BGB § 1578 § 1578b
Leitsatz
1. Soweit bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens bereits berufsbedingte Aufwendungen abgezogen wurden, spricht nichts dagegen, den Erwerbstätigenbonus – wie es die Süddeutschen Leitlinien vorsehen – allgemein mit einem Zehntel zu berücksichtigen. (Rn 23)
2. Der Erwerbstätigenbonus ist auch dann in die Unterhaltsberechnung einzustellen, wenn er allein beim Unterhaltsberechtigten anfällt, etwa weil der Unterhaltspflichtige bereits Rentner ist. (Rn 25)
3. Erteilt der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen auf dessen Aufforderung hin keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts und bestehen deshalb begründete Zweifel daran, dass er die hierfür an ihn geleisteten Beträge zweckentsprechend verwenden wird, steht der Forderung auf Zahlung künftigen Altersvorsorgeunterhalts der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegen (Fortführung von Senatsurteil vom 25.3.1987 – IVb ZR 32/86, FamRZ 1987, 684). (Rn 36)
BGH, Beschl. v. 13.11.2019 – XII ZB 3/19 (OLG Nürnberg, AG Erlangen)
Aus den Gründen
Gründe: A. [1] Die Beteiligten streiten um nachehelichen Unterhalt.
[2] Ihre im Oktober 1978 geschlossene Ehe wurde im Jahr 2006 geschieden; der Scheidungsausspruch ist seit dem 11.4.2007 rechtskräftig. Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) begehrt die Abänderung eines am 26.4.2007 vor dem Oberlandesgericht geschlossenen Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt, der ihn zur Zahlung von monatlich 801 EUR ab Mai 2007 verpflichtet, wobei hiervon 162 EUR auf den Altersvorsorgeunterhalt entfallen.
[3] Die im September 1954 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) war als Beamtin im gehobenen Dienst in der Finanzverwaltung tätig. Sie gab ihre Beamtenstellung im Jahr 1996 auf. Im April 2000 begann sie, zunächst halbtags als Angestellte wieder in der Finanzverwaltung zu arbeiten. Seit dem 1.1.2019 bezieht die Ehefrau Rente, wie die Beteiligten im Senatstermin unstreitig gestellt haben. Der im November 1950 geborene Ehemann trat am 1.12.2011 in den Ruhestand. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Die 1983 geborene Tochter beendete ihr Studium im Juni 2015. Der 1985 geborene Sohn schloss sein Studium über den zweiten Bildungsweg am 30.9.2015 ab. Die Beteiligten lebten seit Juni 2002 getrennt. Der Ehemann zahlte seither Trennungs- und nachehelichen Unterhalt. Aus der Verwertung des gemeinsamen Hauses und dem Zugewinnausgleich erhielt die Ehefrau insgesamt 233.125 EUR. Die Beteiligten einigten sich im Laufe des Verfahrens darauf, dass der Unterhaltsanspruch nach einer fiktiven Steuerberechnung allein auf der Grundlage der Renteneinkünfte des Ehemanns sowie des Arbeitseinkommens der Ehefrau ermittelt werden sollte.
[4] Das Amtsgericht hat den Abänderungsantrag des Ehemanns auf Herabsetzung des Unterhalts abgewiesen. Mit seiner Beschwerde hat er neben einer Herabsetzung auch eine Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB bis Ende 2017, hilfsweise bis Ende April 2020, begehrt. Mit ihrer Anschlussbeschwerde hat die Ehefrau ab 2015 einen gestaffelt höheren Unterhalt verlangt. Das Oberlandesgericht hat die ab März 2012 geschuldeten Unterhaltsbeträge in unterschiedlicher Höhe abgeändert und den nachehelichen Unterhalt der Ehefrau bis zum 31.5.2020 befristet. Hiergegen wenden sich die Ehefrau mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde und der Ehemann mit der Anschlussrechtsbeschwerde.
B. [5] Die Rechtsmittel haben Erfolg, die Rechtsbeschwerde der Ehefrau allerdings nur, soweit es den Zeitraum bis einschließlich 31.5.2020 anbelangt. Sie führen zur teilweisen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I. [6] Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
[7] Entgegen der Auffassung der Ehefrau verhindere eine Bindung an den Vergleich vom 26.4.2007 nicht die Berücksichtigung des Befristungseinwands. Die Beteiligten hätten mit dem Vergleich erstmals den nachehelichen Unterhalt festgesetzt und keine Regelung der Befristungsfrage getroffen. Zwar habe der Ehemann im damaligen Verfahren zunächst eine Befristung verlangt und sich im Berufungsverfahren nicht mehr gegen die insoweit ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts gewandt. Hieraus lasse sich aber kein sicherer Schluss auf einen gemeinsamen Willen ziehen, eine Befristung dauerhaft auszuschließen.
[8] Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau sei nach § 1578b BGB bis zum Beginn ihres regulären Rentenbezugs zu befristen. Die Ehefrau habe für die danach folgende Zeit keine ehebedingten Nachteile vorgetragen, die nicht durch ehebedingte Vorteile kompensiert seien. Sie mache lediglich geltend, infolge der Ehe geringere Versorgungsanwartschaften erworben zu haben, als dies bei ununterbrochener Vollzeittätigkeit als Finanzbeamtin der Fall gewesen wäre. Diese Versorgungsnachteile seien bis zum Ende der Ehezeit durch den Versorgungsausgleich und für die Zeit danach durch den vom Ehemann gezahlten Altersvorsorgeunterhalt ausgeglichen. Auch die Leistungen aus dem...