Unterhalt
BGH, Beschl. v. 13.11.2019 – XII ZB 3/19
a) Soweit bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens bereits berufsbedingte Aufwendungen abgezogen wurden, spricht nichts dagegen, den Erwerbstätigenbonus – wie es die Süddeutschen Leitlinien vorsehen – allgemein mit einem Zehntel zu berücksichtigen.
b) Der Erwerbstätigenbonus ist auch dann in die Unterhaltsberechnung einzustellen, wenn er allein beim Unterhaltsberechtigten anfällt, etwa weil der Unterhaltspflichtige bereits Rentner ist.
c) Erteilt der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen auf dessen Aufforderung hin keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts und bestehen deshalb begründete Zweifel daran, dass er die hierfür an ihn geleisteten Beträge zweckentsprechend verwenden wird, steht der Forderung auf Zahlung künftigen Altersvorsorgeunterhalts der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegen (Fortführung von Senatsurt. v. 25.3.1987 – IVb ZR 32/86, FamRZ 1987, 684).
Versorgungsausgleich
BGH, Beschl. v. 30.10.2019 – XII ZB 537/17
Ein gesetzlich rentenversicherter Ehegatte kann nicht zum Abschluss einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich verpflichtet werden, die eine Verrechnung seines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Anrecht seines verbeamteten Ehegatten auf landesrechtliche Beamtenversorgung vorsieht.
Sorge- und Umgangsrecht
OLG Celle, Beschl. v. 3.6.2019 – 10 WF 87/19
1. Eine richterliche Anhörung kann in Anwesenheit eines gerichtlich bestellten Sachverständigen erfolgen, obgleich ein alleinsorgeberechtigter Elternteil die sachverständige Exploration des Kindes im Verfahren verweigert.
2. Verweigert der alleinsorgeberechtigte Elternteil die sachverständige Exploration des Kindes kommt ein teilweiser Sorgerechtsentzug und die Bestellung eines Ergänzungspflegers mit dem Ziel in Betracht, dass dieser anstelle des Elternteils über die Möglichkeit einer Exploration des Kindes entscheidet.
Familiengerichtliche Genehmigung
OLG Oldenburg, Beschl. v. 17.7.2019 – 12 W 53/19
Die auf die Eintragung im Handelsregister aufschiebend bedingte unentgeltliche Übertragung eines voll eingezahlten Kommanditanteils auf einen Minderjährigen ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und bedarf, soweit der Zweck der Gesellschaft auf eine Erwerbstätigkeit gerichtet ist, der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB.
Adoption
OLG Bremen, Beschl. v. 16.10.2019 – 4 UF 73/19
1. Für die Beurteilung der sittlichen Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind gemäß § 1767 Abs. 1 BGB kommt es in der Regel nicht entscheidend darauf an, wie das Verhältnis der Beteiligten war, solange ein Elternteil des Anzunehmenden noch lebte, sofern der Anzunehmende zu diesem eine intakte Beziehung hatte und keine Lebensgemeinschaft des Annehmenden mit diesem Elternteil bestand. Denn bei einer solchen Konstellation wäre auch eine "Weg-Adoption" nicht in Betracht gekommen. Entscheidend ist daher, wie sich das Verhältnis der Beteiligten nach dem Tod dieses Elternteils weiterentwickelt hat.
2. Zwar ist bei Zweifeln am Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses der Adoptionsantrag zurückzuweisen. Unschädlich ist dagegen, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis zweifelsfrei besteht und lediglich unklar ist, inwiefern weitere Motive für die Antragstellung eine Rolle gespielt haben. Dies gilt erst recht, wenn das Motiv (hier: Erleichterung der Fortführung des "Lebenswerkes" des Annehmenden durch den Anzunehmenden) als familienbezogen zu werten ist.
Personenstandsrecht
OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.9.2019 – 11 W 1880/19
Eine Änderung der Angaben zum Geschlecht und zum Vornamen durch bloße Erklärung nach § 45b Abs. 1 S. 1 PStG steht nur Personen mit "Varianten der Geschlechtsentwicklung" offen, also intergeschlechtlichen Menschen, bei denen die Geschlechtschromosomen, das Genitale oder die Gonaden inkongruent sind. Wortlaut, Entstehungsgeschichte, gesetzgeberischer Wille und Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen dagegen, dass transsexuelle Personen in die Regelung einbezogen sind. Für sie richtet sich die gerichtliche Vornamensänderung und Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit nach dem TSG (red. LS; die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde eingelegt, XII ZB 451/19).
Betreuung und Unterbringung
BGH, Beschl. v. 30.10.2019 – XII ZB 144/19
a) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen ist nach § 276 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FamFG regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 16.3.2016 – XII ZB 203/14, NJW 2016, 1828).
b) Wird die Betreuung eines Volljährigen gegen dessen Willen angeordnet, so muss festgestellt werden, dass dem an einer psychischen Erkrankung leidenden Betroffenen die Fähigkeit fehlt, einen freien Willen zu bilden. Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 18.10.2017 – XII ZB 186/17, FamRZ 2018, 205).
Autor: Gabriele Ey , Vorsitzende Richterin am OLG Köln
FF 1/2020, S. 43 - 44