindschaftsrecht, das seit der Sorgerechtsreform von 1980 weitgehend unverändert geblieben war, grundlegend umgestaltet und modernisiert. Nicht zuletzt sollten damit die gesetzlichen Unterschiede zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern so weit wie möglich beseitigt werden.
Die Verfassungsbeschwerde eines mit der Mutter seines Kindes nicht verheirateten Vaters hat jedoch bereits 4 Jahre nach dem Inkrafttreten der Reform zu einer Entscheidung des BVerfG geführt, ob es verfassungsgemäß ist, dass er nur dann die elterliche Sorge für das Kind mit der ansonsten allein sorgeberechtigten Mutter gemeinsam tragen kann, wenn beide entsprechende Sorgeerklärungen abgeben oder einander heiraten. In allen anderen Fällen, so führte er Beschwerde, sei er von jedem Sorgerecht für sein Kind ausgeschlossen. Ein nichtehelicher Vater könne gegen den Willen der Mutter des Kindes kein gemeinsames Sorgerecht erhalten.
Ziel des Kindschaftsrechtsreformgesetzes, mit dem § 1626a BGB eingeführt worden ist, war es zwar, im Interesse der Kinder die gemeinsame elterliche Sorge auch für nicht miteinander verheiratete Eltern zu ermöglichen, diese Sorgeform zu fördern und dabei die Elternautonomie zu stärken. Bei den nicht miteinander verheirateten Eltern wollte man aber noch nicht so weit gehen, dass sie mit der Geburt des Kindes sofort auch die gemeinsame elterliche Sorge haben sollten.
Der Gesetzgeber ist damals davon ausgegangen, dass es in der Regel dann, wenn eine Kooperationsbereitschaft zwischen den Eltern besteht, auch zur gemeinsamen Sorgeerklärung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB kommt. Dies besonders dann, wenn die Eltern mit dem Kind zusammenleben und schon dadurch ihre gemeinsame tatsächliche Sorge für das Kind zum Ausdruck gebracht haben.
Das BVerfG hat entschieden, dass durch diese Regelung dem Elternrecht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG (noch) hinreichend Rechnung getragen sei. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass die Eltern die nunmehr bestehende gesetzliche Möglichkeit einer gemeinsamen Sorgetragung in der Regel nutzen und ihre tatsächliche Sorge auch durch gemeinsame Sorgeerklärungen rechtlich absichern würden.
Dass es dennoch Fälle geben kann, in denen die Mutter trotz Zusammenlebens mit dem Vater und dem Kind keine Sorgeerklärung abgibt, hatte der Gesetzgeber 1998 zwar gesehen. Seine Einschätzung, in solchen Fällen sei die Weigerung der Mutter Ausdruck eines Konfliktes zwischen den Eltern, der sich bei einem Streit auch über die gemeinsame Sorge nachteilig für das Kind auswirkt, hielt das BVerfG für vertretbar. Es meinte, dass der Gesetzgeber davon ausgehen durfte, dass eine Mutter, gerade wenn sie mit dem Vater und dem Kind zusammenlebt, sich nur ausnahmsweise und nur dann dem Wunsch des Vaters nach einer gemeinsamen Sorge verweigern würde, wenn sie dafür schwerwiegende Gründe hat, die das Kindeswohl betreffen, dass sie also die Möglichkeit der Verweigerung einer Sorgeerklärung nicht etwa als reine Machtposition gegenüber dem Vater missbrauchen würde.
Unter dieser Annahme war es nach der Auffassung des Gerichts mit Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar, dass bei einem Nicht-zustande-Kommen übereinstimmender Sorgeerklärungen eine gerichtliche Einzelfallprüfung nicht gesetzlich vorgesehen wurde, mit der der Vater eine Mitsorge noch erreichen kann. Wenn die Gründe für das Scheitern einer übereinstimmenden Sorgeerklärung so schwerwiegend und der Konflikt der Eltern trotz Zusammenlebens so groß sei, sei auch nicht zu erwarten, dass die Gerichte eine gemeinsame Sorge der Eltern als dem Kindeswohl dienlich erachten würden.
Schließlich hat das BVerfG auch nicht beanstandet, dass die gemeinsame Sorge den nicht miteinander verheirateten Eltern durch das Erfordernis übereinstimmender Sorgeerklärungen faktisch vor allem zu dem Zeitpunkt eröffnet wurde, in dem die Eltern in einer von Übereinstimmung geprägten Beziehung zueinander und zum Kind stehen, insbesondere also wenn sie zusammenleben und auch gemeinsam tatsächlich für das Kind sorgen, und nicht erst dann, wenn sie sich getrennt haben, der Vater also den Verlust seines Einflusses auf sein Kind besonders schmerzhaft erleben muss.
Das Gericht führte aus, dass es sich zwar bestätigt habe, dass auch nach einer Trennung der Eltern deren gemeinsame Sorge dem Kindeswohl in vielen Fällen dienlich sei. Diese Erkenntnis beziehe sich jedoch auf den Fortbestand einer während des Zusammenlebens schon bestehenden gemeinsamen Sorge auch in der Zeit nach einer Trennung. Soll aber erst nach der Trennung der Eltern eine gemeinsame Sorge erstmalig begründet werden, bedürfe es besonderer Tatsachen für die Annahme, dass die Eltern weiterhin zur Kooperation zugunsten ihres Kindes bereit und fähig sind. Wenn deshalb auch hier eine übereinstimmende Sorgeerklärung vorausgesetzt und bei deren Nicht-zustande-Kommen dem Vater keine Möglichkeit zur gemeinsame...