Klaus Schnitzler
Nach dem Ampel-Aus am 6.11.2024 und der inzwischen gestellten Vertrauensfrage des Bundeskanzlers hat der Bundespräsident am 27.12.2024 das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 23.2.2025 angesetzt.
Im Familienrecht fällt die Bilanz der Ampel äußerst mager aus. Gesetze gab es lediglich zur Minderjährigen-Ehe (vgl. die kritische Stellungahme von Prof. Dr. Jennifer Antomo in FF 2024, 470 ff.). Das Namensrecht wurde neugefasst, das Selbstbestimmungsgesetz erlassen, das jedoch Kritik auf sich gezogen hat.
Das Gesetz zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen war im Übrigen notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Neuregelung bis Mitte des Jahres 2024 aufgegeben hatte.
Das lange erwartete Ende der aus drei sehr unterschiedlichen Parteien zusammengesetzten Koalition hat dazu geführt, dass die drei Reformvorhaben zum Abstammungsrecht, zur Kindschaftsrechtsreform und zur Modernisierung des Unterhalts keine Mehrheit im Kabinett gefunden haben. Am 9.12.2024, also nach dem Bruch der Koalition hat das BMJ Diskussionsentwürfe auf seiner Homepage veröffentlicht. Die FDP-Fraktion hat am 17.12.2024 auf der 393 Seiten umfassenden BT-Drucks 20/14263 den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Familienrechts eingebracht und hierbei alle drei Reformvorhaben zusammengefasst. Der Bundestag hat den Entwurf am 19.12.2024 ohne Aussprache an den Rechtsausschuss (federführend) und den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen. Dass der Rechtsausschuss die Vorlage bis zur Bundestageswahl am 23.2.2025 beraten wird, ist unwahrscheinlich. Vermutlich wird der Gesetzentwurf der Diskontinuität anheimfallen.
Wir hatten uns in den letzten Monaten intensiv mit den verschiedenen Eckpunktepapieren beschäftigt (Dose/Rubenbauer, FF 2024, 383 ff. und 426 ff. zum Unterhaltsrecht und Witt zum Abstammungs- und Kindschaftsrecht, FF 2024, 140 ff. sowie das Interview mit Prof. Dr. Phillip Reuß, FF 2024, 2 ff.).
In FF 2025, 14 ff. ist das Abstammungsrechtsreformgesetz Gegenstand eines umfangreichen Aufsatzes von Prof. Dr. Philipp Reuß (gekürzte Fassung seines Vortrages anlässlich der Herbsttagung 2024 in München).
Die entscheidende Frage ist, wie gehen wir mit diesen Projekten und Entwürfen um?
Wissenschaft und Verbände, wie auch unser Familienrechtsausschuss und der Ausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer haben sich intensiv mit den Vorschlägen des BMJ beschäftigt.
Erfreulich ist, dass es nicht gelungen ist, das Wechselmodell über das Unterhaltsrecht als Regelmodell einzuführen. Ebenso wenig bedauernswert ist, dass die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft endgültig vom Tisch ist. Es ist nicht zu erwarten, dass eine neu gebildete Bundesregierung dieses Thema noch einmal aufgreift, nachdem es der vorangegangene Bundestag abgelehnt hatte.
Wichtig ist, dass in den nächsten Monaten – nach Bildung der neuen Regierung – die bisher vorliegenden Vorschläge von Praxis und Wissenschaft auf Herz und Nieren geprüft werden.
Prof. Dr. Dieter Schwab hat den nachdenkenswerten Vorschlag unterbreitet, dass praxiserprobte Fachleute gebeten werden, die entworfenen Normen anhand von schwierigen, nach bisherigem Recht entschiedenen Fällen auf ihre Praxistauglichkeit und Stimmigkeit zu überprüfen (Newsletter FamRZ Dez. 2024).
Im Zusammenhang mit dem Unterhaltsrecht hat unser Kollege Dr. Fritz Rolf Osthold (Editorial, FF 2024, 265) dies ebenfalls vorgeschlagen. Dem ist aus Sicht der Redaktion uneingeschränkt zuzustimmen.
Entscheidend wird sein, wie mit den vorliegenden Entwürfen umgegangen wird. Es bleibt zu hoffen, dass in der kommenden Legislaturperiode sinnvolle und praxistaugliche Gesetze mit den erforderlichen Mehrheiten zustande kommen.
Autor: Klaus Schnitzler
Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen
FF 2/2025, S. 45